(Non-) Reproductive Matters - Globale Perspektiven auf Religion, Gender und Reproduktion
12.-14. Juni 2024
In den letzten Jahrzehnten haben die Debatten über Reproduktion zugenommen. Sie sind in den Mittelpunkt lokaler und globaler Verhandlungen über rechtliche und moralische Definitionen verschiedener Arten von Verwandtschaft, (un)legitimer Sexualität und der Integrität von Körpern gerückt. Diese Debatten konkretisieren sich in Fragen der Legalität und Illegalität der Leihmutterschaft, in Debatten über internationale Adoptionen und verschiedene Technologien der assistierten Reproduktion sowie in den rechtlichen und medizinischen Bedingungen von Schwangerschaftsabbrüchen. Sie beeinflussen auch entscheidend antirassistische, postkoloniale oder (queer-)feministische Perspektiven auf das Recht ein Leben mit und ohne biologische und nicht-biologische Nachkommen. Kontroversen über das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung werden zunehmend mit Diskussionen über die reproduktiven Rechte von queeren Menschen, People of Colour und Menschen mit Behinderungen verknüpft.
Religiöse Wissens- und Glaubenssysteme sowie religiöse Akteure und Organisationen haben maßgeblich zur Gestaltung von Praktiken der Reproduktion und Nicht-Reproduktion beigetragen und tun dies auch weiterhin. Die Regulierung von Sexualität und Geschlechterbeziehungen ist Teil der meisten religiösen Verhaltenskodizes und macht sie zu Angelegenheiten der Biopolitik. In der Vergangenheit haben die Religionen dazu beigetragen, Körper- und Sexualpolitik sowie die Grenzen des legitimen Begehrens zu gestalten. Auf der ganzen Welt formulieren religiös (selbst)definierte Gemeinschaften, Akteure und Organisationen, aber auch zahlreiche säkulare Gemeinschaften reproduktive Angelegenheiten als spezifisch moralische Herausforderungen, um das Leben einer bestimmten Bevölkerung zu ermöglichen und zu schützen. In Verbindung mit anthropozentrischen Vorstellungen von Reichtum haben diese religiös begründeten Positionen oft zur Förderung pronatalistischer Sichtweisen zu Themen wie Verhütung, Schwangerschaftsabbruch oder künstlicher Befruchtung geführt. Reproduktionsverbote und institutionalisierte Kinderlosigkeit sind jedoch auch in religiösen Glaubenssystemen wie dem Mönchtum und der zölibatären Askese verwurzelt. Nichtreligiöse ökospirituelle und umweltethische Bewegungen sind ebenfalls prominente Stimmen in der Debatte um kinderloses Leben im Einklang mit dem Klimakampf und post-anthropozentrischen Vorstellungen vom guten Leben auf der Erde. Praktiken und Diskurse der Reproduktion und Nicht-Reproduktion scheinen also untrennbar miteinander verwoben zu sein und erfordern ein gegenseitiges Verständnis ihrer jeweiligen Dynamik.