Die Kurische Nehrung stellt eine 98 km lange und an ihrer breitesten Stelle nur rund 3 km breite Halbinsel dar, die östlich von Selenogradsk (Зеленоградск / ehem. Cranz) im Kaliningrader Gebiet ihren Ursprung hat und bis kurz vor Klaipėda (ehem. Memel) in Litauen reicht. Die Nehrung war bis 1945 Teil der Provinz Ostpreußen, wobei die nördliche Hälfte von 1920 bis 1939 dem Memelgebiet bzw. Litauen angehörte. Bereits seit dem Mittelalter haben hier Kuren, Litauer und Deutsche gemeinsam gelebt und die Landschaft geprägt. Damit stellt die Kurische Nehrung einen internationalen und interkulturellen Grenz- und Begegnungsraum in Europa dar. Für die Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa besitzt die Kurische Nehrung in dreifacher Hinsicht eine große Bedeutung:
Erstens wurde sie von einer ethnisch komplexen und diversen Einwohnerschaft (Kuren, Litauer, Deutsche) bewohnt, die sich vor allem seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend in Richtung einer deutschen Selbstidentifikation transformierte.
Zweitens war die Kurische Nehrung bis zum Zweiten Weltkrieg ein bedeutendes Forschungsfeld für Ethnologen und Naturwissenschaftler, die am Beispiel der Nehrung fachliche Diskurse im ganzen Land beeinflussten (u.a.: Nationalitätenfragen, Dünenbau, Küstenschutz).
Drittens stellt die Kurische Nehrung einen bedeutenden Erinnerungsort im deutschen kulturellen Gedächtnis dar. Ausgehend vom Luisenkult reicht er über die Einprägung markanter Landschaftsbilder und das sogenannte „Seelenbild“ (W. von Humboldt) der Kurischen Nehrung. Den Abschluss bilden dabei die Künstlerkolonie Nidden, in der unter anderem Lovis Corinth, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff gemalt haben und Thomas Mann, der sich in Nidden ein Sommerhaus für sich und seine Familie errichten ließ.