Uni-Tübingen

19.04.2023

Alumni Spotlight: Christina Müller und die #ChallengeAccepted

Im Interview: Alumna Christina Müller schloss 2017 ihr Lehramtsstudium Mathematik an der Uni Tübingen ab. Heute arbeitet sie als Lehrerin und Internatspädagogin an der Schule Schloss Salem. Ihr Mut Neues zu wagen und auszuprobieren hilft ihr als Digitalisierungsbeauftragte der Schule.

Christina Müller hat Gymnasiallehramt für die Fächer Musik und Mathematik an der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen und an der Universität Tübingen (Abschlussjahr 2017) studiert. Ihr zweites Staatsexamen absolvierte sie am Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Rottweil. Seit 2019 ist sie Lehrerin und Internatspädagogin am Oberstufenstandort der Schule Schloss Salem in Überlingen. 2021 übernahm sie die Begleitung des digitalen Wandels der Schule. Darüber hinaus ist sie als Dozentin in der Medien- und Erwachsenenbildung tätig. Christina Müller lebt mit ihrem Mann im Internat am Bodensee.

Wenn ich an meine Zeit in Tübingen denke, …. (bitte vervollständigen). 

….dann denke ich an das Gebäude C auf der Morgenstelle, wo wir Mathematiker uns oft aufhielten und vor allem an meine Kommilitonen und Kommilitoninnen. Ich denke an das Zusammensein während der Vorlesungen, in der Cafeteria oder Mensa für eine kurze Pause zwischendurch, an die gemeinsame Arbeit an den Mathe-Übungsblättern und an die Übungsgruppen. 

Wie war denn Ihre Studienzeit an der Uni Tübingen?

Das Mathematikstudium war erst einmal ziemlich hart (lacht). Aber, und das ist mir dann auch bei der Suche nach dem Hashtag aufgefallen: Ich bin gerne für eine Herausforderung zu haben. Heute kann sich das wahrscheinlich niemand mehr vorstellen, aber noch im Jahr 2010/2011 war die Reaktion auf meinen Berufswunsch: „Was? Du willst Lehrerin am Gymnasium werden? Ihr kriegt doch alle keinen Job.“ Heute schmunzle ich darüber. 

Die erste Zeit im Mathestudium war sehr fordernd! Gerade in den ersten zwei Semestern hat sich unser Jahrgang stark verringert. Meine Beobachtung war, dass oftmals diejenigen, die im Abitur durchweg 15 Punkte hatten, dem Mathestudium nicht lang standgehalten haben. Man braucht Durchhaltevermögen, Resilienz und eine hohe Frustrationstoleranz. Die Mathe-Studierenden, die in der Schule vielleicht nur „gut“ waren, konnten oft besser damit umgehen, wenn Übungen nicht direkt geklappt, oder sie die Inhalte nicht gleich verstanden haben. 

Das Wichtigste, was ich gelernt habe: es geht nicht alleine. Jede Woche gab es ein neues Übungsblatt für die verschiedenen Vorlesungen, da ist ordentlich Druck drin. Man braucht Kommilitonen und Kommilitoninnen mit denen man sich zusammentut, sich über den Lernstoff austauscht und gemeinsam reflektiert. Durch die Teamarbeit sind viele enge Freundschaften entstanden, die bis heute halten. 

Was vermissen Sie an Tübingen? 

Das Restaurant Bella Roma oben an der Kunsthalle, das hat’s mir und meinen Freunden ganz schön angetan. Die Möglichkeit, hier und da einen guten Kaffee zu trinken, das leckere Essen in der Kichererbse und das kreative und alternative Flair der Studentenstadt, mit den barfüßigen Studierenden auf den Slacklines in der alten Botanik. 

Mit welchem Thema beschäftigen Sie sich gerade? 

Ich darf nur eins wählen? (lacht) Das ist wirklich schwierig zu sagen.

Eine meiner Hauptaufgaben ist die Internatspädagogik, also das Wohnen in der Schule Schloss Salem und die Betreuung von 23 jungen Frauen im Alter von 16-18 Jahren. Bezugsperson für diese Schülerinnen zu sein und sie in ihrer Entwicklung zu begleiten – das bereitet mir viel Freude! Dabei leitet mich das Prinzip unserer Schule: Die Erziehung zur Verantwortung. 

