Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft

Hands on oder Film ab!

Wie es Kulturwissenschaftler*innen in die [schaffende] Kunst schaffen und wie ihnen dort ethnografisches Arbeiten hilft

Kunst und Kultur– das sind zwei Begriffe, die oft zusammen genannt werden und irgendwie miteinander in Verbindung gebracht werden. Trotzdem ist es für angehende Kulturwissenschaftler*innen nicht unbedingt auf den ersten Blick klar, dass auch für sie die (schaffende) Kunstbranche ein mögliches Arbeitsfeld sein kann. Im Rahmen des Berufsfeldkolloquiums der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwisschenschaft (dgekw) berichteten uns drei Absolvent*innen von ihrer Arbeit als Künstler*innen und Kunstvermittler*innen. Camilo Berstecher Barerro ist freiberuflicher Filmemacher, Fotograf und Kunstaktivist. Seine Erfahrungen, Tipps und Tricks sollen den Beitrag für euch veranschaulichen.


Wie kommt man von der Kulturwissenschaft zur Kunst?

Im kulturwissenschaftlichen Studium kommen wir nicht automatisch mit Kunst und Kunstpraktiken in Berührung. Wir lernen nicht, wie man Filme dreht oder Inhalte in ein kreatives Medium überführt. Trotzdem gibt es Überschneidungen: Themen, über die wir in der Kulturwissenschaft diskutieren, sind auch in der Kunst relevant. Während wir jedoch wissenschaftliche Arbeiten über ein gesellschaftliches Thema schreiben, beschäftigt sich die Kunst mit diesen Themen in ihrem eigenen Medium − zum Beispiel in Bildern, Fotografien, Filmen oder Performances. Unser Referent hat sich während seines Bachelorstudiums schon für Mediengeschichte innerhalb der Kulturwissenschaft interessiert. Praktika und Projekte im Bereich Film und Theater haben sein Interesse verstärkt und ihm einen Zugang zur „Szene“ ermöglicht. Es ist also auch wichtig, seinen Interessen neben dem Studium nachzugehen und sich nebenher in eigeständige Projekte zu vertiefen. Ein weiterer Schritt in die Kunst kann ein aufbauendes künstlerisches Studium sein. Camillo hat seinen Master an der Hochschule der Bildenden Künste Saar gemacht. Der Schritt von einer Universität zu einer Kunsthochschule kann beängstigend und groß sein. Aber Camillo betont, dass es auf jeden Fall möglich ist – auch mit einem kultur- oder sozialwissenschaftlichem Bachelorabschluss.

Was bringt das kulturwissenschaftliche Studium der Kunst?

Ein kulturwissenschaftliches Studium kann dabei helfen, ein Gespür für relevante gesellschaftliche Themen zu entwickeln. Das konnte Camilo im Vergleich zu „reinen“ Kunststudierenden feststellen. Sie hatten manchmal Schwierigkeiten, Themen für Kunstprojekte zu finden. Außerdem hilft der (kultur-)wissenschaftliche Blick, Geschichten zu erzählen und Sachverhalte zielgruppengerecht aufzubereiten. Und auch Recherchen gehen leichter von der Hand, hat man schon einmal wissenschaftliche Arbeiten geschrieben.

Kann man von der Kunst leben?

Die Konkurrenz im Filmbusiness ist groß und nur von dieser Kunst zu leben kann schwer sein. Dennoch gibt es Möglichkeiten, seine Arbeit zu finanzieren. Für laufende oder zukünftige Projekte kann man Förderanträge beantragen. Sozialkassen speziell für Künstler*innen (https://www.kuenstlersozialkasse.de/) unterstützen bei sozialen Absicherungen wie der Rentenvorsorge. Außerdem gibt es Preisgelder für erfolgreiche Filme; Screening Fees für das Zeigen von Filmen; und natürlich kann man seine Filme verkaufen und über die Zeit Geld damit verdienen. Wie erfolgreich ein Film wird, lässt sich im Voraus nicht sagen, deshalb empfiehlt es sich, ein zweites Standbein zu haben. So kann man laufende Ausgaben decken und schwere Zeiten überbrücken.

Tipps zur Arbeit in der Kunstbranche

Wer Förderungen und Geld möchte, muss sich leider durch viel Bürokratie kämpfen. Hier lohnt es sich, wenn man sich gut auskennt. Kenntnisse in Steuerrecht und Urheberrecht sind von Vorteil. Durch eine gute Vernetzung mit anderen Künstler*innen bleibt man informiert und kann sich gegenseitig unterstützen. Und zum Schluss noch ein Geheimtipp von unserem Referenten: Künstlerische Ballungsräume wie Berlin oder Wien sollte man vermeiden und sich eher in kleineren Städten ansiedeln; das erhöht die Chancen auf Förderungen!


Blogbeitrag von Franziska Walter, enstanden im Berufsfeldkolloquium WS 2022/23