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Kommunalwahlen 2024: Die AfD-Wahlergebnisse in Stadt- und Landkreisen

Die AfD gewinnt bei den Kommunalwahlen 2024 in Baden-Württemberg in allen Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen sie antritt, Stimmen dazu. Damit setzt sich der schon bei der Wahl zum Europäischen Parlament zu beobachtende Trend auch bei den Kreistags- und Kommunalwahlen in den kreisfreien Städten fort.

Die Wahlergebnisse der Kreistagswahlen und Kommunalwahlen in den kreisfreien Städten am 9. Juni zeigen deutlich einen Zugewinn an Stimmen – und zwar in allen Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die AfD angetreten ist. Mit dem Ergebnis Stadtkreis Pforzheim (21,98 Prozent, 9 von 40 Sitzen) gelingt es der AfD zum ersten Mal in Baden-Württemberg, in einem Stadtkreis die stärkste Kraft zu stellen. Die CDU als zweitstärkste Kraft erreichte mit 20,78 Prozent 8 Sitze). Die deutlichsten Stimmenzugewinne sind in Ravensburg (9,73 Prozentpunkte auf 9,73 Prozent - die AfD war vorher nicht angetreten), Tuttlingen (+9,07 Prozentpunkte auf 12,36 Prozent) sowie Ludwigburg (+8,79 Prozentpunkte auf 11,8 Prozent) zu verzeichnen. Nur wenig hinzugewinnen konnte die AfD in den kreisfreien Städten Heidelberg (+0,53 Prozentpunkte auf 5,55 Prozent), Freiburg (+0,93 Prozentpunkte auf 4,54 Prozent) und Stuttgart (+2,19 Prozentpunkte auf 8,28 Prozent).

Die schon bei der Bundestagswahl 2021 und der Wahl zum Europäischen Parlament beobachtbaren regionalen Unterschiede bestätigen sich auch hier: Es sind vor allem die kosmopolitisch geprägten Universitätsstädte sowie ihr Umland (vgl. insb. der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald mit einer Zunahme von 2,69 Prozentpunkten auf 7,57 Prozent), in denen die AfD mit ihren extrem rechten, völkisch-nationalistischen Positionen wenig erfolgreich ist.

Diese Polarisierung zeigt sich auch, wenn wir die Landkreise und kreisfreien Städte mit den höchsten und niedrigsten Gesamtergebnissen betrachten: Ihre besten Ergebnisse konnte die AfD in den kreisfreien Städten Pforzheim (21,98 Prozent) und Heilbronn (15,93 Prozent) sowie dem Zollernalbkreis (16,04 Prozent) erzielen.  In den Universitätsstädten Freiburg (4,54 Prozent), Ulm (5,13 Prozent), Heidelberg (7,55 Prozent) sowie dem universitär geprägten Landkreis Tübingen (4,56 Prozent) erzielte die AfD ihre schlechtesten Ergebnisse.

Statistisch auffällig ist dabei der negative Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und Stimmenanteil der AfD (r=-0,61; p=,001). Eine geringere Wahlbeteiligung geht mit einem höheren Ergebnis der AfD einher. Die AfD kann also insbesondere in den Kreisen reüssieren, in denen es den anderen Parteien nicht gelingt, ihre potentielle Wählerschaft zu mobilisieren und an die Wahlurnen zu bringen. Kurz: mangelnde Mobilisierung der demokratischen Parteien spielt der extrem rechten AfD in die Hände.

Das wichtigste nochmal in Kürze zusammengefasst:

  1. Die AfD gewinnt in allen Landkreisen und kreisfreien Städten an Stimmen hinzu. Besonders erfolgreich ist sie in Pforzheim, wo sie die stärkste Kraft im Stadtrat stellt.
  2. Es bestätigt sich, dass kosmopolitisch geprägte Universitätsstädte und ihr Umland resistenter gegenüber der AfD sind (siehe Strukturdaten).
  3. Eine geringe Wahlbeteiligung geht mit höheren Ergebnissen der AfD einher. Während die AfD hier ihr Wählerpotential ausschöpft, gelingt dies den anderen Parteien nicht.

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Baden-Württemberg hat gewählt – ein Blick auf die Ergebnisse der AfD bei den Wahlen zum Europäischen Parlament

Am 9. Juni fanden in Baden-Württemberg die Wahlen zum Europäischen Parlament und die Kommunalwahlen statt. Im Vorfeld wurde mit Blick auf Umfragen ein deutlicher Rechtsruck erwartet. Dieser trat mit deutlichen Stimmengewinnen der AfD bei der Europawahl ein. Sie legte bundesweit um 4,9 Prozentpunkte zu und kommt nunmehr auf 15,9% kommt. Sichtbar wird er auch in Baden-Württemberg, wo die AfD landesweit auf 14,7% kam. Während die AfD in Ostdeutschland in fast allen Landkreisen die stärkste Partei wurde, gelang ihr dies in Baden-Württemberg auf Kreisebene nicht, sondern in lediglich einer Gemeinde. Dabei gelang es ihr jedoch, in allen 1101 Gemeinden in Baden-Württemberg an Stimmen zuzugewinnen, zum Teil im deutlich zweistelligen Bereich. Die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament haben wir auf Gemeindeebene analysiert und kartographisch aufbereitet.

