Movila lui Deciov
Forschungen im Sommer 2022
Im Laufe der Grabungskampagne vom 25.07. bis 09.09.2022 konnten die Arbeiten im Schnitt A/B abgeschlossen werden. Er umfasst eine Fläche von etwa 47,5 Quadratmetern und erreicht stellenweise eine Tiefe von 3m. Die Beobachtungen im Feld erlauben nun eine detaillierte Rekonstruktion der Besiedlungsgeschichte an diesem Platz. Deutlich im Endplanum erkennbar sind verschiedene sich überschneidende Fundamentgräbchen mit Pfostensetzungen der ersten frühneolithischen Bauphase. Radiokarbondaten legen nahe, dass die ältesten Häuser im 59. bis 58. Jahrhundert v.u.Z. errichtet wurden. Mindestens zwei Subphasen lassen sich aufgrund der Verlaufes der Gräbchen und deren Querverbindungen bestimmen. Offenbar handelt es sich um mehrräumige Bauten in Pfostenbauweise. Funde von gebranntem Hüttenlehm zeigen, dass das aufgehende Mauerwerk als Flechtwerk mit Lehmbewurf ausgeführt war. Die Fußbodenniveaus zu diesem Häusern konnten während der Grabungen nur punktuell erfasst werden. Sie zeichnen sich aber streckenweise in den Profilen des Grabungsschnittes ab. Der Abstand zwischen den Hausfußböden und den Fundamentgräbchen belegt eine sehr tiefe Fundamentierung der Häuser. Es handelt sich um freistehende Bauten mit vereinzelten kleineren Gruben in den Arealen zwischen den Hauseinheiten. Der sehr ausschnitthafte Einblick in die Siedlung lässt bislang kaum Aussagen zur Gestalt der Häuser zu. Es könnte sich um Langhäuser handeln, die durch Querwände in einzelne Räume gegliedert waren. Erst eine Ausweitung der Grabungsfläche in diejenigen Bereiche, die nicht von dem großen Grunbenkomplex gestört sind wird hier aber sichere Angaben liefern.
Die frühesten Siedler brachten eine materielle Kultur mit sich, die typisch für den südlichen Balkanraum ist. Dazu gehören rotgeschlickerte Keramikgefäße mit einer linear dunklen Bemalung im Starčevo-Stil sowie charakteristische Knochen- und Steingeräte aus dieser Region. In einer zweiten frühneolithischen Siedlungsphase wurden im Südwesten unseres Grabungsschnittes ein großer Grubenkomplex angelegt. Über Radiokarbondaten kann dieses Ereignis in das 57. Jahrhundert v.u.Z. datiert werden. Die Grubenfüllung besteht aus laminierten Schichten von Asche und Holzkohle, die sich mit Lehm und Sedimentschichten abwechseln. Offenbar wurde hier immer wieder Brandreste aus einem nahegelegenen Ofen oder einer offenen Feuerstelle entsorgt. Diese Fundschichten sind sehr reich mit organischen Abfällen angereichert, die ein unikales Archiv für die Ernährung und Wirtschaftsweise der frühneolithischen Siedlung darstellen. Das gesamte Sediment wurde mit einem Gitter von 1 cm Maschenweite gesiebt und eine repräsentative Auswahl des Sediments flotiert. Die Schlämmreste werden derzeit in verschiedenen Labors in Südwestdeutschland (Universität Tübingen; Arbeitsstelle für Feuchtboden- und Unterwasserarchäologie in Hemmenhofen) untersucht.
Der Platz wurde am Übergang vom Spätneolithikum zur Frühkupferzeit als Bestattungsplatz benutzt. Breits bei den Freilegungsarbeiten des Jahres 2018 konnten entsprechende Hockergräber und umgelagerte Einzelfunde dokumentiert werden, die mittlerweile wissenschaftlich bearbeitet wurden. Noch einmal diente der als Landmarke sichtbare flache Siedlungshügel für eine frühmittelalterliche Reiterbestattung als Grablege. Auch diese Bestattung wurde zwischenzeitlich wissenschaftlich ausgewertet. Weitere Störungen der prähistorischen Siedlungsschichten erfolgten durch den Bau eines Dachses. Die oberen Siedlungsschichten sind von der modernen Landwirtschaft betroffen.
Die Dokumentation der Befunde erfolgte mit Hilfe von dreidimensionalen Visualisierungstechniken, sämtliche Funde wurden tachymetrisch entweder mit Einzelmessungen oder innerhalb von stratigraphisch definierten Fundeinheiten erfasst. Mit der Auswertung der Funde durch ein international besetztes Forscherteam wurde im Museum der Banater Bulgaren in Dudeştii Vechi begonnen. Dazu gehören neben den archäologischen Auswertungen auch zoologische und botanische Untersuchungen an den Siedlungsabfällen sowie archäometrische Analysen der Keramikgefäße und naturwissenschaftliche Untersuchungen der Gefäßinhalte und Siedlungssedimente.
Begleitend zu den Grabungsarbeiten in 2022 wurde das Umfeld der Movila lui Deciov geomagnetisch prospektiert. Der bereits bei früheren Messungen nachgewiesene Graben um den frühneolithischen Siedlungsplatz tritt nun noch stärker hervor. Im unmittelbaren Umfeld des Siedlungsgraben finden sich weitere Signale, die auf eine Siedlungsaktivität hindeuten. Besonders markant erscheinen im Areal südöstlich des frühneolithischen Siedlungsareals mehrere lineare Strukturen, die möglicherweise späterer Zeitstellung sind. Das südwestliche Messareal ist dagegen weitgehend frei von Messignalen, was aber mindestens zwei Grundrisse von Langhäusern in diesem Bereich sehr stark hervortreten lässt. Der Form nach könnte es sich um prähistorische Siedlungsreste handeln. Die Oberflächenfunde aus diesem landwirtschaftlich genutzten Areal lassen keine spezifische Zeitstellung erkennen, so dass nur weitere Grabungen hier Aufschluss über die Datierung geben können.