Institut für Politikwissenschaft

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31.01.2019

Institutskolloquium: Marginalisierte Erinnerung

Die Aufarbeitungspolitik der Bundesregierung und die (Ncht-)Anerkennung der "Asozialen" als Opfer des Nationalsozialismus - Kathrin Braun (Universität Stuttgart) am Mittwoch, 06.02.2019 16-18 h c.t. im IfP, Raum 124

Als Anfang 2018 die Petition für die "Anerkennung von 'Asozialen' und 'Berufsverbrechern' als Opfer des Nationalsozialismus" beim deutschen Bundestag eingereicht wurde, war dies seit vielen Jahren die erste Initiative, die sich für die Aufarbeitung und Entschädigung dieses NS-Unrechts einsetzt. auch unter den sogenannten "vergessenen Opfern" blieben "Asoziale" und "Berufsverbrecher" bis heute marginalisiert. Während einige andere "vergessene" Opfergruppen inzwischen eine gewisse Anerkennung in Form von offiziellen Entschuldigungen oder Gedenkorten erhalten haben, wird das Unrecht an "Asozialen" und "Berufsverbrechern" bisher weitgehend ignoriert. Warum tut sich die Bundesrepublik, die international für ihre vorbildliche Aufarbeitungs- und Erinnerungspolitik so oft gelobt wird, so schwer mit dieser Form der Verfolgung? In diesem Vortrag wird die Geschichte der (Nicht-)Aufarbeitung der "Asozialen"-Verfolgung seit 1945 nachgezeichnet. Es wird gezeigt, dass diese, ebenso wie die Verfolgung der Homosexuellen, die Sterilisationspolitik und die Ermordung von psychisch Kranken lange Zeit nicht als staatliches Unrecht, sondern als vielleicht extreme, aber dennoch normale, legitime Form staatlicher Politik galt. Aufarbeitungspolitik, so die These, ist immer eine Auseinandersetzung um die normativen Prinzipien und das Selbstverständnis des gegenwärtigen Staates und der gegenwärtigen Gesellschaft. In der Politik der Aufarbeitung oder Nicht-Aufarbeitung wird immer auch die Frage verhandelt: Was für eine Gesellschaft wollen wir sein?

Apl. Prof. Dr. Kathrin Braun ist Forschungskoordinatorin des Zentrums für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart. Sie arbeitet seit vielen Jahren zum gesellschaftlichen und politischen Umgang mit den Fragen und Herausforderungen neuer Wissenschafts- und Technologieentwicklungen, zu den formen, Chancen und Grenzen demokratischer Gestaltung dieser Entwicklungen und der Bedeutung zivilgesellschaftlicher Interventionen.

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