Adventskalender 2016
Schätze aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv
16. Dezember: Die Gründungsurkunde der Grempschen Stiftung
Studienförderung anno 1583ff (Universitätsarchiv)
Bürgerliche Studienstiftungen
Bis ins letzte Jahrhundert war „der Faber“ (Ferdinand Friedrich Faber: Die Württembergischen Familien-Stiftungen nebst genealogischen Nachrichten über die zu denselben berechtigten Familien, Stuttgart 1853-1855) das Standardwerk für die Familien studierwilliger Söhne, die hofften, aus einer der rund 100 an der Universität Tübingen angesiedelten Stiftungen, einen Beitrag zu den Studienkosten ihrer Söhne zu erhalten. Dazu mussten sie nachweisen, dass sie ein Anrecht auf eines dieser Stipendien hatten und dabei half „der Faber“.
Grundlage der Stiftungen waren in der Regel die Stiftungsurkunden in Form eines Testaments, Darin wurde der Stiftungszweck festgelegt und eine Vermögensmasse an die Stiftung übertragen, deren Erträge für den Stiftungszweck ausgegeben werden konnte.
Die sogenannten Superattendenten und der Administrator bestimmten die Stipendienvergabe, überwachten den Lebenswandel und die Studienfortschritte der Stipendiaten und sorgten für die krisensichere Anlage der Kapitalien. Das Stipendium bestand in der Regel aus einer Geldzahlung von 10 bis 100 Gulden im Jahr, die Genussdauer war auf ein bestimmtes Lebensalter oder eine absolute Laufzeit (fünf oder sieben Jahre) festgelegt.
Das Stipendienwesen hatte große Bedeutung für die Universität: In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts machten die Privat-Stipendiaten etwa ein Fünftel an der Gesamtstudentenzahl aus und viele Professoren und Verwaltungsbeamte konnten durch die Nebeneinnahmen für ihre Tätigkeit für die Stiftungen ihr Gehalt aufbessern.
Die Grempsche Stiftung
Die Grempsche Stiftung war die angesehenste und in ihrem kulturellen Wert für die Universität sicher bedeutsamste Stiftung. Errichtet wurde sie 1583 durch Ludwig Gremp von Freudenstein (1509-1583), der von 1527 bis 1541 Professor der Rechte in Tübingen war, danach Ratsadvokat in Straßburg. Das Testament mit der Stiftung ist in einer Urkunde überliefert, in der der Notar Leonhard Seytz ihren Inhalt bestätigt. Die Stiftung umfasste ein Kapital von 20.000 Gulden, die Erträge sollen dazu genutzt werden, Familienangehörigen Studienstipendien zu gewähren. Außerdem wurde die Bibliothek des Stifters an die Universitätsbibliothek übergeben, wo sie bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts selbständig mit einem eigenen Etat verwaltet wurde und bis heute einen namhaften Teil (etwa ein Zehntel) des historischen Druckschriftenbestandes der Universitätsbibliothek ausmacht. Auch Neuerwerbungen der Universitätsbibliothek konnten jahrhundertelang vor allem aufgrund des Grempschen Legats getätigt werden. Die Inflation von 1923 und die Währungsreform von 1948 haben zu einem weitgehenden Vermögensverlust der Grempschen Stiftung geführt
Das Universitätsarchiv Tübingen verwahrt die Bestände von rund 100 Studienstipendien des 15.- bis 20 Jahrhunderts im Umfang von mehr als 150 laufenden Metern.
Quelle:
UAT U 333
Literatur:
- Volker Schäfer: "Zur Beförderung der Ehre Gottes und Fortpflanzung der Studien." Bürgerliche Studienstiftungen an der Universität Tübingen zwischen 1477 und 1750. In: Stadt und Universität im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, hrsg. von Erich Maschke und Jürgen Sydow. Sigmaringen 1977, S. 99-111 (UB-Signatur: 18 A 1457)
- Robert Scheyhing: Die Grempsche Stiftung 1584-1984. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, 103. Bd., 1986, S. 254-262 (UB-Signatur: ZA 8341) - http://www.digizeitschriften.de/dms/resolveppn/?PID=PPN602167701_0103
- Monika Hagenmaier: Das Vorbild im kleinen. Die Grempsche Bibliothek in Tübingen 1583-1912. Tübingen 1992 (Werkschriften des Universitätsarchivs Tübingen, Reihe 1: Quellen und Studien, 15) (UB-Signatur: 32 A 14209)
- Ferdinand Friedrich Faber: Die Württembergischen Familien-Stiftungen nebst genealogischen Nachrichten über die zu denselben berechtigten Familien, Stuttgart 1853-1855 (UB-Signatur: L XVI 71-1)