Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Dissertationsprojekt

Krieg auf Youtube - Kriegsdarstellung auf Video-Plattformen unter medienwissenschaftlicher und medienethischer Betrachtungsweise

Durch die Digitalisierung der Medien, die digitalen Aufnahmetechniken, Verarbeitung und Distribution wandelten sich die Möglichkeiten von Filmemachern, Journalisten und Institutionen, ihre medialen Produkte zu produzieren und zu verteilen. Journalisten und Filmemachern ist es heute möglich, mit relativ wenig Ausrüstung in Krisen- oder Kriegsgebiete vorzudringen und dabei ein möglichst umfassendes Bild der Geschehnisse festzuhalten.

Während hierbei die klassischen Massenmedien, wie etablierte Nachrichtennetzwerke oder einzelne Presseorgane, noch auf traditionelle Distributionsmodelle bauen, werden Videos, die von Akteuren des Kriegsgeschehens aufgenommen werden, immer häufiger über Videoplattformen wie Youtube veröffentlicht. Bei diesen Videos lässt sich feststellen, dass sie von drei verschiedenen Produzentengruppen erstellt werden: (1) Journalisten, die meist als Embedded Journalists in eine militärische Truppe integriert sind, (2) Institutionen wie das Militär, die selbst auf über 100 Jahre Erfahrung in der Kriegsberichterstattung und Kriegsinszenierung im Film und der Fotographie oder auch der Propaganda zurückgreifen und (3) Individuelle (Amateur-) Filmer wie die Soldaten oder andere Betroffenen des Kriegs- bzw. Kampfgeschehens, die mit Handy- oder Action-Kameras die unmittelbar erlebten Erfahrungen festhalten und uneditiert veröffentlichen.

Im Fokus der Arbeit steht die Analyse dokumentarischer Videos jener drei Produzentengruppen, wie sie vorwiegend über die Online-Videoplattform Youtube veröffentlicht werden. Die Forschungsleitende Frage dabei lautet: Wie wird Krieg in dokumentarischer Form auf Youtube bzw. vergleichbaren Videoplattformen des sogenannten Web 2.0 dargestellt. Die Analyse soll zum einen formal-ästhetische Strukturen der Videos erschließen und feststellen, welche Gestaltungsmittel die Dokumentation der Kriegsereignisse, in diesem noch relativ unerschlossenen Feld der Kriegsberichterstattung, bestimmen. In einem weiteren Schritt fragt die Arbeit unter anderem nach der Entstehung und Gestalt von verschiedenen Öffentlichkeiten, den diversen Funktionen der einzelnen „Video-Genres“ und der Legitimität des Zeigens von Sterben und Töten in Realsituationen.

Kontakt

Marc Sehr
Eberhard Karls Universität Tübingen
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