Slavisches Seminar

Programm der 8. Baden-Württembergischen Übersetzertage

Mittwoch, 4. Mai

 

20:00 Uhr Eröffnung der 8. Baden-Württembergischen Übersetzertage

Begrüßung: Daniela Rathe, Leiterin des Fachbereiches Kultur der Universitätsstadt Tübingen, Prof. Dr. Schamma Schahadat, Slavisches Seminar der Universität Tübingen

Grußworte: Dr. Dietrich Birk MdL, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, Boris Palmer, Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, Prof. Dr. Jürgen Leonhardt, Dekan der Philosophischen Fakultät, Dr. Maja Pflüger, Robert Bosch Stiftung

Podiumsdiskussion: Wie politisch ist das Übersetzen?

Die politischen Ereignisse in Tunesien, Ägypten und Libyen haben in den letzten Monaten die arabischen Länder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Vielfältig sind die Versuche auf politischer Ebene, demokratische Entwicklungen zu fördern und antidemokratisches Verhalten zu sanktionieren. Groß ist das Interesse einer wirtschaftlichen Annäherung. Die Kulturen der Länder sind Gegenstand polarisierter Diskussionen, denen häufig ausschließlich westliche Denkmuster zugrunde liegen.

Literarische Übersetzer befinden sich am Schnittpunkt von Kulturen, sie sind Filter und Fürsprecher, Mittler und Wandler. Wie verhalten sie sich in aktuellen politischen Bewegungen? Wie greifen sie mit ihren Übersetzungen in unsere Stereotype ein? Wie werden sie beim Übersetzen von politischen Konstellationen beeinflusst?

Unter Leitung von Friedrich Schmidt (Deutsche Welle) diskutieren Prof. Dr. Jürgen Wertheimer (Literatur- und Kulturwissenschaftler), Maja Ueberle-Pfaff (Übersetzerin aus dem Englischen), Angela Tschorsnig (Übersetzerin aus dem Arabischen) und Alexandru Şahighian (Übersetzer ins Rumänische).

Podium: Angela Tschorsnig (Karlsruhe), Maja Ueberle-Pfaff (Freiburg), Alexandru Şahighian (Bukarest), Prof. Dr. Jürgen Wertheimer (Tübingen)

Moderation: Friedrich Schmidt (Berlin)

Musik: Fritz Feger (Tübingen)

Im Anschluss: Empfang

Ort: Rathaus, Großer Sitzungssaal

Eintritt frei

Donnerstag, 5. Mai

17:30 Uhr Film: Die Frau mit den 5 Elefanten

Der Film des Regisseurs Vadim Jendreyko zeichnet das Porträt der im vergangenen Jahr verstorbenen Freiburger Dostojewski-Übersetzerin Swetlana Geier. 1923 in

Kiew geboren, wurde sie in Deutschland durch ihre Übersetzungen russischer Literatur, vor allem durch ihre Neuübersetzung der fünf großen Romane Dostojewskis bekannt. Der Film zeigt Swetlana Geier als Übersetzerin der „5 Elefanten“ mit akribischer Arbeit am Text und als Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts. Er begleitet die Übersetzerin auf ihrer Reise in ihre Geburtsstadt 60 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges und führt die Zuschauer in die Zerrissenheit zwischen Kriegsgeschehen, persönlichem Lebensweg und zwiespältiger Erinnerung.

Der Film Die Frau mit den 5 Elefanten wurde mit dem DEFA-Förderpreis ausgezeichnet.

Zur Einführung spricht Dr. Uwe Dathe über den historischen Schauplatz Kiew in den 1940er Jahren.

 

Einführung: Dr. Uwe Dathe (Jena)

Ort: Kino Museum, Studio

Eintritt: 6,50 €

20:00 Uhr Lesung und Gespräch: Die Island-Sagas. Mittelalterliche Prosa neu übersetzt

