Paläontologische Fundstellen stellen Schlüssellöcher in die Vergangenheit dar, durch die Aussehen, Dynamik und Organismen früherer Ökosysteme betrachtet werden können.
Allerdings besteht bei diesen Fundlokalitäten ein grundlegendes Problem: Pflanzenmakrofossilien und Tiere benötigen unterschiedliche Bedingungen, um erhalten zu bleiben. In Fundlagen mit einer reichhaltigen Vertebraten–Überlieferung bleibt die Pflanzenwelt in der Regel im Dunkeln und kann nur indirekt über die vorgefundene Faunenzusammensetzung oder deren Anpassungen an spezielle Vegetationstypen erschlossen werden.
Einen direkten Zugang zu der Vegetation selbst stellen anorganische Bildungen der Pflanzen dar: Phytolithe.
Wörtlich übersetzt sind Phytolithe ‚Pflanzen-Steine‘: mit 2-250µm mikroskopisch kleine, dreidimensionale, anorganische Mineralkörper (z.B. Siliciumdioxid, Calciumoxalat), die von vielen lebenden Pflanzen in Zellwänden, Zelllumina und Interzellularräumen gebildet und abgelagert werden. Größe und Gestalt dieser ‚Pflanzen-Steine‘ sind ausgesprochen divers. Dennoch ist die Gestalt der Phytolithe von besonderer Bedeutung: die Morphologie dieser anorganischen Körper scheint zu einem Teil genetisch determiniert und kontrolliert zu sein und kann somit als taxonomisch signifikant für eine bestimmte Pflanzenfamilie, -gattung oder sogar –art angesehen werden. Ein fossiler Phytolith kann somit einen direkten Hinweis auf das Vorkommen einer bestimmten Pflanzenfamilie, -gattung, oder -art darstellen. Die Zusammensetzung der aus Sedimenten isolierten fossilen Phytolithspektra kann folglich genutzt werden, um die lokale Pflanzengesellschaft näher zu bestimmen und einen Wandel in der Vegetation direkt nachzuweisen.
Als anorganische Bildungen sind Phytolithe gegenüber Verwesung und Verwitterung sehr resistent und bleiben nach ihrer Freisetzung aus dem Pflanzengewebe über lange Zeiträume identifizierbar erhalten. Sie werden zu Mikrofossilien der sie bildenden Pflanzen und stellen die ausdauerndsten der bisher bekannten Pflanzenfossilien dar.