Tierethik und Nachhaltigkeit
Der Forschungsschwerpunkt Tierethik und Nachhaltigkeit möchte Nachhaltigkeitstheorien und Tierethikansätze zusammen bringen, da diese beiden Diskurse bislang noch weitgehend unverbunden sind und Nachhaltigkeit fast ausschließlich aus anthropozentrischer Perspektive beleuchtet wird. Ziel ist die Entwicklung einer normativen Nachhaltigkeitstheorie, die tierethische Konzepte umfassend integriert.
Auf der ethischen Grundlagenebene bedarf es einer überzeugenden Begründung für die Integration nichtmenschlicher Tiere in eine solche Theorie. Hierfür wird der Frage nachgegangen, ob bzw. wie nichtmenschliche Tiere in den Umfang einer Gerechtigkeitskonzeption einbezogen werden können, da inter- und intragenerationelle Gerechtigkeit einen zentralen Punkt normativer Nachhaltigkeitstheorien darstellt. Betreffen Fragen der Gerechtigkeit auch nichtmenschliche Tiere direkt, so – dies soll gezeigt werden – kommt man nicht umhin, sie im Nachhaltigkeitsdiskurs adäquat zu berücksichtigen. Neben Gerechtigkeitsfragen werden auch Fragen des Guten Lebens beleuchtet, da sich erstens fragen lässt, ob ein gutes menschliches Leben tatsächlich ein gutes Leben darstellen kann, wenn es auf Ausbeutung anderer Lebewesen aufbaut – es wird also das Verhältnis von normativen und eudaimonistischen Ansprüchen untersucht. Zweitens ergibt sich bei einem Zusammendenken von Nachhaltiger Entwicklung und Tierethik die Frage, inwiefern ein gutes Leben nichtmenschlicher Tiere vom menschlichen Umgang mit beispielsweise natürlichen Ressourcen betroffen ist und damit zusammenhängend, inwiefern es angebracht sein kann, von Definitionen vom Guten Leben nichtmenschlicher Tiere auszugehen. Ist es möglich hiervon zu sprechen und Definitionen zu erarbeiten ohne (zu stark) zu anthropomorphisieren? Mit dieser Fragestellung wird sich der Forschungsschwerpunkt Tierethik und Nachhaltigkeit ebenfalls intensiv befassen.
Einen weiteren zu untersuchenden Bereich stellt die Potenzierung von Konfliktfällen dar, die auftreten wird, wenn nichtmenschliche Tiere in den Nachhaltigkeitsdiskurs integriert werden. Daher ist die Suche nach angemessenen Kriterien für Prioritätensetzungen in Konfliktfällen relevant. Eine besonders intensive Auseinandersetzung erfolgt mit den Konfliktfällen im Praxisfeld Naturschutz, da zum einen die Erhaltung von Lebensgrundlagen für Fragen der Gerechtigkeit essentiell ist und zum anderen die Spannungen zwischen Tierethik und Naturschutzpraxis bisweilen im Tierethikdiskurs häufig vernachlässigt werden.
Aktuelle Entwicklungen zum Projekt finden Sie unter: http://esureblog.com/blog/
Ansprechperson: Leonie Bossert