Biomedizinische Datenwissenschaft

Biomedizinische Datenwissenschaft (Biomedical Data Science) beschäftigt sich mit dem Management, der Integration und der Analyse großer und komplexer Datensätze aus den Lebenswissenschaften und der Medizin. Übergeordnetes Ziel ist es, durch den Einsatz moderner und computergestützter Verfahren, die komplexen Ergebnisse verständlich und nutzbar zu machen, um die Grenzen unseres Wissens in den Lebenswissenschaften und der Gesundheitsversorgung zu verschieben. Schließlich sollen die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse zu neuen, überprüfbaren Hypothesen führen und im klinischen Kontext die Diagnose- und Entscheidungsfindung unterstützen. Schlüsselbereiche dieses Gebiets umfassen Datenmanagement, Statistik, Visualisierung, maschinelles Lernen und hier insbesondere Methoden des Deep Learning.

Kernthemen

  • Data Management and Data Integration
  • Decision making
  • Visual Analytics
  • Artificial Intelligence
  • Landscape Genomics
  • Ecological Genomics

Biomolekulare Struktur und Funktion

Biomoleküle sind chemische Moleküle aus denen Organismen bestehen und welche den Organismen Funktion verleihen. Es gibt unterschiedliche Klassen von Biomolekülen mit spezifischen Eigenschaften und Aufgaben. Zum Beispiel können bestimmte Biomoleküle Informationen speichern (DNA),  andere Moleküle aufbauen, abbauen oder verändern (Proteine) oder einem Organismus als Energiequelle dienen (Kohlenhydrate). Biomoleküle sind meistens hochkomplexe dreidimensionale Objekte, deren Struktur maßgeblich für ihre Funktion verantwortlich ist. Biomoleküle haben viele interessante Eigenschaften: Sie alle können prinzipiell miteinander interagieren, manche sind Teil des Immunsystems, manche können als Ziel für pharmazeutische Wirkstoffe dienen oder sie können selber als pharmazeutische Wirkstoffe eingesetzt werden.

Forschende am IBMI arbeiten in diesem Bereich an der Erforschung von der Struktur und Funktion von Biomolekülen. Von besonderem Interesse sind hierbei Proteine, natürlich vorkommende chemische Moleküle, sowie synthetische Moleküle die möglicherweise als Wirksotffkandidaten in Frage kommen. Die Entwicklung von computergestützten Methoden zur Vorhersage der dreidimensionalen Struktur, ihrer Funktion und möglichen Wechselwirkungen aber auch zur Evolution und Herkunft von Biomolekülen sind hier zentrale Forschungsgebiete.

Kernthemen

  • Structure Prediction
  • Protein Evolution
  • Structure Visualization
  • Computational Chemistry
  • Biophysics
  • Computer-Aided Drug Design
Ausgewählte Publikationen


Principles and Applications of CF2X Moieties as Unconventional Halogen Bond Donors in Medicinal Chemistry, Chemical Biology, and Drug Discovery
J. Med. Chem. 66(15), 2023, https://doi.org/10.1021/acs.jmedchem.3c00634
Contributions by: Böckler Group

State of the Art of Molecular Visualization in Immersive Virtual Environments
Computer Graphics Forum, 42, 2023, https://doi.org/10.1111/cgf.14738
Contributions by: Krone Group

Exploring protein-protein interactions at the proteome level
Structure, 30(4), 2022, https://doi.org/10.1016/j.str.2022.02.004
Contributions by: Kohlbacher and Lupas Group

Computergestütze Omics

Der Zusatz "Omics" kennzeichnet Forschungsbereiche in den Biowissenschaften, die in Zellen eine molekulare Ebene in ihrer Gesamtheit untersuchen. Derzeit können wir fünf solcher molekularer Ebenen unterscheiden: das Genom (Genomik, DNA), das Epigenom (Epigenetik, Veränderung der DNA), das Transkriptom (Transkriptomik, RNA), das Proteom (Proteomik, Proteine) und das Metabolom (Metabolomik, weitere chemische Moleküle in Zellen). Die Untersuchung einer ganzen Ebene ist nicht nur technisch Anspruchsvoll, sondern aufgrund der riesigen Menge an Informationen, die sie kodiert (z.B. besteht das menschliche Genom aus ~3.200.000.000 Nukleotiden, d.h. Buchstaben) auch und vor allem eine Herausforderung für das Datenmanagement und die Datenanalyse. Spezialisierte computergestützte Ansätze, die in der Bio- und Medizininformatik entwickelt werden, sind erforderlich, um diese Datensätze zu nutzen und ihre biologische Interpretation für verschiedene Spezies zu unterstützen. Die Komplexität nimmt weiter zu, wenn molekulare Schichten über Individuen hinweg untersucht werden (Meta-omics) oder / und wenn mehrere Schichten in integrativen Ansätzen gemeinsam analysiert werden (multi-omics).