Natürlich bin ich auch als Lehrerin tätig. Momentan unterrichte ich einen IB Higher Level Mathematics Application and Interpretation Kurs (Anm. d.R.: IB steht für International Baccalaureate). Die Schüler und Schülerinnen stehen kurz vor dem Abschluss, da geht es gerade in die letzten Züge. 

Schließlich, als dritte Aufgabe, bin ich Digitalisierungsbeauftragte unserer Schule. Im vergangenen Schuljahr stand für mich die Einführung eines neuen Kommunikationssystems im Fokus. Darüber hinaus verantworte ich einerseits die Digitalisierung von Prozessen, andererseits die Umsetzung der Digitalisierung in der Pädagogik, z. B. durch die Erstellung eines Medienbildungskonzepts. Dabei beschäftige ich mich auch mit der Fort- und Weiterbildung der Medienkompetenz innerhalb des Kollegiums. Wofür ich wirklich dankbar bin, ist unsere zweiköpfige IT-Abteilung, die sich um die IT-Infrastruktur kümmert. Häufig arbeite ich in Projektteams, bestehend aus den IT-Kollegen, externer Unterstützung und 2-3 weiteren Personen aus dem Kollegium. 

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen dabei? 

Oftmals wird der Begriff Digitalisierung insofern missverstanden, dass es dabei lediglich um die Umstellung von Prozessen mit Hilfe neuer digitaler Werkzeuge ginge. Meiner Meinung nach darf nicht vernachlässigt werden, wie sich unser Leben und Arbeiten durch die Digitalisierung verändert und wie wir damit umgehen. Nehmen wir ChatGPT als Beispiel. Ich weiß – jetzt fang ich auch noch damit an (lacht). Aber es ist natürlich gerade das Thema, auch im Bildungssektor. Ich denke, es ist nur natürlich, dass gegenüber neuen Technologien oft eine Vermeidungs- oder Verbotshaltung eingenommen wird. 

Dabei es ist wichtig, zunächst kritisch zu reflektieren und zu überlegen, was ChatGPT überhaupt kann. Und was kann die KI nicht? Selbst wenn sich Schüler und Schülerinnen die Hausaufgabe damit quasi schreiben lassen, dann haben sie noch keine Quellen dazu. Und sie müssen auch immer noch kritisch reflektieren und den künstlich erstellten Text hinterfragen: Stimmt es, was die KI geschrieben hat? Ist das auch meine Meinung? Wo finde ich die passenden Quellen? Somit muss das Thema immer noch selbst bearbeitet werden. Diese Aspekte müssen mit den Schülern und Schülerinnen thematisiert werden. ChatGPT beispielsweise bei den Hausaufgaben zu verbieten käme einem Verbot gleich, die Eltern um Hilfe zu bitten. Nicht jedes Kind hat Eltern daheim, die zu allen Inhalten fachkompetent inspirieren können. Insofern könnte man argumentieren, dass ChatGPT zu mehr Chancengleichheit führt. Als Lehrkraft finde ich es wichtig, nicht direkt „Nein“ zu neuen Technologien zu sagen und zu überlegen, wie wir unseren Schulalltag anpassen und Hausaufgaben vielleicht anders stellen können und müssen. 

Wie könnte Ihnen die Alumni Community der Uni Tübingen bei diesen Herausforderungen helfen?

ChatGPT war ja jetzt ein sehr konkretes Beispiel. Allgemein interessiert mich, wie in der freien Wirtschaft mit solch grundlegenden Veränderungen umgegangen wird. Als Beamtin im Schulwesen arbeite ich in einer eher traditionellen Struktur. Da schaue ich gerne neugierig über den Tellerrand, um von anderen zu lernen. Vielleicht hat ja jemand von den Leser und Leserinnen Lust auf einen Austausch oder ein paar Tipps zu Gruppen auf LinkedIn, Podcasts oder Literatur zu diesem Thema.  

Was inspiriert Sie? 

Die Interaktion mit meinen Mitmenschen. Ich bin gerne unter Leuten! Im Austausch mit meinen Schülern und Schülerinnen oder in der Zusammenarbeit mit dem Kollegium – ich habe das Gefühl es gibt so eine direkte Rückkopplung, so ein direktes Feedback. Das inspiriert und motiviert mich einfach.  

 

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