Baden-Württembergisches Brasilien- und Lateinamerika-Zentrum

Projekt 5

Sprachvariation und Sprachkontakt in der deutschsprachigen Presse Brasiliens

Ziel

Das Projekt untersucht sprachliche Variation und Kontaktphänomene in der deutschsprachigen Presse Brasiliens zwischen 1852 und 1941. Es geht der Frage nach, wie sich Sprachformen im Spannungsfeld von Standardorientierung, Dialektgebrauch und sprachlicher Innovation entwickelten und wie Migration, Isolation und der Kontakt mit dem Portugiesischen diese Prozesse prägten. Ziel ist es, die Presse als Forum sprachlicher Aushandlungen zu analysieren und ihren Beitrag sowohl zur Formierung der mehrsprachigen Migrationsgesellschaft als auch zu deren Manifestation in den Pressetexten sichtbar zu machen.

 

Beschreibung

Im Zentrum steht die Analyse der in Zeitungen und Almanachen überlieferten Sprachverwendung. Diese Texte sind einerseits stark am deutschen Standard orientiert, zeigen andererseits aber charakteristische Eigenheiten, die aus den besonderen Bedingungen der Kolonien hervorgehen: konservierte oder veraltete Formen (Isolationsphänomene), portugiesische Entlehnungen und Lehnbildungen, Neuschöpfungen für die brasilianische Lebenswirklichkeit sowie dialektal geprägte Ausdrücke.

Durch die Verbindung von sprachhistorischer, variations- und kontaktlinguistischer Perspektive trägt das Projekt dazu bei, Prozesse sprachlicher Anpassung und Innovation im Migrationskontext historisch zu rekonstruieren. Ein besonderer Mehrwert entsteht durch den Vergleich mit der bereits intensiv untersuchten Privatschriftlichkeit (insbesondere Briefen). So wird sichtbar, wie sich private und öffentliche Schriftpraxis voneinander unterscheiden, aber auch gegenseitig beeinflussen.

Untersucht werden soll, inwiefern sprachliche Variation in der Presse soziale Zugehörigkeiten markierte und wie sich die mehrsprachige Lebenswirklichkeit der Einwanderer in den Texten niederschlug. Gleichzeitig geht es um die Frage, welche Rolle diese sprachlichen Prozesse für die Bildung und Entwicklung kollektiver Identitäten innerhalb der deutschsprachigen Migrationsgemeinschaft spielten.
 

Forschende:

Joachim Steffen, Universität Augsburg