Forschungen im Sommer 2015
Grabung am Fundplatz Bucova Pusta IV
Im Zeitraum vom 3.8. bis 30.9. konnten in diesem Jahr vier Grabungsschnitte mit einer Gesamtfläche von 120 m2 geöffnet werden.
Trench P: Dieser Schnitt mit Abmessungen von 4,5 x 4,5 m wurde in der südlichen Verlängerung des vorjährigen Grabungsschnittes O angelegt. Damit sollte die südliche Grenze des Siedlungsareals untersucht werden, welches in der geomagnetischen Kartierung deutlich von einem alten Flusslauf begrenzt wird. In den leicht nach Süden abfallenden anstehenden Boden waren in diesem Bereich zahlreiche frühneolithische Befunde, ohne klare Konturen eingetieft. Es handelt sich um verschiedene Gruben, die sich teilweise überschneiden. Auffällig im Fundmaterial sind zahlreiche Feuersteinartefakte, die etwa die Hälfte aller bislang auf der Bucova Pusta IV gefundenen geschlagenen Steingeräte ausmachen. Es handelt sich durchweg um fertige Werkzeuge oder um Bruchstücke von solchen, und es gibt keinerlei Anzeichnen für die Herstellung der Steingeräte am Ort. Dieses Areal der Siedlung diente primär offenbar der Entnahme von Baulehm und wurde sekundär mit Siedlungsabfällen verfüllt. Die große Zahl an Feuersteingeräten deutet darauf hin, dass das Areal an der südlichen Siedlungsgrenze auch für handwerkliche Aktivitäten genutzt wurde.
Trench Q: In einer Linie mit den Schnitten K und L des Vorjahres wurde auf 5 x 5 m im östlichen Teil der Siedlung ein weiterer Schnitt angelegt. Wegen der Lage des kupferzeitlichen Tumulus und der sich klar in der geomagnetischen Kartierung abzeichnenden Altgrabung von Kisleghi Nagy Gyula wurde diese Sondage allerdings um 2,5 m nach Süden versetzt. Im nördlichen Areal des Schnittes zeichnet sich entsprechend deutlich die südöstliche Grenze des alten Grabungsschnittes ab.
Im südlichen Bereich des Schnittes konnte auf seiner gesamten Länge eine starke Eintiefung dokumentiert werden, die sich bereits im Vorjahresschnitt L sehr deutlich abzeichnete. Das Fundmaterial aus der Verfüllung dieser grabenartigen Struktur datiert in die nachneolithische Zeit, sehr wahrscheinlich die frühe Eisenzeit. In der südöstlichen Ecke der Sondage wurde ein weiteres mittelalterliches Grab angetroffen, dessen Grabgrube sich mit seiner Nord-Süd-Orientierung deutlich von der Ausrichtung der bislang freigelegten mittelalterlichen Gräber unterscheidet. Um das Grab vollständig freilegen zu können wurde der Grabungsschnitt in diesem Bereich um einen Meter nach Süden erweitert. Das Skelett der Bestattung war gut erhalten, allerdings fanden sich einige Knochen im Bereich des Körpers nicht mehr in anatomischer Ordnung. Im Bereich der Brust und des Beckens konnten mehrere Gegenstände aus Eisen und Bronze dokumentiert werden, die als Beschläge und Verschluss einer Gürtelgarnitur angesprochen werden können. Nach ersten Recherchen gehören diese Funde in die späte Awarenzeit. Im gesamten Schnitt Q fanden sich lediglich umgelagerte, frühneolithische Funde.