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Wo die extreme Rechte bei den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 9. Juni 2024 antritt

Stand 7. Juni 2024

Demokratie vor Ort – das ist die Besonderheit der Kommunalpolitik. Hier finden sich lokale Politiker*innen „zum Anfassen“ ebenso wie jene Themen, die den Alltag und das persönliche Lebensumfeld prägen: Politische Entscheidungen betreffen die Menschen vor Ort unmittelbar.
Bei den Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 werden in allen 1101 Kommunen in Baden-Württemberg die Gemeinde- und zum Teil auch die Ortschaftsräte gewählt. Dabei geht es um mehr als 19.000 Gemeinderats- und Ortschaftsratsmandate. Darüber hinaus wird in 35 Landkreisen der Kreistag gewählt. Hier stehen mehr als 2000 Sitze zur Verteilung an.

Das Wahlalter der Erstwähler*innen bei den anstehenden Kommunal- und Europawahlen wurde auf 16 Jahre abgesenkt. Bei den Kommunalwahlen dürfen Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft und Menschen mit einer EU-Staatsbürgerschaft wählen, wenn sie seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in der jeweiligen Gemeinde haben.

Neben den demokratischen Parteien, freien Listen und den Freien Wählern tritt auch die extrem rechte, in weiten Teilen offen völkisch-nationalistische und vom Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtsfest als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Alternative für Deutschland (AfD) (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aktenzeichen: 5 A 1216/22, 5 A 1217/22, 5 A 1218/22) an.
Auch wenn die Landesvorsitzenden der AfD, Emil Sänze und Markus Frohnmaier, die extrem rechte Partei für die Kommunalwahlen gut aufgestellt sehen (vgl. https://www.staatsanzeiger.de/nachrichten/politik-und-verwaltung/afd-landeschef-emil-saenze-wenn-wir-regieren-wird-es-nicht-lustig/), zeichnen die Zahlen doch ein anderes Bild. Denn die AfD ist weit davon entfernt, bei den Kommunalwahlen flächendeckend anzutreten.

Neben der AfD treten weitere Listen an, die dem extrem rechten Spektrum oder dem Lager der Verschwörungsideolog*innen zuzurechnen sind, wie der freie Journalist Lucius Teidelbaum am 5.6.2024 in der Kontext Wochenzeitung berichtete. Er unterscheidet extrem rechte, christlich-rechte, pandemieleugnende, migrantisch-nationalistische und sonstige Listen, die auf Gemeindeebene insgesamt etwa 30 Listen stellen und damit vergleichsweise marginal sind.
Nach Bekanntgabe der Ergebnisse der Kommunalwahlen werden wir eine detailliertere Analyse veröffentlichen.

Gerne stellen wir Ihnen die Karten in hoher Auflösung zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter: infospam prevention@irex.uni-tuebingen.de

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Strukturdaten

Die Erfolge extrem rechter Parteien verstehen und erklären zu können, ist die Grundvoraussetzung dafür, Formate zur Demokratiestärkung zu entwickeln. Dazu wurden in der Vergangenheit verschiedene Erklärungsansätze entwickelt und überprüft. Diese setzen meist auf der Ebene der Wähler*innen an, wie etwa der Ansatz der sozialen Deprivation oder der Ansatz der „Modernisierungsverlierer“. Auch wenn gesellschaftliche Entwicklungen ursächlich für diese Phänomene sind, werden sie meist auf der Ebene der Menschen, ihrer Einstellungen und Meinungen untersucht. Auch der Ansatz der gesellschaftlichen Konfliktlinien zwischen Kosmopolitismus und Kommunitarismus lässt sich so untersuchen. Ein zweiter Bereich der Analyse verwendet so genannte Strukturdaten, also Daten, die den Aufbau und die Organisation einer Gebietskörperschaft und deren Input und Output beschreiben.
In unserer Studie haben wir solche Daten auf Gemeindeebene verwendet, um die Erfolge der AfD in verschiedenen Bundesländern zu untersuchen. Dazu gehören beispielsweise Daten zur Soziodemographie der Einwohner*innen, zur Ökonomie, zur Infrastruktur und zu öffentlichen Finanzen. Mit unserer Analyse können wir zeigen, dass Strukturdaten bis zu einem gewissen Grad erklärungskräftig sind – wir können damit zwischen 13 und 27 Prozent der Varianz aufklären – ohne auf Einstellungen und Meinungen als erklärende Faktoren zurückgreifen zu müssen. Allerdings zeigt sich auch, dass es zum Teil deutliche regionale Unterschiede in den Erklärungsmodellen gibt. Es spielen also regional durchaus andere Dinge eine Rolle, die die Wahlentscheidung für eine extrem rechte Partei begünstigen. Auch zeigt sich, dass wir mehr Strukturdaten auf kommunaler Ebene benötigen, um bessere statistische Modelle erstellen zu können. Und nicht zuletzt müssen diese Analysen ergänzt werden durch Fallstudien, Befragungen und Beobachtungen vor Ort, um verstehen zu können, in welchen Lebenswelten die extreme Rechte erfolgreich mobilisiert und warum. Die ausführliche Diskussion der Stärken und Schwächen unserer Strukturdatenanalyse finden Sie hier.

Hier geht's zum Beitrag in der TAZ.

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