Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Katharina Schumann

Dissertationsprojekt

Katharina SchumannBilder und Konzepte des Menschen in Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik. Ein vergleichende Analyse von Lehrbüchern - publiziert unter dem Titel "Menschenbilder in Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik. Eine vergleichende Analyse"

Ein Menschenbild – verstanden als deskriptive oder normative Vorstellung des Menschen über sich und seine Spezies – beeinflusst sowohl die Theorie als auch die Praxis einer Disziplin. Daher hat sich eine Disziplin, insofern sie sich als wissenschaftstheoretisch und kontextuell versteht, mit den eigenen produzierten Menschenbildern als auch mit denen der Gesellschaft auseinanderzusetzen

In Neurowissenschaften und Genetik kommen Forschungen zu Menschenbildern qua Disziplindefinition nicht vor. In der Erziehungswissenschaft hingegen ist das Bewusstsein für die Bedeutung bewusster und unbewusster Menschenbilder breit reflektiert. Als Analyseobjekt nimmt es sowohl in der Erziehungswissenschaft als auch in Erziehungslehren und in der pädagogischen Praxis eine zentrale Rolle ein, denn Erziehung wird von einem bewussten oder unbewussten Menschenbild geleitet. Die im Fokus stehenden drei Disziplinen weisen hinsichtlich ihres Forschungsgegenstandes, ihrer Außenwirkung und ihrer zentralen Begriffe sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede auf, die in der Arbeit deutlich gemacht werden.

Die Dissertation bewegt sich im Bereich der multidisziplinären bis interdisziplinären Wissenschaftsforschung. Die den Disziplinen zugrundeliegenden Menschenbilder werden mittels eines diskursanalytischen Verfahrens herausgearbeitet und verglichen. Als zu untersuchende Quelle werden einführende Lehrbücher verwendet, da diese den Anspruch haben, die jeweilige Disziplin zu repräsentieren. Neben den generierten Menschenbilder werden die unterschiedlichen Deutungen der gemeinsam genutzten Begriffe, die präferierten Entwicklungsmodelle sowie das jeweilige disziplinäre Selbstverständnis diskutiert.

Folgende drei Prämissen werden für die vorliegende Arbeit aufgestellt:

1. In Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik sind Menschenbilder vertreten.

2. Die multi- und interdisziplinäre Reflexion von Menschenbildern ist von großer Bedeutung, da dadurch die jeweiligen disziplinären Menschenbilder zu einer größeren Übereinstimmung mit der empirischen Realität gebracht werden können.

3. Die fortschreitende Entwicklung der disziplinären Menschenbilder ist relevant, da sich Menschenbilder wiederum auf praktische Gestaltungsentscheidungen auswirken: beispielsweise für oder gegen Konditionierungen, körperliche Züchtigungen, Hirnschrittmacher, leistungssteigernde Substanzen, Klonierungstechnologien, Präimplantationsdiagnostik.

Anhand ihrer empirischen Ergebnisse kann die Arbeit zeigen, dass alle drei Disziplinen ein bestimmtes Menschenbild vertreten und dass sie terminologisch zwar häufig die gleichen Begriffe verwenden, um den Menschen zu beschreiben, ihnen jedoch oft eine äußerst heterogene Semantik beilegen. Dieser Befund kann dafür genutzt werden, um Grenzen des interdisziplinären Forschens aufzuzeigen.

Zur Person

Nach dem Abitur an der Freien Waldorfschule Dresden, erwarb Katharina Schumann 2006 ihren M.A.-Abschluss in den Fächern Erziehungswissenschaft, Sprechwissenschaft/Phonetik und Biologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Aktivitäten während ihres Studiums:

- Mitglied im Fachschaftsrat Erziehungswissenschaft (2000-2001)

- Arbeit mit schwer erziehbaren Kindern und Jugendlichen während eines Praktikumssemesters in Oberellenbach/Hessen (2004)

- Tutorin am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Theorie der Sozialpädagogik: Gestaltung und Durchführung des Seminars "Geist, Gehirn und Pädagogik" (2005)

- Tutorin am Lehrstuhl für Schulpädagogik und Didaktik: Mitgründung des Projekts "Pädagogischer Stadtspaziergang" (2005-2006)

2006 Magisterarbeit über Willensfreiheit aus philosophischer und pädagogischer
Perspektive (Titel: "Sind wir so frei? Über Willensfreiheit und ihre pädagogische Relevanz"), Lehraufträge zu den Themen Neurowissenschaft und Pädagogik
von 2006-2007 ("Gehirn, Pädagogik und die Frage nach der Freiheit des Menschen“; „Hirnforschung und Willensfreiheitsdebatte für Pädagogen“)

Von April 2007 bis August 2009 Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) am Graduiertenkolleg "Bioethik - Zur Selbstgestaltung des Menschen durch moderne Biotechnologien" am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen.

Von April 2009 bis Juli 2009 Visiting Research Student am Institute of Education, Department of Educational Foundation und Policy Studies, Philosophy Section, Philosophy of Education in London

Von September 2009 bis Dezember 2012 Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik, Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich.

