Institut für Soziologie

„Matter out of place“. Eine qualitativ-empirische Untersuchung von Problematisierungen von Müll im städtischen Raum.


Probleme sind problematisch. Dies mag alltagsverständlich trivial erscheinen, aus soziologischer Sicht jedoch nicht. Wird mit der Bezeichnung eines Phänomens als Problem zunächst angenommen, dass es veränderungsbedürftig ist und somit direkt auf Wertvorstellungen, Moral und Normen rekurriert wird, drängt sich weiterhin die Frage auf, was von wem in welcher Situation als Problem definiert wird und wie genau der dahinterstehende Prozess der Problematisierung konstruiert wurde (vgl. Groenemeyer 2012: 6). Besonders in kriminologischen Befragungen rangiert (sichtbarer) Müll auf den Straßen regelmäßig unter den am häufigsten genannten Problemen oder Störfaktoren (s. Oberwittler et al. 2017; Häfele 2017; Hirtenlehner/Groß 2018; Lüdemann 2006). Wie genau diese Problematisierung hergestellt bzw. verhandelt wird und wer daran wie beteiligt ist, kann und wird in diesen (quantitativen) Studien nicht weiter behandelt. Deshalb gehe ich, im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojektes „Migration und Sicherheit in der Stadt“, anhand eines qualitativ-empirischen Forschungsansatzes der Frage nach, wie Müll im städtischen Raum problematisiert wird. Als grundlegenden Forschungsstil verwende ich hierfür Adele Clarkes Situationsanalyse, welche eine postmoderne Weiterentwicklung der Grounded Theory nach Anselm Strauss ist (vgl. Clarke et al. 2018) und wähle meine empirischen Fälle angelehnt an George E. Marcus´ Modi einer multi-lokalen Ethnografie (s. Marcus 1995) anhand einer „follow the Müll“-Heuristik aus.

Literatur

Clarke, Adele/Friese, Carrie/Washburn, Rachel S. (2018): Situational Analysis. Grounded Theory After the Interpretive Turn. Second Edition. Los Angeles [u.a.]: Sage.
Groenemeyer, Axel (2012): Soziologie sozialer Probleme – Fragestellungen, Konzepte und theoretische Perspektiven. S. 17-116 in: Albrecht, Günter/Groenemeyer, Axel (Hrsg.) Handbuch soziale Probleme, 2. überarbeitete Auflage, Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Häfele, Joachim (2017): Disorder, (Un-)Sicherheit, (In-)Toleranz. S. 193-221 in: Häfele, Joachim/Sack, Fritz/Eick, Volker/Hillen, Hergen (Hrsg.) Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen. Aktuelle Tendenzen und Entwicklungen, Wiesbaden: Springer VS.
Hirtenlehner, Helmut/Groß, Eva (2018): Sichtbare ethnische Vielfalt und Furcht vor Kriminalität. Kriminalistik 7: 446-455.
Lüdemann, Christian (2006): Kriminalitätsfurcht im urbanen Raum. Eine Mehrebenenanalyse zu individuellen und sozialräumlichen Determinanten verschiedener Dimensionen von Kriminalitätsfurcht. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 5 (2): 285-306.
Marcus, George E. (1995): Ethnography in/of the World Systems: The Emergence of Multi-Sited Ethnography. Annual Review of Anthropology, Vol. 24: 95-117.
Oberwittler, Dietrich/Janssen, Heleen/Gerstner, Dominik (2017): Unordnung und Unsicherheit in großstädtischen Wohngebieten. Die überschätzte Rolle von „Broken Windows“ und die Herausforderungen ethnischer Diversität. Soziale Probleme, 28 (2): 181-205.