Ich interessiere mich für das Studienfach Slavistik, bin mir aber noch unsicher, wie die Arbeitschancen nach dem Studium aussehen.
Die Frage, die Sie sich stellen, ist sehr berechtigt. Ich weiß allerdings nicht, ob "Arbeitschancen" wirklich der passende Ausdruck ist. Ob Sie nach dem Studium eine Arbeitsstelle finden werden, ist meines Erachtens keine Aufgabe aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern hängt von Ihnen ab, d. h. nicht nur von Ihrer Studienfachwahl. Als ich selbst mein Studium aufgenommen habe, haben alle gesagt, dass man sehr gute Chancen mit BWL hätte und dass die Chancen in den "brotlosen" Geisteswissenschaften eher schlecht seien. Abgesehen davon, dass die Prognosen inzwischen ein bisschen anders aussehen, bin ich mir sicher: Hätte ich BWL studiert, wäre ich, da mich Geld überhaupt nicht interessiert, vor Langeweile so schlecht gewesen, dass ich der einzige BWL-Absolvent in dem Jahr gewesen wäre, der keinen Job bekommt. Also habe ich das studiert, was mich interessierte, und auch Ihnen würde ich raten, dass Sie etwas studieren, wofür Sie sich richtig begeistern können - durch diese Begeisterung sind Sie gut.
Jetzt zu dem, was Sie außer der Studienfachwahl für Ihre "Karriere" tun können. In der Slavistik ist es wie in quasi allen Geisteswissenschaften, dass es keinen direkten Beruf gibt, für den Sie ausgebildet werden. Sie werden keine Stellenanzeige finden, in der "ein(e) Diplom-Slavist(in)" gesucht wird. Stattdessen gibt es viele kleine Nischen, in denen SlavistInnen unterkommen können. Wie Sie an der Liste bekannter Slavistik-AbsolventInnen sehen, kann man es auch mit einem Slavistikstudium zu etwas bringen, kann Tagesthemen-Moderatorin, berühmter Sprachwissenschaftler, Botschafterin oder Minister werden. Aber keiner von diesen Menschen hat bis zum Ende seines Studiums gewartet und dann gesagt: "Welt, ich komme!". Alle haben bereits während des Studiums in den Bereichen gearbeitet, in die sie nachher wollten, sei es Journalismus, Kulturmanagement, Politik, Kunst, Wirtschaft oder Wissenschaft. Das müssen auch Sie tun. Machen Sie Praktika und suchen Sie sich Ihre Ferienjobs so aus, dass Sie sie später verwerten können. In vielen Lebensbereichen und Berufsfeldern gibt es Organisationen (Firmen, Vereine, Stiftungen...), die im Austausch mit Osteuropa stehen und deshalb Menschen brauchen können, die a) osteuropäische Sprachen und Kulturen kennen und b) wissen, wie man sich zusätzliches Wissen selbständig aneignet. Beides lernen Sie in einem Slavistikstudium!
Tipps dazu, wo man Sie gebrauchen könnte, erhalten Sie unter anderem beim Career Service der Universität, in unserer Reihe Slavistik in der Praxis sowie in dem vom Deutsch-Russischen Austausch e. V. herausgegebenen Deutsch-Russischen Handbuch zum Berufseinstieg (das auch für Nicht-RussistInnen interessante Informationen enthält).