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15.12.2014

Lehramtsstudierende besser als ihr Ruf

Studie der Tübinger und Kieler Bildungsforschung zu Eigenschaften angehender Gymnasiallehrkräfte widerlegt negative Stereotypen

Anders als kursierende Stereotypen behaupten, ist das Lehramt nicht der Studiengang der Wahl für Planlose: Lehramtsstudierende an Universitäten weisen zu Studienbeginn mindestens gleich gute Lernvoraussetzungen auf wie ihre Kommilitonen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der Universität Tübingen und des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel. Mit dieser widerlegen sie einige in der Öffentlichkeit und an Universitäten bestehenden Stereotypen über Lehrkräfte und relativieren Ergebnisse anderer Studien. Diese schienen die Annahmen einer „negativen Selektion“ zu unterstützen, bei der das Lehramt oft von Studierenden gewählt wird, die schlechtere Noten oder eine geringere Motivation mitbringen, als Studierende anderer Fächer ‒ dies hatte die Zweifel an der Kompetenz von Lehrkräften in der öffentlichen Diskussion verstärkt.

Die neue Studie, die in der internationalen Fachzeitschrift „Learning and Instruction“ erscheint, zeigt, dass es dafür bei angehenden Gymnasiallehrkräften keine empirischen Belege gibt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um den Mangel hochqualifizierter Lehrer, vor allem in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT), wertete die Studie Längsschnittdaten von mehr als 1.400 Studierenden aus Baden-Württemberg aus. So konnten die demographischen, kognitiven und persönlichen Merkmale von Lehramtsstudierenden mit denen von Studierenden anderer Fachgebiete verglichen werden.

Statt kognitiver und persönlicher Merkmale erwiesen sich jedoch vor allem soziale Interessen als ausschlaggebend für die Wahl eines Lehramtsstudiums. Anders als die meisten vorherigen Studien bezieht die aktuelle Forschung drei entscheidende Aspekte mit ein: Die Leistungen und Motivationen der Lehramtsstudierenden sowie ihrer Kommilitonen wurden bereits zum Zeitpunkt des Abiturs erfasst, so dass ausgeschlossen werden kann, dass sich bei der Befragung bereits erste Effekte des Studiums in den gemessenen Werten niederschlagen konnten. Die Wissenschaftler verglichen nur Lehramtsstudierende an Universitäten mit ihren jeweiligen Kommilitonen, weil beim Universitätsstudium die fachlichen Inhalte im Vordergrund stehen. Zudem unterschieden sie zwischen Studierenden der Geistes- und Naturwissenschaften. „Hier war in der Vergangenheit die Annahme verbreitet, dass sich in Mathematik und den Naturwissenschaften aufgrund der höheren Verdienstmöglichkeiten in der freien Wirtschaft nur die schlechteren Absolventen für den Lehrerberuf entscheiden“, so Janina Roloff Henoch vom IPN. „Doch auch dafür fand sich in unserer Studie kein Beleg“.

Woher kommen dann die negativen Stereotypen über Lehrkräfte? Einen Grund sehen die Wissenschaftler in den Anforderungen des Lehramtsstudiums: „Während Lehramtsstudierende zwei Fächer und zusätzlich pädagogische Inhalte studieren, konzentrieren sich ihre Kommilitonen in der Regel auf ein Fach“, so Professor Ulrich Trautwein vom Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen. „Am Ende des Studiums haben die Lehramtsstudierenden mit einiger Wahrscheinlichkeit weniger Kompetenzen in beiden Fächern erworben als die jeweiligen ‚Spezialisten’. Dafür sind sie allerdings auch breiter ausgebildet.“

Originalpublikation:

Roloff Henoch, J., Klusmann, U., Lüdtke, O., & Trautwein, U. (in press). Who Becomes a Teacher? Challenging the “Negative Selection” Hypothesis. Learning and Instruction.

Kontakt:

Prof. Dr. Ulrich Trautwein
Universität Tübingen
Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung
Telefon +40 7071 29- 73931
<link>ulrich.trautwein[at]uni-tuebingen.de

Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung
Antje Karbe
Pressereferentin
Telefon +49 7071 29-76789
Telefax +49 7071 29-5566
antje.karbe[at]uni-tuebingen.de

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