Tobias Lebens
Kontakt
Deutsches Seminar
Wilhelmstr. 50
D-72074 Tübingen
Raum 250
E-Mail: tobias.lebens@uni-tuebingen.de
Sprechstunde: aktuell nur online und nach Absprach, ab November: Freitag 9.00 - 10.00 Uhr
Mitglied der Arbeitsgruppe 'Philosophical Foundations of Human Rights' und Co-Sprecher der Graduiertengruppe im Conneticut-Baden-Württemberg Human Rights Research Consortium
Visiting Fellow am Zentrum für Kulturwissenschaft der Universität Graz (10/2022)
Seminar im Wintersemester 2023:
Theorien des Romans um 1800
Kurzbiografie:
Kurzbiographie: Tobias Lebens hat Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt ‚Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft‘ (B.A. und M.A.) und Kommunikationswissenschaft (B.A.) an der Universität Erfurt studiert. Seit 2019 promoviert er, betreut von Prof. Dr. Sigrid G. Köhler, am Deutschen Seminar der Universität Tübingen. Von 2019 bis 2022 war er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und hat B.A. Seminare u.a. zu ‚Literarischen Fallgeschichten um 1800‘, ‚Ästhetik um 1800‘, ‚Literatur und Zeugenschaft im 20. Jahrhundert‘, ‚Literatur und Migration‘ oder ‚Autobiographie‘ gelehrt. 2020-21 war er Junior Fellow am College of Fellows in Tübingen im CIVIS-Programm ‘Intercultural Studies’ und seit 2020 ist er Co-Sprecher der Graduiertengruppe des Baden-Württemberg Conneticut Human Rights Research Consortiums. Zu seinen Forschungsinteressen gehören u.a.: Krieg und Genozid in der deutschsprachigen Literatur im 20./21. Jahrhundert, Forensik in Kunst und Literatur, Theorien der Zeugenschaft, Begriffe und Verfahren der Evidenz
Publikation: ‚Disruptions of public memory in Aleksandar Hemon’s The Lazarus Project’ (erscheint 2023 in einer Sonderedition des Open Global Rights Forums (https://www.openglobalrights.org)
Promotionsthema:
Literarische Forensik? Verhandlungen von Wahrnehmung in deutschsprachigen literarischen Texten zu den postjugoslawischen Kriegen (AT)
Abstract:
In der Dissertation wird der Umgang mit den in den 1990er Jahren stattgefundenen Kriegen im ehemaligen Jugoslawien in deutschsprachigen literarischen Texten untersucht. Ansatz dieses Projekts ist es, die von den ausgewählten Texten exemplarisch analysierten Perspektiven als Ausprägungen einer ‚forensischen‘ Sensibilität vorzustellen und ihre Erzählverfahren als ‚forensische‘ zu beschreiben. Damit versucht die Arbeit, jüngere Überlegungen zur forensischen Ästhetik, die aus einem herrschafts- und hegemoniekritischen aktivistischen Kontext¹ kommen und im Hinblick auf das technologisch und strategisch komplexe Design von zeitgenössischer Kriegsführung² formuliert wurden, für die Analyse von literarischen Auseinandersetzungen mit Krieg fruchtbar zu machen. In der Arbeit werden literarische Texte gelesen, die sich oft selbst als ‚Forschungen‘ oder ‚Recherchen‘ präsentieren und sowohl aus einer Position der Betroffenheit (u.a. S. Stanisićs Wie der Soldat das Grammophon repariert (2006) und Herkunft (2019) oder Viktorija Kocmans Ein Stück gebrannter Erde (2003)) als auch aus größerer Distanz (u.a. Anna Kims Die gefrorene Zeit (2008), Juli Zehs Die Stille ist ein Geräusch (2002), Robert Prossers Phantome (2017) oder aus der Kriminalliteratur Wolf Haas‘ Der Knochenmann (1997) oder Oliver Bottinis Im Auftrag der Väter (2007)) entstehen. Sie werden daraufhin analysiert, wie sie die Raster der individuellen und öffentlichen Wahrnehmung dieser Kriege in Deutschland und Österreich kritisch reflektieren, dekonstruieren und vorführen, aber auch im Hinblick auf die von ihnen entworfenen Verfahren, mittels derer sie für weniger beachtete Aspekte und Rahmen des Krieges sensibilisieren.
¹ T. Keenan & E. Weizman: Mengele’s Skull. The Advent of a Forensic Aesthetics, London: 2012
² Für Eyal Weizman ist zeitgenössische staatliche Kriegsführung doppelt gerichtet und durch die Zerstörung von ‚evidence‘ gekennzeichnet: „violence against people but also violence against evidence“. In: Forensic Architecture. Violence at the Threshold of Detectability. Princetown: 2017, S. 64. Dazu gehört jedoch nicht allein die Kontrolle und Zerstörung materieller Spuren; diese Kriegsführung zielt auch darauf ab, die hegemonialen medialen ‚Raster des Krieges‘ (Judith Butler: Frames of War: When is Life Grievable?, London/New York: 2009) zu prägen und andere, diesen Rastern widerstrebende Versionen der Kriegswirklichkeit zu unterdrücken.