Terrestrische Paläoklimatologie

Sabine Kötter, Dipl. Biol.

Curriculum Vitae

2006-2013

seit 2012

seit 2014

Forschungsinteressen

Paläontologische Fundstellen stellen Schlüssellöcher in die Vergangenheit dar, durch die Aussehen, Dynamik und Organismen früherer Ökosysteme betrachtet werden können.

Allerdings besteht bei diesen Fundlokalitäten ein grundlegendes Problem: Pflanzenmakrofossilien und Tiere benötigen unterschiedliche Bedingungen, um erhalten zu bleiben. In Fundlagen mit einer reichhaltigen Vertebraten–Überlieferung bleibt die Pflanzenwelt in der Regel im Dunkeln und kann nur indirekt über die vorgefundene Faunenzusammensetzung oder deren Anpassungen an spezielle Vegetationstypen erschlossen werden.

Einen direkten Zugang zu der Vegetation selbst stellen anorganische Bildungen der Pflanzen dar: Phytolithe.

Wörtlich übersetzt sind Phytolithe ‚Pflanzen-Steine‘: mit 2-250µm mikroskopisch kleine, dreidimensionale, anorganische Mineralkörper (z.B. Siliciumdioxid, Calciumoxalat), die von vielen lebenden Pflanzen in Zellwänden, Zelllumina und Interzellularräumen gebildet und abgelagert werden. Größe und Gestalt dieser ‚Pflanzen-Steine‘ sind ausgesprochen divers. Dennoch ist die Gestalt der Phytolithe von besonderer Bedeutung: die Morphologie dieser anorganischen Körper scheint zu einem Teil genetisch determiniert und kontrolliert zu sein und kann somit als taxonomisch signifikant für eine bestimmte Pflanzenfamilie, -gattung oder sogar –art angesehen werden. Ein fossiler Phytolith kann somit einen direkten Hinweis auf das Vorkommen einer bestimmten Pflanzenfamilie, -gattung, oder -art darstellen. Die Zusammensetzung der aus Sedimenten isolierten fossilen Phytolithspektra kann folglich genutzt werden, um die lokale Pflanzengesellschaft näher zu bestimmen und einen Wandel in der Vegetation direkt nachzuweisen.

Als anorganische Bildungen sind Phytolithe gegenüber Verwesung und Verwitterung sehr resistent und bleiben nach ihrer Freisetzung aus dem Pflanzengewebe über lange Zeiträume identifizierbar erhalten. Sie werden zu Mikrofossilien der sie bildenden Pflanzen und stellen die ausdauerndsten der bisher bekannten Pflanzenfossilien dar.

Dank ihrer Zerstörungsresistenz können Phytolithe auch aus für die Pflanzenerhaltung ungünstigen – aber für Tierfossilien gut geeigneten – Sedimenten isoliert werden und so die erhaltungsbedingte Lücke der Pflanzenfossilien in Tierfundstellen schließen.


Während der Bildung der Phytolithe können Teile der Zellwand oder des Zellmaterials eingeschlossen werden. In einem solchen Fall ist es möglich, ‚occluded carbon‘ aus dem Phytolith-Inneren zu isolieren, eingeschlossener und daher vor weiterer Oxidation geschützter Kohlenstoff, der zur Datierung verwendet werden und Aufschluss über die δ13C–Werte und damit über den Photosynthese-Typus der Pflanze geben kann. Auch δ18O–Werte können mithilfe der Phytolithe ermittelt werden, da für die Bildung des Siliciumdioxids das von der Pflanze aufgenommene Bodenwasser verwendet wird.


Um fossile Phytolithe einer bestimmten Pflanzengruppe zuordnen zu können, wird ein rezenter Vergleich benötigt. Daher bildet, neben der Untersuchung fossiler Phytolithe, der Aufbau einer rezenten Phytolith–Vergleichssammlung einen Schwerpunkt dieses Projekts.


Von besonderem Interesse sind die Obermiozäne Vegetation sowie die Ausbreitung der C4-Gräser in diesem Zeitraum. Anhand von Fossilfundstätten im nahen Osten und in Südost-Europa sollen die Migration der C4-Gräser im Obermiozän verfolgt und mögliche Ursachen dieses grundlegenden Vegetationswandels näher beleuchtet werden.