GERDA


Myonveto

Eine der Hauptuntergrundquellen für unterirdische Experimente sind Myonen, die in der Armosphäre der Erde durch die kosmische Strahlung erzeugt werden. Diese können, auf Grund ihrer hohen Energien, sogar die etwa 1500 Meter Felsen des Gran Sasso Massivs durchdringen und schließlich Energie in den Germaniumdetektoren des GERDA-Experimentes deponieren.

Um zwischen Signalen des neutrinolosen doppelten Betazerfalls und myoninduziertem Untergrund unterscheiden zu können, wird ein Myonveto in das GERDA-Experiment eingebaut. Dieses besteht aus zwei Cherenkov-Detektoren,
welche vom Physikalischen Institut entworfen und 2009 eingebaut werden. Es wird durch einen Plastikszintillator-Detektor vervollständigt, welcher vom INR in Dubna entwickelt wurde. Beide Systeme verwenden dieselbe Elektronik um Daten zu
nehmen.


Das Cherenkov-Veto

Wenn ein geladenes Teilchen einen Isolator durchquert und dabei schneller als die Lichtgeschwindigkeit im Medium ist, tritt der sogenannte Cherenkov-Effekt auf. Dieser Effekt nützt das Myonveto, indem der Kryostat des Experimentes von einem zehn Meter durchmessenden Wassertank umgeben ist, in dem sich insgesamt 66 Photomultiplier befinden. Die Myonen am LNGS haben im Mittel eine Energie von 270 GeV, was etwa 99,999% der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum entspricht. Durchqueren sie nun den Wassertank des GERDA-Experimentes, erzeugen sie etwa 260 Cherenkov-Photonen im Wellenlängenbereich von 300 bis 500 Nanometern pro Zentimeter Weglänge.
Diese Photonen werden von den Photomultipliern im Wassertank detektiert. Dabei wird eine Schwelle von vier Photomultipliern gefordert, die Photonen, die von einem Myon erzeugt wurden, innerhalb eines Zeitfensters von 30 Nanosekunden detektieren müssen.
Um eine optimale Verteilung der Photomultiplier im Wassertank mit maximaler Detektionswahrscheinlichkeit für Myonen zu erzielen wurden umfangreiche Monte-Carlo Simulationen angestellt. Dabei wurde eine Detektions-Effizienz von über 99% erreicht, wodurch der Untergrund durch Myonen auf 10-5 Ereignisse/(keV kg Jahr) gesenkt wurde. Dies ist 100 mal niedriger als für Phase II des GERDA-Experimentes gefordert wird.
Dabei wurde eine Verteilung der Photomultiplier, bei der 40 Photomultiplier an der Wand des Wassertanks montiert werden. 20 weitere Photomultiplier werden auf den Boden des Wassertanks platziert. Zum Schluss werden noch sechs Photomultiplier in der Pillbox eingebaut. Bei dieser handelt es sich um das kleine Volumen unterhalb des Kryostaten, welches durch die Schürze gebildet wird.
Zusätzlich zu den Photomultiplier werden die meisten Oberflächen im Wassertank mit einer hochreflektierenden Folie verkleidet. Diese VM2000 Folie hat zusätzlich zu einer nahezu hundertprozentigen Reflektivität für optische Photonen auch noch die Eigenschaft ultraviolette Photonen in den optischen Wellenlängenbereich von 300 bis 500 Nanometern zu schieben, in welchem die verwendeten Photomultiplier sensitiv sind.


Montage des Myonvetos

Der Einbau des Myonvetos wurde in drei großen Abschnitten durchgeführt. Das Anbringen der Reflektorfolie, die Montage der Photomultiplier sowie mehrere abschließende Schritte.
Im ersten Schritt wurde die hochreflektierende Folie VM2000 an die Wand des Wassertanks angebracht. Hierfür wurde eine vorbereitete acht Meter lange Bahn mit Hilfe eines Seils nach oben gezogen und von einem Doktoranden auf einer Hebebühne an die Wand geklebt. Insgesamt wurden 30 dieser Bahnen verwendet um die knapp 250 Quadratmeter der Wand des Wassertanks zu bekleben.
In zwei weiteren Schritten, werden später die Außenseite des Kryostaten des Experimentes, das Innere der Pillbox, sowie der Boden des Wassertanks verkleidet. Diese Schritte werden jedoch erst nach der Montage der Photomultiplier durchgeführt.
Direkt nach der Montage der VM2000 wurden die Kabelkanäle für die Kabel der Photomultiplier eingebaut. Diese bestehenen aus 15 Edelstahlsegmenten, welche acht Meter oberhalb des Bodens einmal um den ganzen Umfang des Wassertanks herum montiert werden.
Nach der Montage des Kabelkanals wurden die Photomultiplier eingebaut. Hierfür wurden zuerst die Kabel durch den Kamin, bis zu ihrer endgültigen Position im Messraum verlegt. Danach wurden sie entlang des Kabelkanals bis zur Postion des Photomultipliers gelegt.
Nach der Montage des Photomltipliers wurde der Rest des Kabels aufgewickelt und an den Kabelkanal gehängt und dort mit Kabelbindern fixiert. Für die Montage der Photomultiplier, wurden diese auf bereits an den entsprechen Stellen des Wassertanks angeschweißte Bolzen gesteckt.


Simulation des Myonvetos

Um die Verteilung der Photomultiplier zu optimieren bzw. um später eine möglichst effiziente Triggerbedingung für das fertige Myonveto zu finden, wurden umfangreiche Monte-Carlo Simulationen mit Hilfe von Geant4 durchgeführt.

Im ersten Schritt wurden verschiedene Verteilungen der Photomultiplier im Wassertank durchgeführt, wobei sich zeigte, dass die Montage von Photomultiplier an der Decke des Tanks keine höhere Detektionswahrscheinlichkeit eines Myons liefert. Dies liegt an dem im Normalfall nach unten geöffneten Cherenkovkegel, welcher beim Durchqueren des Wassertanks durch die Myonen erzeugt wird.
Nachdem die oben erläuterte Verteilung ausgewählt wurde, wurde für diese ein möglichst effizientes Triggerschema zu entwickelt, welches die Eigenschaften der FADCs der Datennahme berücksichtigt. Dabei hat sich ein Schema, welches eine Multiplizität von vier Signalen von Photomultipliern fordert, die von verschiedenen FADCs ausgelesen werden, als optimal herausgestellt. Es erreicht eine Effizienz von über 99 Prozent ohne das Myonveto durch Totzeit durch zufällige Ereignisse zu behindern.