100 Jahre 4. Mai Bewegung: Ereignis und Mythos
Zur Person
Prof. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik. Nach Studium der Sinologie, Japanologie und der Politischen Wissenschaften (1973-1978) in Bonn, Peking und Bochum Promotion im Fach Geschichte Chinas an der Ruhr-Universität Bochum 1982, Habilitation 1989. 1989-2002 Ordinaria für Moderne Sinologie an der Universität Heidelberg, dort Pro-Rektorin für Internationales 1999-2001. Seit 2002 Professorin für Sinologie an der Universität Wien, seit 2011 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2011-2015 Vize-Rektorin für Forschung und Nachwuchsförderung an der Universität Wien. Forschungsaufenthalte an der Peking University (1980), University of California, Berkeley (1984-1985), Tsinghua University, Peking (1987), Kyoto University (1992), Hong Kong University of Science and Technology (1987), University of California, Berkeley (1999), Brandeis University (2005), Chinese Academy of Social Sciences (2014) und an der Chinese University of Hong Kong (2018). Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Geschichtsschreibung im China des 20. Jahrhunderts, Geschichte Ostasiens im 19. und 20. Jahrhundert, Geschichte der VR China, Politik und Erinnerung an die Große Hungersnot (1959-1961) und die Kulturrevolution (1966-1976), Sozialpolitik und Umweltpolitik in der VR China.
Zum Vortrag
Die 4.Mai-Bewegung ist eng mit dem Gründungsmythos der Kommunistische Partei Chinas verbunden und zugleich ein Stachel im Fleisch ihrer Herrschaft. Denn auch jene Kräfte, die in China nach Reform, Demokratie und Modernität streben, berufen sich auf die 4.Mai-Bewegung. Die Protestbewegung auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989 fand 70 Jahre danach statt und wurde allenthalben als Demokratiebewegung interpretiert, weil sie sich auf die 4.Mai-Bewegung bezog.
In diesem Vortrag wird zunächst einmal aufgearbeitet, was nach unserem heutigen Stand der Kenntnis am 4.Mai 1919 eigentlich passiert ist und in welchem unmittelbaren Zusammenhang die Proteste standen. Dabei wird zur Diskussion stehen, ob und wenn ja, in welchem Ausmaße diese Bewegung als Beginn der Moderne in China qualifiziert werden kann. Dabei wird die Bewegung des 4.Mai zunächst in den Kontext der Reformbewegungen des späten 19.Jahrhunderts gestellt und mit der Revolution von 1911 verglichen. Zum Schluß geht es um die Einordnung des 4.Mai in die chinesische Geschichte des 20.Jahrhunderts. Es geht darum, die 4.Mai-Bewegung als Mythos zu dekonstruieren und eine Narrative der Relativierung des 4.Mai zu entwickeln.