Im März 2013 erfolgte die Verteidigung (Kolloquium) der Dissertation an der Universität Zürich (Titel: "Konzepte und Bilder des Menschen in Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik. Eine vergleichende Analyse von Lehrbüchern"; Bewertung: "Summa cum laude"), im April 2015 die Veröffentlichung der Dissertation ("Menschenbilder in Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaft und Genetik. Eine vergleichende Analyse").

Publikationen (Auswahl)

■ Hilbig, Henrik/Schumann, Katharina (eingereicht auf Anfrage für einen Sammelband über Lehrbücher): Die Rolle von Lehrbüchern in Ludwik Flecks Lehre von Denkstil und Denkkollektiv. Unveröffentlichtes Manuskript.

■ Schumann, Katharina (2015): Menschenbilder in Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik. Eine vergleichende Analyse. Weinheim: Beltz Juventa.

■ Schumann, Katharina (2011): Concepts of Human Nature, especially of the Child, in Three Different Disciplines: An Interdisciplinary and Comparative Contribution to Research on Science and Humanities. Research Note. In: Educate: The Journal of Doctoral Research in Education 11,1, p. 48-51
■ Schumann, Katharina/Winkler, Michael (2009): Schillers Vision ästhetischer Erziehung. In: Koerrenz, R. (Hrsg.): Laboratorium Bildungsreform. Jena als Zentrum pädagogischer Innovationen. München: Fink, S. 35-61

■ Schumann, Katharina (2009a): Der Neurophysiologische Determinismus. Mögliche Entgegnungen und deren Implikationen für den Erziehungsprozess. In: Behnisch, M./ Winkler, M. (Hrsg.): Soziale Arbeit und Naturwissenschaft. Einflüsse, Diskurse, Perspektiven. München, Basel: Reinhardt, S. 214-230

■ Schumann, Katharina (2009b): The "Designed Child"? Images of Human Nature/of the Child in Educational Theory, Neurosciences and Genetics. Abstracts IoE Summer Conference June 2009. Educate: The Journal of Doctoral Research in Education 9, 2, p. 57

■ Schumann, Katharina/Dannecker, Johannes (2009): Pädagogischer Stadtspaziergang. Eine Projektmethode an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Unter: http://www2.uni-jena.de/erzwiss/stadtspaziergang/Stadtspaziergang_Projektmethode.pdf

■ Dannecker, Johannes/Schumann, Katharina (2009): Der ,Wandertag' kommt aus Jena oder: Wie man sein Studienfach mit seinem Studienort verbinden kann. Unter: http://www2.uni-jena.de/erzwiss/stadtspaziergang/Stadtspaziergang_Der%20Wandertag%20aus%20Jena.pdf

■ Schumann, Katharina (2006): Sind wir so frei? – Über Willensfreiheit und ihre pädagogische Relevanz. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Universität Jena.

Vorträge (Auswahl)

■ Konzepte und Bilder des Menschen in Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik. Eine vergleichende Analyse von Lehrbüchern – Bilanz und Stellenwert der Dissertation. Abschlusstagung für die zweite und einen Teil der dritten Generation des Graduiertenkollegs Bioethik. Universität Tübingen, 2013

■ Konzepte der menschlichen Natur in Lehrbüchern der Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik: Ein Vergleich am Beispiel ,Entwicklung. 23. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Osnabrück, 2012

■ Konzept Mensch und Konzept Kind in Lehrbüchern der Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften und Genetik. Eine vergleichende Analyse. Forschungskolloquium Allgemeine Pädagogik, Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Tübingen, 2011

■ Design, Konzept und Menschenbild. KollegiatInnenkolloquium des DFG Graduiertenkollegs Bioethik, Universität Tübingen, 2010

■ Menschenbild und Entwicklungsbegriff der Neurowissenschaften. Gastvortrag der Lehrveranstaltung "Entwicklungsbegriff in der Sonderpädagogik" von Dr. Christian Liesen, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich, 2010

■ Defining Educational Theory, Educational Doctrine and Education - a Proposal. Philosophy of Education Research Day, Institute of Education, London, 2009

■ The designed Child? Images of Human Nature/ of the Child in Educational Theory, Neuroscience and Genetics. Summer Conference Doctoral School of the Institute of Education, London, 2009

■Erziehungswissenschaft, Pädagogik und Erziehung: Ein Vorschlag zur Begriffsbestimmung. Forschungskolloquium "Systematische Erziehungswissenschaft", Universität Halle, 2009

■ Pädagogische Anthropologie am Beispiel von Kindesbildern unter Berücksichtung der Medienkritik Neil Postmans. Gastvortrag des Seminars "Das Kind und die Medien" von Dr. Bopp, Universität Tübingen, 2008

■ "The designed child?" The idea of the Child in Educational Science. International Summer School "Menschen-Bilder/Images of Human Nature", University of Marburg, 2008

■ "The designed child?" The Idea of the Child from a pedagogical, a neuroscientific and a genetic Perspective. Summer School "Bioethics in International Perspective" University of Tartu, Estonia, 2007