Jede erfolgreiche soziale Interaktion setzt voraus, dass verbale wie nonverbale Informationen vom Gegenüber richtig wahrgenommen und adäquat beantwortet werden können. Die Entstehung von aggressivem Verhalten lässt sich - prominenten theoretischen Modellen zufolge - auf eine veränderte Wahrnehmung und Interpretation von relevanten sozialen Informationen zurückführen. Eine Vielzahl empirischer Befunde stützt die Annahme einer defizitären Verarbeitung affektiver Reize in unterschiedlichen Kollektiven antisozialer Personen. Bis dato ist jedoch weitgehend ungeklärt, ob die Erkennung von spezifischen Signalen (wie bestimmten emotionalen Gesichtsausdrücken) verändert ist, welche Verarbeitungsstufen und sensorischen Modalitäten betroffen sind, welche Merkmale und Prozesse die Beeinträchtigungen moderieren, wie diese verhaltenswirksam werden und ob sie therapeutisch adressiert werden können. In zwei aufeinander aufbauenden Untersuchungsansätzen soll diesen Fragen nachgegangen werden. Studie 1 ist als Querschnittuntersuchung geplant, bei der emotionale Wahrnehmungsdefizite an einer großen Stichprobe von inhaftierten Straftätern (Gewaltstraftäter und Betrüger) erstmals systematisch untersucht und mit verschiedenen Persönlichkeits- und Verhaltensmaßen in Beziehung gesetzt werden sollen. Studie 2 verfolgt einen längsschnittlich ausgerichteten Untersuchungsansatz, bei dem das in der Arbeitsgruppe entwickelte und evaluierte Trainingsprogramm auf seine Wirksamkeit in der Behandlung der defizitären Dekodierung affektiver Informationen und den damit assoziierten aggressiven Verhaltenstendenzen genauer überprüft werden soll.
Studienleiter: PD Dr. Michael Schönenberg