Dozent:innen: Dr. Sebastian Pittl u.a.
Inhalt: Die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit erfährt gegenwärtig sowohl in der Gesellschaft wie in den Kirchen und Religionsgemeinschaften zunehmend öffentliche Aufmerksamkeit - in Deutschland und weltweit. Die Aufarbeitung des Erbes des Kolonialismus ist jedoch genauso herausfordernd wie vielfältig. Sie betrifft sämtliche Bereiche der Gesellschaft. Und sie findet im Kontext einer zunehmend diversen Gesellschaft statt, in der globale Verflechtungen immer stärker bewusst werden und neokoloniale Abhängigkeiten (etwa in Bezug auf den Abbau von fossilen Ressourcen) die Auseinandersetzung mit dem historischen Kolonialismus überlagern.
Die Studienwoche richtet vor diesem Hintergrund einen theologischen und interdisziplinären Blick auf zwei aktuelle Brennpunkte post- und dekolonialer Auseinandersetzungen :
Zum einen fragt sie danach, wie postkoloniale Perspektiven unsere nationalen und transnationalen Erinnerungskulturen transformieren. Zum anderen wirft sie einen Blick auf unsere Verstrickung in neokoloniale Ausbeutungsverhältnisse, wie sie in extraktivistischen Projekten (Abbau von fossilen Rohstoffen, aber auch von Rohstoffen für den "grünen" Wandel wie Lithium, Kobalt und Nickel) in nur scheinbar weit entfernten Ländern zu Tage treten. Im Fokus stehen insbesondere die Verbindungen zwischen beiden Themen, etwa wenn wir danach fragen, welche Formen des Erinnerns und Vergessens mit den globalen extraktivistischen Strukturen einhergehen, oder umgekehrt nach den Konsequenzen des Extraktivismus für das Selbstveständnis menschlicher Kultur, z.B. durch das Verschwindens ganzer Landschaften, die nicht nur in indigenen Kulturen immer auch Erinnerungsorte sind, fragen.
In theologischer Hinsicht werden wir die Rolle von Religion, Kirche und Theologie in diesen Prozessen untersuchen und nach theologischen und spirituellen Quellen von Widerstands und Resilenz suchen. Entwickelt werden sollen dabei Bausteine einer postkolonialen Schöpfungstheologie, die politisch engagiert, interkulturell sensibel und zugleich selbstkritisch für die eigenen Ambivalenzen und Widersprüche ist.
Die Studienwoche gliedet sich in drei Tagesschwerpunkte:
- Memory Studies, Erinnerungskulturen und Kolonialität
- Neokolonialismus im Anthropozän: Extraktivismus und Globaler Klimaaktivismus als theologische Orte
- Theologisches Ressourcement: Unterwegs zu einer postkolonialen Schöpfungstheologie und -spiritualität
In der Studienwoche arbeiten wir gemeinsam mit Studierenden aus Deutschland und Lateinamerika, eingeladenen Expert:innen aus Politik-, Kulturwissenschaft und Theologie sowie mit Aktivist:innen des lateinamerikanischen Netzwerkes „Iglesias y Minería“, das sich im Amazonasgebiet gegen Extraktivismus und für die Rechte von Natur und indigenen Bevölkerungsgruppen engagiert, zusammen. Neben Impulsvorträgen werden wir prozessorientiert in Workshops, Kleingruppen und anderen Formaten arbeiten.
Als Expertinnen und Experten referieren werden unter anderem: Fana Schiefen (Theologie/Philosophie), Universität Münster) Sandrine Gukelberger (Soziologie, Universität Konstanz), Hanna Teichler (Amerikanistik, Goethe-Universität Frankfurt), Dipesh Chakrabarty (University of Chicago), Riccarda Flemmer (Professur für Political Struggles of the Global South, Universität Tübingen), Birgit Weiler (Universidad Pontificia Católica del Peru), Wietske de Jong-Kumru (Theologie) und Dario Bossi (Iglesias y Minería). Spanischkenntnisse sind hilfreich, aber keine Voraussetzung zur Teilnahme.
Voraussetzung: Die Unterbringung im Tagungshaus Weingarten wird von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart finanziell bezuschusst. Darüber hinaus ist ein Selbstbeitrag in Höhe von ca. 170€ (für Verpflegung und Unterbringung) zu entrichten. Die Teilnehmendenzahl für Studierende der Universität Tübingen ist auf 15 Personen begrenzt. Die Plätze werden in der Reihenfolge der Anmeldung vergeben.
Belegungsinformationen: Das Hauptseminar findet in Kooperation mit der Universität Münster, der Pontificia Universidad Católica del Perú, MISEREOR, der Abteilung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der Katholischen Akademie Stuttgart und dem kirchlichen Netzwerk Iglesias y Minería im Tagungshaus Weingarten statt. Neben Studierenden der Universität Tübingen werden Studierende der Universität Münster, Studierende des internationalen Studienbegleitprogramms STUBE sowie Aktivist:innen aus dem kirchlichen Netzwerk Iglesias y Minería teilnehmen.
Lehrmethoden: Impulsvorträge, Workshops, Gruppenarbeiten
Einzeltermin: 25. September | 14-18 |
Blockveranstaltung: 26. bis 28 September | 9-18 |
Einzeltermin: 29. September | 9-12 |
ALMA