„Fragt nicht warum! Die isländische Nation ist auf der ganzen Welt als Volk von Geschichtenerzählern, Poeten und Buchliebhabern bekannt, die gelegentlich in epische Gruppengesänge ausbrechen, welche sie über Jahrhunderte des Elends und der Langeweile in ihren Herzen und Köpfen bewahrt haben, die aber in unserer fortschrittlichen Welt längst vergessen sind“, schreibt der zeitgenössische isländische Autor Sigurjón Birgir Sigurðsson. In den Sagas sind isländische Geschichten aus dem Mittelalter überliefert, immer wieder wurden sie ins Deutsche übersetzt und haben, vor allem durch die „Sammlung Thule“, den Mythos vom Norden mitbegründet. Für den diesjährigen Frankfurter Buchmesseschwerpunkt „Sagenhaftes Island“ werden die altisländischen Sagas vollständig neu ins Deutsche übersetzt. Worin die Faszination der Sagas und ihrer Übertragung besteht, zeigen die Übersetzer Wolfgang Butt und Karl-Ludwig Wetzig an Ausschnitten aus ihren Neuübersetzungen. Wolfgang Butt liest aus der Saga von den Schwurbrüdern und Karl-Ludwig Wetzig aus seiner Übertragung der Saga von den Leuten aus Laxárdal.

 

Podium: Wolfgang Butt (Fontanes, Frankreich), Karl-Ludwig Wetzig (Amsterdam)

Moderation: Prof. Dr. Stefanie Gropper (Tübingen)

Ort: Zimmertheater

Eintritt: 5,00 €, ermäßigt 3,00 €

Freitag, 6. Mai

16:30 Uhr Die gläsernen Übersetzer – Workshop

Saufgelage oder Party? Ein lustiger Typ oder ein netter Kerl? Wie entscheidet ein Übersetzer im konkreten Fall? Die „gläsernen Übersetzer“ Violeta Topalova und Wolfram Ströle zeigen live, wie sie übersetzen, und laden zum Mitmachen ein. Übersetzt wird aus Twitterature von Alexander Aciman und Emmett Rensin, einer amüsanten englischen Literaturgeschichte im Twitterformat.

 

Leitung: Violeta Topalova (Tübingen), Wolfram Ströle (Tübingen)

Ort: Osiandersche Buchhandlung, Wilhelmstraße

Eintritt frei

20:00 Uhr Szenische Lesung: DC Moore. Afghanistan

Der junge Soldat Gary, Korporal einer britischen Ausbildungseinheit in Afghanistan, kehrt von einem „Kontakt“ ins Lager zurück. Sein bester Freund ist schwer verletzt und Zia, vermutlich ein Taliban, ist gefangen genommen worden. Als Zia aufwacht und nicht nur perfekt Englisch kann, sondern sich auch als britischer Staatsbürger zu erkennen gibt, verschwimmt die zuvor so klare Grenze zwischen Feind und Freund plötzlich. Ein Stück über Kontrolle, Menschlichkeit und deren Verlust in der zersetzenden Atmosphäre des Krieges.

Im Anschluss an die szenische Lesung ist Michael Raab im Gespräch mit Teilnehmern des Workshops „Die Übersetzung aktueller britischer Stücke“ an der Universität Tübingen über die Arbeit an DC Moores Monolog Honest (dt. Klartext).

 

Einführung: Dr. Michael Raab (Frankfurt/M.)

Ort: Landestheater Tübingen, Werkstatt

Eintritt: 5,00 €

20:00 Uhr Lesung und Gespräch: Mathias Énard. Zone

„… ich fühle mich uralt, ich möchte dass der Zug weiterfährt weiterfährt dass er bis nach Istanbul oder Syrakus fährt dass er wenigstens bis zum Ende fährt dass der bis zum Ziel der Reise fährt…“ (Énard, Zone, S. 9). Francis Servain Mirković unternimmt eine Bahnfahrt von Paris nach Rom, um einen ominösen Aktenkoffer abzuliefern. Die reale Reise mag auf diese Strecke beschränkt bleiben, seine innere Reise führt ihn kreuz und quer durch Europa, über die Schlachtfelder, durch die Vernichtungslager des 20. Jahrhunderts bis nach Palästina und in den Irak. In Francis’ Gedanken verknüpfen sich Mythos und Wirklichkeit, historische Ereignisse und persönliches Erleben.

Holger Fock und Sabine Müller haben Énards Romanepos ins Deutsche übertragen. Der Autor und seine beiden Übersetzer stellen Zone vor und zeigen, wie sich der endlose Gedankenfaden, der die Zugfahrt imitierende Rhythmus des Textes und die historischen Ereignisse und Reflexionen in der Übersetzung zu dem Gesamtkunstwerk Zone verbinden.

