Umkämpftes Wissen, situierte Erkenntnis. Blicke hinter die Kulissen der Wissenschaft
Organisation: JProf. Dr. Ursula Offenberger, Prof. Dr. Augustin Kelava, Prof. Dr. Markus Rieger-Ladich, Methodenzentrum
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Obwohl es in der Wissenschaft stets Vertreterinnen und Vertreter gab, die auf die Grenzen des wissenschaftlichen Wissens hinwiesen und der Selbstüberhöhung des (männlichen) Erkenntnissubjekts skeptisch gegenüberstanden, blieben diese kritischen Stimmen lange Zeit eher randständig. Philosophen und Vertreter der empirischen Wissen-schaften nahmen über Jahrhunderte hinweg für sich in Anspruch, einen privilegierten Zugang zu Wahrheitsfragen zu besitzen. Furchtlos und frei von eigenen Interessen – so etwa Max Weber in seinem berühmten Vortrag über „Wissenschaft als Beruf“ –, bemühten sie sich darum, die Methoden der Erkenntnisgewinnung immer weiter zu verfeinern.Diese Ringvorlesung, die von Mitgliedern des Methodenzentrums der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät organisiert wird, lädt dazu ein, solche wissenschaftlichen Selbstbeschreibungen kritisch zu prüfen. Sie will mithin an jene erinnern, die sich der Selbstkritik der Wissenschaft verschrieben haben und dabei um ein angemessenes Verständnis von Objektivität, Wissenschaft und Verantwortung ringen. Die ökonomischen, politischen und weiteren vielfältigen Verstrickungen wissenschaftlicher Wissensproduktion werden in den Blick genommen und auf deren Folgen hin befragt. Nicht allein das Wissen ist umkämpft, auch die Methoden sind z. T. heftig umstritten, die Erkenntnis ist situiert – und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind keine souveränen Akteure. Die Beiträge rekonstruieren zunächst wichtige Etappen der wissenschaftlichen Selbstbeobachtung, bevor an ausgewählte wissen-schaftliche Kontroversen erinnert wird. Zum Abschluss gewähren Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Disziplinen in Form von Fallstudien einen Blick hinter die Kulissen ausgewählter wissen-schaftlicher Felder. Wissenschaftliche Forschung gerät als eine soziale Praxis in den Blick, der die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse eingeschrieben sind – und die es immer wieder gegen Instrumentalisierungen und Inanspruchnahmen in Schutz zu nehmen gilt.
Aufgezeichnete Vorlesungen
Radikalisierung der wissenschaftlichen Selbstkritik I - von Max Weber zu Donna Haraway
Vortrag von Prof. Dr. Markus Rieger-Ladich (Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Tübingen) am 29.10.2019
Radikalisierung der wissenschaftlichen Selbstkritik II: Von W.E.B. DuBois zu Cornel West
Vortrag von Prof. Dr. Astrid Franke (Englisches Seminar, Universität Tübingen) am 05.11.2019
Psychologie als Naturwissenschaft? Von Messfehlern und dem Versprechen der Objektivität
Vortrag von Prof. Dr. Augustin Kelava (Methodenzentrum, Universität Tübingen) am 19.11.2019
Messen vs. Deuten
Vortrag von Prof. Dr. Matthias Bauer (Englisches Seminar, Universität Tübingen) am 26.11.2019
Wo bleibt der Streit um die Volkswirtschaftslehre?
Vortrag von Jun.-Prof. Dr. Svenja Flechtner (Forschungsstelle Plurale Ökonomik, Universität Siegen) am 3.12.2019
Fairness durch künstliche Intelligenz in der Medizin? Positionen und Herausforderungen
Vortrag von Dr. Renate Baumgartner (Zentrum für Gender- und Diversitätsforschung, Universität Tübingen) am 10.12.2019
Zum Mehrwert von Bildern. Piktoriale Formen der Wissensvermittlung aus medienwissenschaftlicher Perspektive
Vortrag von Dr. Lukas Wilde (Institut für Medienwissenschaft, Universität Tübingen) am 17.12.2020
Leider kann die Aufzeichnung aufgrund technischer Probleme nicht aufgerufen werden.
Was bleibt von der Dekonstruktion? Ein Beitrag zur Literaturtheorie
Vortrag von Prof. Dr. Dorothee Kimmich (Deutsches Seminar, Universität Tübingen) am 7.01.2020
Lob methodischer Unordnung: eine ethische Perspektive
Vortrag von Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn (Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften, Universität Tübingen) am 14.01.2020
Warum wir in der Wissenschaft mehr Comics brauchen! Methodenkritische Überlegungen aus der Soziologie
Vortrag von Jun.-Prof. Dr. Ursula Offenberger (Methodenzentrum, Universität Tübingen) am 21.01.2020
Referentin: Sofia Kohler