Forschende am IBMI entwickeln Methoden und Algorithmen zur Analyse und Interpretation von "omics"-Daten mit dem Ziel, die Biologie einzelner Zellen, Gewebe, Organismen und sogar von ganzen Ökosystemen in Gesundheit und Krankheit besser zu verstehen. Ihre Arbeit zielt u. a. darauf ab, die Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu verbessern, neue therapeutische Wirkstoffe aus Mikroorganismen zu identifizieren, die Anpassung von Pflanzen an ihre Umwelt zu untersuchen oder die Analyse historischer biologischer Proben zu ermöglichen.

Forschende

Franz Baumdicker
Manfred Claassen
Daniel Huson
Oliver Kohlbacher
Sven Nahnsen
Kay Nieselt
Stephan Ossowski
Nico Pfeifer
Detlef Weigel
Nadine Ziemert

Kernthemen

  • Genomics and Metagenomics
  • Epigenetics
  • Transriptomics and Metatransriptomics
  • Proteomics
  • Metabolomics
  • Single-cell analysis
  • Multiomics
  • GWAS
  • Comparative Genomics
Ausgewählte Publikationen


FunARTS, the Fungal bioActive compound Resistant Target Seeker, an exploration engine for target-directed genome mining in fungi
Nucleic Acids Research, 51(1), 2023, https://doi.org/10.1093/nar/gkad386
Contributions by: Ziemert Group

MeganServer: facilitating interactive access to metagenomic data on a server
Bioinformatics, 39(3), 2023, https://doi.org/10.1093/bioinformatics/btad105
Contributions by: Huson Group

OmicsTIDE: interactive exploration of trends in multi-omics data
Bioinformatics Advances, 3(1), 2023, https://doi.org/10.1093/bioadv/vbac093
Contributions by: Krone and Nieselt Group

Simulation-based inference of differentiation trajectories from RNA velocity fields
Cell Reports Methods 2(12), 2022, https://doi.org/10.1016/j.crmeth.2022.100359
Contributions by: Claassen Group

Infektion und Immunologie

Infektionskrankheiten werden durch pathogene Mikroorganismen oder Viren verursacht und stellen in unserem globalisierten Zeitalter eine potenzielle Bedrohung dar. Die Fähigkeit Krankheitserreger aufzuspüren, ihre krankheitsvermittelnden Mechanismen und ihre Entwicklung zu verstehen und die Suche nach neuen Therapeutika können uns dabei helfen, die mit ihnen verbundenen Risiken zu minimieren. Eng verknüpft mit der Erforschung von Infektionen ist die Erforschung des Immunsystems. Letzteres ist nicht nur ein natürlich vorkommendes System zur Bekämpfung von Infektionen, sondern auch ein wichtiger Akteur bei verschiedenen Krankheiten, die nicht durch Krankheitserreger verursacht werden, wie z. B. Krebs. Ein tiefes Verständnis des Immunsystems eröffnet neue Wege zur Behandlung solcher Krankheiten.

Forschende am IBMI entwickeln Methoden und Algorithmen, um einerseits die Mechanismen und die Entwicklung von Krankheitserregern zu untersuchen und neue therapeutische Wirkstoffe zu identifizieren. Andererseits entwickeln sie Methoden, um unser Verständnis des Immunsystems zu verbessern und um vorherzusagen, wie es sich in Gegenwart von Krankheitserregern oder anderen Krankheitszuständen verhalten wird und um dann seine Fähigkeiten zur Bekämpfung von Erkrankungen gezielt auszunutzen.

Forschende

Manfred Claassen
Oliver Kohlbacher
Sven Nahnsen
Kay Nieselt
Stephan Ossowski
Nico Pfeifer
Nadine Ziemert

Kernthemen

  • Pathogen detection
  • Host-pathogen interaction
  • Antibiotic natural product discovery
  • Antibiotic resistance
  • Immunoinformatics
  • Pathogen evolution analysis
  • Treatment decision support
Ausgewählte Publikationen


PlasmoFAB: a benchmark to foster machine learning for Plasmodium falciparum protein antigen candidate prediction
Bioinformatics, 39(1), 2023, https://doi.org/10.1093/bioinformatics/btad206
Contributions by: Pfeifer Group

Influence of Staphylococcus aureus Strain Background on Sa3int Phage Life Cycle Switches
Viruses, 14, 2022, https://doi.org/10.3390/v14112471
Contributions by: Nieselt Group