Trench R: Dieser 17 x 2 m lange Schnitt verläuft von Südwesten nach Nordosten, etwa diagonal zwischen den Schnitten C und K der Vorjahre. Angelegt wurde dieser Längsschnitt, um die in der Geomagnetik sich als signalarmes, lineares Band durch die gesamte frühneolithische Siedlung ziehende Struktur zu untersuchen. Bohrsondagen der geomorphologischen Untersuchungen im vergangenen Jahr boten erste Hinweise auf Kulturablagerungen am Grunde dieser länglichen Depression. Die weiterführenden Untersuchungen durch ein geomorphologisches Team der Universität Szeged unter der Leitung von György Sipos konnten an dieser Stelle einen alten Flusslauf nachweisen, der während der Eiszeit mit lössartigem Sediment bedeckt wurde. Bei der Ankunft der frühneolithischen Siedler muss sich dieser alte Flusslauf noch deutlich im Gelände abgezeichnet haben. Im westlichen Teil des Sondierungsschnittes lag ein frühneolithischer Befund unmittelbar auf der Sole dieser Depression auf. Dieser wird stratigraphisch überlagert von einem weiteren Befund der frühen Eisenzeit. In der Mitte des Sondageschnittes konnte etwas höher ein weiterer Befund der späten Eisenzeit (mit grauer Drehscheibenware) dokumentiert werden. Damit ergibt sich in diesem Schnitt eine Abfolge von frühneolithischen, früheisenzeitlichen und späteisenzeitlichen Kulturablagerungen. Erst in der Zeit nach der späten Eisenzeit wurde diese talartige, lineare Struktur vollständig bis zur heutigen Oberfläche verfüllt. Diese letzte Verfüllung geht anscheinend auf ein einziges Umweltereignis zurück, denn die Verfüllungsschicht oberhalb der archäologischen Befunde ist steril, humos-dunkel und von homogener Konsistenz. Im Nordosten des Sondageschnittes wurde eine weitere mittelalterliche Kinderbestattung angetroffen, weshalb der Grabungsschnitt in diesem Bereich um 40 cm nach Nordosten und 60 cm nach Nordwesten erweitert wurde, um das Grab en bloc zu bergen.
Schnitt S-T: Zunächst wurde im nordwestlichen Bereich des Grabungsareals ein Grabungsschnitt von 6 x 4 m angelegt (Sondage S) mit dem Ziel, die in der Geomagnetik sich als dunkle Schatten abzeichnenden großen Strukturen freizulegen. Bereits in einer Tiefe von 60 cm traten zahlreiche, frühneolithische Strukturen auf, die sich deutlich nach Osten fortsetzten. Darum wurde im Verlauf der Freilegungsarbeiten entschieden, den Schnitt nach Osten um einen weiteren von 5 x 5 m Größe (Trench T) zu erweitern.
Ab einer Tiefe von 0,60m konnten zwei größere, in den sterilen Boden eingetiefte Siedlungsstrukturen dokumentiert werden. Der östliche Befund stellt sich als Grubenhaus mit zwei Öfen dar, die von der westlichen Hauswand in den umgebenden Boden eingetieft worden waren. Es handelt sich um aus dem anstehenden Boden, durch Aushöhlen des Bodens, herausgearbeitete Öfen. Der nördliche von beiden (S7) wies eine eingestürzte Kuppel auf und konnte lediglich im Feld dokumentiert werden. Der zweite Ofen (S6) war sehr gut erhalten und zeigte einen Kuppelaufbau mit Rauchabzug. Dieser Ofen konnte en bloc geborgen werden und wird für eine weitere Freilegung unter Laborbedingungen im Museum von Dudeștii Vechi aufbewahrt. Westlich dieses ersten Grubenhauses fand sich ein weiteres eingetieftes Gebäude, das ebenfalls in seinem westlichen Bereich zwei Öfen aufwies. Diese Öfen waren allerdings nicht aus dem anstehenden Boden herausgearbeitet, sondern in Kuppelbauweise errichtet werden. Ganz im Westen des Sondageschnittes, noch weiter westlich des zweiten Grubenhauses, konnte ein nord-südlich orientiertes Körpergrab eines Kindes freigelegt werden. Es handelt sich um eine linke Hockerbestattung mit Blick nach Westen. Diese Bestattung war auf ein Depot von über 60 frühneolithischen Lehmgewichten gebettet worden. Auch im Füllsediment des Grabes fanden sich ausschließlich frühneolithische Funde. Um die Zeitstellung dieses Grabes abzusichern wurden zwei Proben für 14C-Datierungen entnommen. Eine der Proben stammt von einem Langknochen des Kindes und eine weitere von einem Tierknochen aus der Grabfüllung. Nach den vorläufigen Beobachtungen der Feldarbeiten gehören alle Befunde aus dem Doppelschnitt S-T in die frühneolithische Zeit.
