Jule Janczyk
Doktorandin der Abteilung Allgemeine Pädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen.
Kritische Theoriebildung als spannungsreicher Prozess. Zur Problematik der Hierarchie zwischen Theoretiker*in und Erforschten (Arbeitstitel)
Kritische Ansätze haben in den letzten Jahren eine Reihe von Beanstandungen und Revisionen erfahren (vgl. Luhmann 1991; Latour 2004; Boltanski 2010; Rancière 2010). Die Erforschung von Herrschaftsverhältnissen scheint mitunter nicht mehr so einfach, da dieses Vorhaben nun selbst dem Verdacht ausgesetzt ist, ein Herrschaftsverhältnis zu etablieren: das zwischen Theoretiker*in und den erforschten Subjekten, zwischen vermeintlich ‚Allwissenden‘ und ‚Verblendeten‘ (vgl. Rancière 2012). Mein Dissertationsprojekt nimmt diese Situation zum Ausgangspunkt und lotet die Möglichkeiten einer emanzipatorischen Theoriebildung aus, die auf eine Auflösung dieses asymmetrischen Verhältnisses hinarbeiten möchte, ohne auf die potenziell ermächtigenden Werkzeuge von Analyse und Kritik zu verzichten. Unter Rückgriff auf Überlegungen Elias‘ behandle ich in diesem Zusammenhang das Phänomen der Emergenz sowie die Notwendigkeit der Abstraktion von alltäglichen Erfahrungen. Mit materialistischen Theoretikern wie Marx und Gramsci beleuchte ich den Erkenntnisvorgang als praktische Tätigkeit, die von gesellschaftlichen Strukturen gerahmt ist. Daraufhin betrachte ich die Modelle der immanenten Kritik nach Hegel und der Selbstreflexivität nach Bourdieu als Möglichkeiten der Entwicklung und des Lernens sowohl auf Seiten des/der Theoretiker*in als auch der Adressat*innen emanzipatorischer Theorie.