 

Podium: Mathias Énard (Barcelona), Sabine Müller (Heidelberg), Dr. Holger Fock (Heidelberg)

Moderation: Prof. Dr. Heidi Aschenberg (Tübingen)

Ort: Institut Culturel Franco-Allemand Tübingen

Eintritt: frei

Samstag, 7. Mai

Im Café gelesen

11:00 Uhr Susanne Held (Stuttgart) liest aus Die Kreuzzüge von Thomas Asbridge

Thomas Asbridge schildert in seinem Buch die Kreuzzüge zum ersten Mal gleichberechtigt aus christlicher und muslimischer Perspektive. Die Gesamtdarstellung bietet detailreiches Hintergrundwissen und anschauliche Beschreibungen. Asbridge zeichnet Belagerungen und Eroberungen nach und stellt zentrale Persönlichkeiten wie Saladin und Richard Löwenherz vor.

11:40 Uhr Regine Elsässer (Mannheim) liest aus Laufen von Maria Sveland

Die beiden Freundinnen Emma und Julia sind unzertrennlich, obwohl ihre Familien ganz verschieden sind. Julia wohnt in einem großen Haus in einer scheinbar heilen Familie, Emmas Hippiemutter Annika ist alleinerziehend und führt einen recht lockeren Lebenswandel. Auf dem Weg zum Erwachsenwerden sehen sich beide mit sexuellen Übergriffen und der fehlenden Unterstützung der Erwachsenen konfrontiert. Wie sie sich in dieser sexistischen Männergesellschaft wehren, zeigt Maria Sveland, die Autorin von Bitterfotze, in ihrem zweiten Roman.

12:20 Uhr Birgitta Höpken (Freiburg) liest aus Wer sich ein Bildnis macht von Maria Masella

Im Zentrum der Kriminalgeschichte steht der Genueser Kommissar Mariani, der eine Serie von vier Morden aufzuklären hat. In der Wohnung eines vermeintlichen Selbstmörders findet er interessante Spuren, die ihn der Aufklärung des Verbrechens näher bringen. Er findet allerdings seltsamerweise auch ein Foto seiner Frau. Maria Masella erzählt aus der Perspektive des Kommissars einen Fall, in dem das Privatleben plötzlich Teil der Ermittlungen wird.

13:00 Uhr Matthias Jacob (Herrenberg) liest aus Ulaznica Eintrittskarte. Panorama der neueren serbischen Poesie

Matthias Jacob stellt verschiedene junge Stimmen aus Serbien vor, u. a. die essayistisch-narrative Lyrik von Milena Marković (1974) und Maja Solar (1980), die aus einer selbst-bewusst weiblichen Perspektive aktuelle Themen aufgreifen und szenische Texte mit einem aggressiven Grundton verfassen, sowie die assoziativ-ambivalenten Gedichte von Alen Besić (1975), die aus einer Poetik des kulturellen Gedächtnisses erwachsen.

 

Ort: Café Collegium

Eintritt frei

16:30 Uhr Lesung und Gespräch: Bára Gregorová.

Stein – Berg – Papier

„Das schlimmste Gefühl, das ich kenne, ist nicht physischer Schmerz oder körperliches Leiden, sondern ein Überschuss an Liebe“, schreibt Bára Gregorová. Stein – Berg – Papier ist das Prosadebüt der jungen tschechischen Autorin, Übersetzerin und Reisenden. Es führt den Leser in die fernen Gegenden einer mittelasiatischen Republik, hoch ins Gebirge und tief hinein in die intimen Gefühle der Figuren. Die Autorin setzt Schriftsprache neben Umgangssprache, streut fremdsprachige Versatzstücke und Neubildungen ein. Wie kann die doppelt gebrochene Welt eines fernen mittelasiatischen Landes den deutschen Leser erreichen? Bára Gregorová und ihre Übersetzerin Kathrin Janka zeigen mit Stein – Berg – Papier die Mehrfachübersetzung von Kulturen.

 

Podium: Bára Gregorová (Prag), Kathrin Janka (Konstanz)

Ort: Stadtmuseum

Eintritt frei

20:00 Uhr Vortrag und Diskussion: Frauen übersetzen Kulturen

Literarisches Übersetzen ist ein Betätigungsfeld, auf dem sich überdurchschnittlich viele Frauen bewegen. Übersetzerinnen begeben sich in andere Sprachen und Kulturen, um andersartige Welten, neue Autoren und fremde Texte zu entdecken und ihnen in einer neuen Sprache, in einer neuen Kultur eine eigene Stimme zu geben. Der Prozess der Aneignung und Übertragung scheint dabei oft als eine Durchquerung von Niemandsland. Wie wirkt dieses Dazwischen-Sein der Übersetzerinnen in die übersetzten Texte hinein? Welche Literaturen entstehen durch die Arbeit von Übersetzerinnen? Welche Unterschiede lassen sich in west-, ost- und außereuropäischen Räumen beobachten?