Trench I-J: Im Areal der ehemaligen Grabungsschnitte I-J wurde ein kleiner Bereich von 2 x 2 m Abmessung wieder geöffnet, um einen im Vorjahr angetroffenen frühneolithischen Brunnenschacht weiter freizulegen. Wegen des hohen Grundwasserspiegels mussten die Grabungsarbeiten im Vorjahr an dieser Stelle abgebrochen werden. Der wiedergeöffnete Brunnenschacht konnte nun vollständig bis zu seiner Sohle in 2,24 m Tiefe entleert werden. Aus der Verfüllung stammen weitere große Fragmente von frühneolithischen Gefäßen.
Grabungen am Fundplatz Kalcsov I bei Dudestii Vechi
Der Fundplatz liegt 1,4 km östlich des Ortsausganges, etwa 33 m nördlich der Straße nach Sânnicolau Mare und wurde von dem ehemaligen Geschichtslehrer des örtlichen Gymnasiums, Konstantin Kalcsov, entdeckt. Die Feldflur hat keinen eigenen Namen, befindet sich aber unmittelbar südlich eines markanten Grabhügels in der Flur „Na pesaka“ (auf dem Sand). Oberflächenfunde deuten auf eine Siedlung des entwickelten Frühneolithikums hin. Sehr vereinzelt finden sich auch Materialien der frühen Eisenzeit. Zur Klärung der stratigraphischen Situation wurde in diesem Jahr im Zeitraum vom 9.8. bis 2.9. eine erste Sondagegrabung durchgeführt. Dafür wurde unmittelbar südlich eines Feldweges, der den Fundplatz in west-östlicher Richtung durchschneidet, ein Grabungsschnitt von 5 x 5 m angelegt.
In einer Tiefe von 30–40 cm traten erste, vom Pflug nicht beeinträchtigte, Befunde auf. Es handelt sich um ein großes, etwa rechteckiges Grubenhaus, das in der Nordwestecke des Grabungsschnittes auf einer Länge von 2,5 m und einer Breite von 1,7 m freigelegt werden konnte. Der Befund setzt sich in das nördliche und in das westliche Profil fort. Im östlichen Bereich dieses Grubenhauses konnte in einer Tiefe von 0,90 m eine Ofenplattform freigelegt werden, die sich ebenfalls bis in das Nordprofil erstreckt. Diese Ofenplattform wird teilweise geschnitten von einer tieferen, birnenförmigen Grube, die in eine Tiefe von etwa 2,5 m unter der Oberfläche, bis auf das heutige Niveau des Grundwassers, hinabreicht. Es könnte sich um eine Vorratsgrube oder um einen Brunnenschacht handeln. Das Fundmaterial aus der Verfüllung des Grubenhauses lässt sich in die frühe Eisenzeit datieren. Südöstlich davon konnte etwa in der Mitte des Grabungsschnittes in einer Tiefe von 0,90 m eine kleinere runde Grube dokumentiert werden, in der sich ein großes, vollständig zu rekonstruierendes Gefäß der Hallstattzeit fand.
In den Befunden fanden sich auch größere Mengen frühneolithischer Keramik (Starçevo-Criș) in sekundärer Lage. Neolithische Befunde konnten allerdings nicht angetroffen werden. Die Verteilung der Oberflächenfunde deutet darauf hin, dass das Zentrum der frühneolithischen Besiedelung offenbar nördlich unseres diesjährigen Grabungsschnittes lokalisiert werden kann.