Vertrauen - Modus menschlichen Zusammenlebens
Überregionale theologische Fortbildung 2023
für Pfarrerinnen und Pfarrer, Lehrerinnen und Lehrer
9.-12. Oktober 2023
am Institut für Ethik, Ev.-Theol. Fakultät, Universität Tübingen
unter der Leitung von Professorin Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ – so soll Lenin einst votiert haben. Unabhängig davon aber, wer dieses Bonmot erstmals ausgesprochen haben mag, um einen Kenner menschlichen Zusammenlebens kann es sich dabei kaum gehandelt haben. Insbesondere Soziologie und Psychologie haben in den vergangenen Jahrzehnten durch ihr empirisches Methodenrepertoire zeigen können, welcher fundamentale Wert Vertrauen in Beziehungen sowohl auf interpersonaler Mikro- als auch auf institutioneller Makroebene zukommt. Vertrauen ist nicht einfach gut, sondern der Modus allen menschlichen Zusammenlebens. Insofern könnte man der pessimistischen Position des bekannten Sprichwortes entgegenhalten: „Aber selbst die Kontrolle ist letztlich eine Vertrauenssache.“
Beschreibt Vertrauen den Modus menschlichen Zusammenlebens, so verwundert auch nicht, dass man Vertrauen in Personen, in Institutionen und sogar Gegenstände wie etwa das Seil beim Bergsteigen haben kann. Dass diese unterschiedlichen Vertrauensarten ihrerseits nicht in Konkurrenz zueinanderstehen, sondern in komplementär Weise verschiedene Aspekte von Vertrauen beschreiben, ist auch ein Ergebnis der sogenannten interdisziplinären Vertrauensforschung. Doch so klar bestimmte Ergebnisse auch sein mögen, so offen und zugleich drängend scheinen manche Fragen zu sein. Entwicklungspsychologisch bemerkenswert ist etwa die Frage, ob sich Grundvertrauen, das ggf. nicht in den Kindheitsjahren adäquat gebildet werden konnte, in späteren Jahren noch ausbilden kann. Fraglich ist auch der Deutungsrahmen von Vertrauen: Ist Vertrauen eigentlich spieltheoretisch aufzuschlüsseln, sodass der Vertrauende stets die besseren Karten in der Hand hat? Was ist eigentlich das Gegenteil von Vertrauen? Misstrauen oder Sicherheit? Wie verhält sich Grundvertrauen zu anderen Vertrauensarten wie etwa dem Materialvertrauen oder dem sogenannten Gottvertrauen?
Letztere Frage ist theologisch von hoher Brisanz: Denn zum einen ist unklar, ob Gottvertrauen auf Grundvertrauen aufbaut oder ob beide in einem kontrafaktischen Verhältnis zueinanderstehen, weil Gott nicht in der Weise zu erfahren ist wie die ersten Bezugspersonen unseres Lebens. Dies führt zum anderen zu der Frage, ob und inwiefern Gottvertrauen (fiducia) von Glauben (fides) unterschieden werden kann. Glaubt der Vertrauende etwa immer schon? Oder anders ausgedrückt: Vertraut nur der richtig, der auch glaubt? Letzteres ist für Theologie und kirchliches Handeln insofern relevant, da zur Debatte steht, ob Vertrauen als Phänomen menschlichen Zusammenlebens auch ohne eine göttliche oder religiöse Dimension gedacht werden kann.
Gemeinsam wollen wir diesen und weiteren Fragen zum Vertrauen als Dimension menschlichen Zusammenlebens nachgehen. Dabei werden wir in bewährter Form Fachtexte auf akademischem Niveau erörtern, die in Gruppen und im Plenum reichlich diskutiert und auf Praxistauglichkeit befragt werden können.
Diesen Herausforderungen soll anhand der Lektüre von Grundlagentexten aus Philosophie und Theologie, sowie deren Anwendung auf einige Fallbeispiele nachgespürt werden. In mehreren Einheiten soll im Anschluss an ein einführendes Referat im Plenum in Kleingruppen an und mit den Texten gearbeitet und diskutiert werden.
Pfarrerinnen und Pfarrer aller Landeskirchen sind herzlich zur Teilnahme an der Fortbildung eingeladen. Neben der systematisch-theologischen Grundlagenreflexion bietet die überregionale Veranstaltung auch die Möglichkeit zur Begegnung und zum Austausch zwischen Pfarrern und Pfarrerinnen verschiedener Landeskirchen.
Zielgruppe:
Pfarrerinnen und Pfarrer, Lehrerinnen und Lehrer sind herzlich zur Teilnahme an der Fortbildung eingeladen.
Tagungszeitraum:
Montag, 09.10.2023, 13:00 Uhr bis Donnerstag, 12.10.2023, 12:15 Uhr
Tagungsort:
Institut für Ethik · Evangelisch-Theologische Fakultät · Universität Tübingen
Liebermeisterstr. 12
72076 Tübingen
Unterkunft:
Gästehaus der Universität Tübingen, Lessingweg 3, 72076 Tübingen - leider ist das Zimmer-Kontingent bereits ausgebucht!
Fortbildungskosten:
Für Auslagen des Instituts (Porto, Kopien, Kaffeeservice, etc.): EUR 95,-
3 Übernachtungen im EZ (Gästehaus der Universität Tübingen): ca. EUR 225,-
Die Kosten der Fortbildung werden i. d. R. für Pfarrerinnen und Pfarrer von der jeweiligen Landeskirche übernommen.
Teilnehmerzahl:
Maximal 25 Teilnehmer
Anmeldeschluss:
29. Mai 2023
Leitung:
Professorin Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt, Tübingen
In Zusammenarbeit mit:
Friedhelm Meier
Christian Schlenker
Sebastian Mense
Tijana Petković
Anmeldung / Rückfragen zur Tagung /Kontakt:
Christine Beuter
Sekretariat Professorin Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt
Institut für Ethik · Evangelisch-Theologische Fakultät · Universität Tübingen
Liebermeisterstr. 12 · 72076 Tübingen
Tel.: +49 (0)7071 29-72591
Fax: +49 (0)7071 29-5415
E-Mail: sekretariat.graeb-schmidt@ev-theologie.uni-tuebingen.de
Weitere und aktuelle Informationen unter „Veranstaltungen“ auf:
www.ethik.uni-tuebingen.de