Beate Thill, Übersetzerin des vor kurzem verstorbenen Literaturnobelpreisträgers Édouard Glissant, spricht zur Einführung in die Diskussion über die Sowohl-als-auch-Identitäten von Übersetzerinnen.

 

Einführungsvortrag: Beate Thill (Freiburg)

Podium: Beate Thill (Freiburg), Dr. Chrystyna Nazarkewytsch (Lemberg, Ukraine), Dr. Claudia Schlicht (Perugia)

Moderation: Prof. Dr. Dorothee Kimmich (Tübingen)

Ort: Schloss Hohentübingen, Turmzimmer (Raum 165)

Eintritt frei

Sonntag, 8. Mai

11:00 Uhr Matinée

In der Übersetzermatinée im Hölderlinturm lesen Claudia Steinitz und Renate Schmidgall. Claudia Steinitz präsentiert den Debütroman Nichts ist geschehen der Lausanner Autorin Sylvie Neeman Romascano, die Geschichte einer lauten und zugleich heftigen Krise einer jungen Frau. Claudia Steinitz zeigt, wie es ihr gelungen ist, die große Leichtigkeit, die Ebenen der Wahrnehmung und die kleinsten Schattierungen des französischen Originaltexts zu übertragen. Renate Schmidgall liest aus dem im vergangenen Jahr erschienen Roman Lethargie des polnischen Autors Wojciech Kuczok, der unter anderem das in Polen noch immer umstrittene Thema Homosexualität aufgreift, und gibt Beispiele, welche Hindernisse bei der deutschen Übertragung der drastischen polnischen Umgangssprache zu überwinden waren.

 

Podium: Claudia Steinitz (Zürich), Renate Schmidgall (Darmstadt)

Moderation: Dr. Dagmar Leupold (Tübingen)

Ort: Hölderlinturm

Eintritt frei

 

20:00 Uhr Lesung und Gespräch: David Foster Wallace. Unendlicher Spaß. William Faulkner. Licht im August.

Mit seiner Themenvielfalt, dem schwarzen Humor und der Sprachgewalt gilt Unendlicher Spaß von David Foster Wallace in den USA als eines der wichtigsten Bücher der Gegenwartsliteratur. „Wallace stemmt sich gegen die Beklemmungen von Schlagwort und Klischee. Sein Roman stellt eine kaum fassbare Ausweitung der Literatursprache dar“, so beschreibt der Übersetzer Ulrich Blumenbach Infinite Jest, der über sein sechs Jahre dauerndes Ringen um die Übertragung von Schachtelsätzen, ausgestorbenen Wörtern und dem oszillierenden Stilgemisch berichten wird.

William Faulkners Südstaatenroman Licht im August, der die amerikanische Rassenideologie als wahnhafte Projektion entlarvt, ist 1935 zum ersten Mal auf Deutsch erschienen. Susanne Höbel und Helmut Frielinghaus haben ihn neu übersetzt. Susanne Höbel präsentiert Textausschnitte und zeigt, wie die Neuübersetzung den Zugang zu Faulkners Roman verändert und wie sich die Anpassung des Textes an eine moderne Sprache in der Wahrnehmung widerspiegelt.

 

Podium: Ulrich Blumenbach (Basel), Susanne Höbel (Hamburg)

Moderation: Prof. Dr. Astrid Franke (Tübingen)

Ort: Deutsch-Amerikanisches Institut Tübingen

Eintritt: 5,00 €, ermäßigt 3,00 €, d.a.i.-Mitglieder frei

 

Veranstaltungsorte

Rathaus, historischer Ratssaal, Am Markt 1

Kino Museum, Studio, Am Stadtgraben 2

Zimmertheater, Bursagasse 16

Deutsch-Amerikanisches Institut Tübingen, Karlstraße 3

Deutsch-Französisches Kulturinstitut, Doblerstraße 25

Hölderlinturm, Bursagasse 6

Landestheater Tübingen, Eberhardstr. 6

Café Collegium, Lange Gasse 8

Schloss Hohentübingen, Turmzimmer, Burgsteige 11

Stadtmuseum Tübingen, Kornhausstraße 10

Buchhandlung Osiander, Wilhelmstraße 12