Antragssteller:innen
Prof. Dr. Marion Müller
Prof. Dr. Ursula Offenberger
Dr. Jussra Schröer
Prof. Dr. Michael Schüßler
Prof. Fahima Ulfat
Prof. Dr. Birgit Weyel
Kurzbeschreibung
Die Genderkategorie markiert gegenwärtig eine entscheidende Bruchkante zwischen dem normativen Orientierungsanspruch religiöser Traditionen einerseits und der Vielfalt faktischer Lebensbewältigung andererseits. Trotz der weltweiten Etablierung von Gleichberechtigungsnormen haben sich Vorstellungen einer traditionellen Geschlechterordnung im Kontext (verschiedener) Religionen als erstaunlich hartnäckig erwiesen. Es entzünden sich auch in der (post-)säkularen Weltgesellschaft zahlreiche Konflikte rund um das Thema „Geschlecht und Religion“. Das gilt auf nationaler und lokaler Ebene sowie für verschiedene religiöse Kontexte: So wird in der Katholischen Kirche nach wie vor um den Zugang für Frauen zu geistlichen Ämtern und Leitungsfunktionen gerungen (Maria 2.0), in den Gliedkirchen der EKD streitet man darüber, ob gleichgeschlechtliche Paare getraut oder gesegnet werden dürfen, und es gibt nach wie vor Debatten unter traditionalistisch orientierten Muslim*innen, die von einer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ausgehen.
Vor dem Hintergrund dieser Debatten interessieren wir uns besonders für eine praxistheoretische Perspektive und die Frage, wie genau in alltäglichen sozialen Praktiken religiöse und geschlechtliche Zugehörigkeit überhaupt hergestellt werden, sich überlagern oder auch wechselseitig neutralisieren. Damit wird eine Fragestellung, die häufig Gegenstand normativer Diskurse ist, empirisch gewendet. Man könnte sagen: Normative, religiöse Konzepte werden dem Stresstest des gelebten Lebens ausgesetzt. Theologisch relevante und bislang in der sozialwissenschaftlichen Forschung kaum behandelte Fragen betreffen die Beobachtbarkeit religiöser Praktiken als soziale Zugehörigkeit: Was bedeutet doing religion und welche Formen von Ausprägungen von Religionszugehörigkeit sind hierbei denkbar bzw. lassen sich beobachten? Auf der Basis welcher Merkmale erfolgen religiöse Zuschreibungen und inwiefern sind hierbei z.B. auch ethnische Zugehörigkeiten relevant? Welche Glaubensressourcen werden auf welche Weise aktualisiert oder negiert bzw. irrelevant gemacht?
All diese Fragen werden wir mit internationalen Referent*innen aus Theologie und Soziologie diskutieren. Bereits zugesagt haben: Ulrike Auga (HU Berlin), Ali Ghandour (Universität Münster), Frank Hillebrandt (Fernuniversität Hagen), Leyla Jagiella (Religionswissenschaftlerin), Saskia Wendel (Universität Köln), Heidemarie Winkel (Universität Bielefeld), Monika Wohlrab-Sahr (Universität Leipzig).