Medizininformatik

Medizininformatik ist ein Kerngebiet auf dem Weg zu einer digitalen Medizin, welche möglichst alle relevanten Informationen aus dem Gesundheitswesen speichern, systematisch aufbereiten und schließlich Forschenden und Behandelnden zur Verfügung stellen möchte. Ziel dieses Vorhabens ist es, einen zentralen Baustein für bestmögliche Prävention und optimale Patientenversorgung zur Verfügung zu stellen. Zentrale Herausforderungen der Medizininformatik sind insbesondere die rießige Menge erhobener und heterogener Daten sowie das Ziel und die Notwendigkeit Daten humaner Herkunft optimal vor unbefugtem Zugriff zu schützen und dem Individuum jederzeit  die volle Kontrolle über die eigenen Daten zu gewährleisten.

Forschende des IBMI arbeiten in diesem Bereich am Aufbau der benötigten IT-Infrastrukturen sowie an der Entwicklung von modernen Algorithmen zur Sammlung, Aufbereitung, Sicherheit und Verfügbarmachung dieser Daten. Darüberhinaus ist die Entwicklung neuer Methoden und Algorithmen zur Wissensgewinnung aus diesen Informationen und deren Interpretation, unter anderem unter Verwendung von KI, zentraler Bestandteil ihrer Forschung.

Forschende

Mete Akgün
Carsten Eickhoff
Oliver Kohlbacher
Thomas Küstner
Nico Pfeifer

Kernthemen

  • Clinical Information Systems
  • Medical Data Management
  • Medical Data Privacy
  • Privacy Preserving Machine Learning
  • eHealth and mHealth
  • Medical Image Analysis
  • Treatment decision support
Ausgewählte Publikationen


Efficient privacy-preserving whole-genome variant queries
Bioinformatics, 38 (8), 2022, https://doi.org/10.1093/bioinformatics/btac070
Contributions by: Akgün and Kohlbacher Group

Sparse Activations for Interpretable Disease Grading
medRxiv (2023), https://doi.org/10.1101/2023.03.07.23286895
Contributions by: Baumgartner and Berens Group

Translationale Bioinformatik

Translationale Forschung wird oft mit dem Begriff "from bench to bedside" beschrieben. Dies bedeutet im Wesentlichen die Transformation von Wissen und Erkenntnis aus der Grundlagenforschung (bench) in Produkte, Geräte und Anwendungen für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten (bedside) zu ermöglichen und zu fördern, um letztlich die menschliche Gesundheit zu verbessern. In diesem multidisziplinären Feld befindet sich die Translationale Bioinformatik an der Schnittstelle zwischen Bioinformatik und klinischer Forschung und hat zum Ziel, Anwendungen zu entwickeln und bereitzustellen, welche die massiv wachsenden Mengen an molekularen und klinischen Daten integrieren und verknüpfen, um die Möglichkeiten der Diagnostik und Behandlungsentscheidung zu erweitern.

Die Forschenden am IBMI kombinieren bioinformatische Forschung mit Expertenwissen aus der Medizin und aus der klinischen Praxis. Ihre transformativen Bestrebungen führen zu direkt nutzbaren Datenbanken, Werkzeugen und Anwendungen, die z. B. die Entdeckung neuer Antibiotika, die Identifizierung der molekularen Ursachen komplexer Erkrankungen oder die Vorhersage lebensbedrohlicher Zustände ermöglichen, noch bevor diese eintreten.

Forschende

Mete Akgün
Manfred Claassen
Carsten Eickhoff
Oliver Kohlbacher
Sven Nahnsen
Stephan Ossowski
Nico Pfeifer
Nadine Ziemert

Kernthemen

  • Clinical Diagnostics
  • Clinical Bioinformatics
  • Personalized Medicine
  • Diagnostic decision support
  • Antibiotic discovery
  • Genome privacy
  • Treatment decision support
Ausgewählte Publikationen


Resurrecting ancestral antibiotics: unveiling the origins of modern lipid II targeting glycopeptides
Nat. Commun.,14, 7842, 2023, https://doi.org/10.1038/s41467-023-43451-4
Contributions by: Ziemert Group

Predicting functional effects of ion channel variants using new phenotypic machine learning methods
PLoS Comp. Biol., 9(3), 2023, https://doi.org/10.1371/journal.pcbi.1010959
Contributions by: Pfeifer Group

Neonatal apnea and hypopnea prediction in infants with Robin sequence with neural additive models for time series
medRxiv, 2023, https://doi.org/10.1101/2023.03.14.23287021
Contributions by: Kohlbacher Group