Institut für die Kulturen des Alten Orients

Eine Jagd nach Rohstoffen? – Raummodelle in den RessourcenKulturen der nördlichen Peripherie Mesopotamiens

Teil-Projekt B07 des Sonderforschungsbereichs 1070 "RessourcenKulturen. Soziokulturelle Dynamiken im Umgang mit Ressourcen"

Projektleitung: Prof. Dr. Peter Pfälzner, Prof. Dr. Thomas Scholten (Bodenkunde)
Projektmitarbeiter: Dr. Paola Sconzo, Tobias Rentschler, Dr. des. Alexander Edmonds
Förderung seit 2013

Das Projekt untersucht die wesentlichen Ressourcen der nördlichen Rand- bzw. Nachbarregionen Mesopotamiens in einem diachronischen Ansatz. Dabei stand zunächst die Frage im Vordergrund, durch welche Ressourcen in diesen Gebieten – am Beispiel einer exemplarischen Untersuchungsregion in der Provinz Dohuk der Region Kurdistan im Irak (Survey-Projekt EHAS) – die Expansion der mesopotamischen Staaten angetrieben wurde und ob dies als eine 'Jagd nach Rohstoffen' angesehen werden kann, wie es in der Forschung bisher häufig dargestellt worden ist. Nachdem festgestellt wurde, dass Rohstoffe aus der Region keine maßgebliche, direkte Rolle für die Expansion der mesopotamischen Staaten spielten, wurden im weiteren Projektverlauf die identifizierten hauptsächlichen Ressourcen der Region – Wasser, Böden, Wege und Siedlungen – in das Zentrum der Untersuchungen gerückt und zu diesem Zweck eine interdisziplinäre Kooperation mit der Geographie aufgenommen. In diesem Rahmen wurden umfangreiche Untersuchungen der Böden um zahlreiche Siedlungen vorgenommen. Gleichzeitig wurde der systematische und intensive archäologische Survey der Untersuchungsregion (Projekt EHAS) zum Abschluss gebracht. Er resultierte in der Entdeckung und Dokumentation einer überraschend hohen Anzahl von über 500 Siedlungsplätzen bzw. archäologischen Fundstellen in dem 4400 km2 großen Gebiet. In Zusammenhang mit den Siedlungsplätzen wurden jeweils auch die anderen genannten Ressourcen intensiv betrachtet und kartiert.

Als bisheriges Ergebnis ist festzuhalten, dass es gelungen ist, die herausragende Rolle der genannten vier Ressourcen und deren Zusammenwirken in übergreifenden RessourcenKomplexen für die Region zu bestimmen. Darüber hinaus konnten die Veränderungen der dadurch aktivierten RessourcenGefüge über verschiedene Perioden hinweg, vom Neolithikum/Chalkolithikum bis in die Islamische Zeit, herausgearbeitet werden. Dabei fällt insbesondere die große Kontinuität der RessourcenKomplexe über lange Zeiträume hinweg auf, auch wenn sich an den Epochenübergängen die äußeren gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen und damit das RessourcenGefüge zum Teil erheblich veränderten. Dies äußert sich im Befund des archäologischen Surveys der Untersuchungsregion in auffälliger Weise durch strukturell über die Epochengrenzen hinweg gleichbleibende Siedlungssysteme. Diese geht einher mit der Beobachtung, dass sich eine regional höhere Bodenfruchtbarkeit in einer höheren Funddichte widerspiegelt.

Das weitere Ziel des Projekts besteht darin, die kennzeichnenden RessourcenKulturen der Region zu bestimmen. Dies soll durch eine Reihe von räumlichen Analysen erfolgen. Ziel ist es, die räumlichen Relationen zwischen den genannten Ressourcen zu modellieren und visuell darzustellen. Hierzu werden nacheinander und aufeinander aufbauend verschiedene methodische Tools eingesetzt: Wassermodellierungen, Bodenmodellierungen, Wegemodellierungen, Siedlungsmodellierungen, Landschaftsmodellierungen und schließlich die Modellierung von RessourcenKulturen.

Auf diese Weise sollen die charakteristischen Ressourcen-Konstellationen und deren Kontinuitäten und Diskontinuitäten ablesbar werden. Damit werden die beobachteten RessourcenKomplexe und RessourcenGefüge als Analysekategorien auf eine abstraktere Ebene gehoben, die es erlauben wird, zu beurteilen, ob die RessourcenKulturen der Region am nördlichen Rand Mesopotamiens über verschiedene, durch einschneidende politische, soziale und kulturelle Veränderungen und manchmal sogar durch Umwälzungen gekennzeichnete Perioden hinweg konstant blieben oder sich grundlegend veränderten.

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Aktenzeichen: INST 37/851-2

Veröffentlichungen:

Pfälzner, P. – Sconzo, P. (2915), with a contribution by I. Puljiz, First Results of the Eastern Ḫabur Archaeological Survey in the Dohuk Region of Iraqi Kurdistan. The Season of 2013, ZOrA 8, 90-122.

Pfälzner, P. – Sconzo, P. (2016), with contributions by R. Beutelschieß – A.J. Edmonds – B. Glissmann – S. Herdt – J. Hermann – S. Heydari-Guran – J. Köhler – M. Müller-Wiener – I. Puljiz – M. Sharp, The Eastern Ḫabur Archaeological Survey in Iraqi Kurdistan. A Preliminary Report on the 2014 Season, ZOrA 9, 10-69.

Jason T. Herrmann, Benjamin Glissmann, Paola Sconzo & Peter Pfälzner (2018), Unmanned Aerial Vehicle (UAV) Survey with Commercial-Grade Instruments: A Case Study from the Eastern Ḫabur Archaeological Survey, Iraq, Journal of Field Archaeology 43:4, 269-283.