Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

RESIK – Resilienz und Evakuierungsplanung für sozioökonomische Infrastrukturen im medio-sozialen Kontext

Organisatorische Konzepte zur Erhöhung der Resilienz des Pflegewesens

Das Projekt RESIK befasste sich mit der Resilienz der Krankenhausinfrastruktur in Krisen und Katastrophen. Ein zentrales Ziel der Projektforschung war die Erarbeitung von Voraussetzungen für eine vorübergehende Dezentralisierung der medizinischen Versorgungs- und Pflegestruktur im Falle einer Ausnahmesituation. Das Krankenhaus wurde dabei in seiner dreifachen Position betrachtet: Erstens ist es Ort der individualmedizinischen Versorgung. Zweitens werden Krankenhäuser spätestens seit der COVID-19-Pandemie auch in der breiten Öffentlichkeit als kritische Infrastruktur wahrgenommen. Schließlich sind Krankenhäuser drittens in aller Regel Unternehmen, die auf Wirtschaftlichkeit angewiesen sind.  RESIK analysierte dieses komplexe Geflecht in der Modellregion Krefeld.

   

       

Projektbeschreibung

Die COVID-19-Pandenmie rückte Krankenhäuser verstärkt in den Fokus gesellschaftlicher Sicherheitsdebatten. Die Funktionsstörung des Krankenhausbetriebs angesichts unerwarteter und irregulärer Umstände stellte eine strukturelle Gefahr für moderne Gesellschaften dar. Im Zentrum der Debatten standen nicht selten Fragen nach einem angemessenen Umgang mit Versorgungskapazitäten, aber auch nach Sicherheitsvorkehrungen und der gerechten Verteilung von Gütern. Die Folgen der COVID-19-Pandemie verdeutlichten damit den Stellenwert der Aufrechterhaltung der Gesundheitsinfrastruktur für den Bevölkerungsschutz. Neben der stetigen Verbesserung der Organisation medizinischer Normalversorgung bedarf es der vorausschauenden Planung für die komplexen Folgen eines Ausnahmezustandes – ganz gleich ob dessen Ursache in der externen Überforderung der Infrastruktur oder in deren eigenen zeitweiligen Ausfall  besteht.

Diesem Gedanken der Planung für das Außerplanmäßige sah sich RESIK verpflichtet. Das Projekt sah sich als Beitrag zum Aufbau und zur Sicherstellung einer leistungsfähigen, kontinuierlichen und essentiellen Funktionsfähigkeit von Krankenhäusern in Krisensituationen. Berücksichtigt wurden dabei sowohl krisenhafte Entwicklungen innerhalb des Krankenhauses als auch mögliche Evakuierungsszenarien.  Vor diesem Hintergrund wurde das Krankenhaus gleichermaßen als Ort individualmedizinischer Behandlung, als kritische Infrastruktur aber auch als auf Wirtschaftlichkeit angewiesenes Unternehmen betrachtet. Krankenhäuser bilden somit einen Knotenpunkt für ein Netzwerk aus diversen Akteur*innen des Gesundheitswesens sowie der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Das Projekt RESIK analysierte dieses komplexe Geflecht in der Modellregion Krefeld, beforschte vorhandene krisenspezifische Vulnerabilitäten und entwickelte Strategien zur Erhöhung der Resilienz von Krankenhäusern als zentralem und gleichermaßen vielschichtigem Teil der Gesundheitsinfrastruktur.

Diese dreifache Rolle des Krankenhauses als Infrastruktur wurde hinsichtlich ihrer Bedeutung für vorherrschende Muster der Beachtung und Nichtbeachtung von Krankenhausalarm- und -einsatzplänen (KAEP) analysiert. Für diese Analyse wurde eine Interviewreihe mit Beteiligten aus Krankenhäusern, aber auch aus Organisationen des Bevölkerungsschutzes geführt. Hierbei konnte eine Bandbreite an Gründen für eine Nichtbeachtung von KAEP identifiziert werden:

  • Psychologische und persönliche Gründe
  • Wirtschaftliche Gründe
  • Organisatorische Gründe
  • Kommunikationsgründe
  • Institutionelle Gründe

 

Zweitens befasste sich das Teilvorhaben mit der ethischen Evaluation der Projektforschung. Hierfür wurden die nachfolgenden fünf ethischen Evaluationskategorien identifiziert (eine detailliertere Ausführung findet sich im Teil II des Berichts), die Grundlage der weiteren normativen Reflexion der Projektarbeiten waren:

  1. Freiheit und Sicherheit
  2. Privatheit und Autonomie
  3. Verantwortung
  4. Verteilungsgerechtigkeit
  5. Partizipative Gerechtigkeit

 

Diese Kategorien wurden entlang der drei Konfliktlinien (1) Alltag und Krise, (2) organisatorische Hierarchien und (3) Individuum und Gesellschaft kontextualisiert. Hieraus ergab sich schließlich eine ethische Evaluationsmatrix, die dem Konsortium im Rahmen eines Workshops vermittelt wurde, die aber auch Ausgangspunkt der ethischen Beteiligungen am Drehbuchprozess zur Planung der im Projekt angelegten Stabsübung sowie der ethischen Evaluation der Durchführung dieser Übung war.

Im Rahmen des Teilvorhabens wurde somit eine eigene interdisziplinäre Projektforschung durchgeführt, indem es das Krankenhaus als Infrastruktur betrachtete und qualitative, semi-strukturierte Interviews durchführte. Es leistete aber auch einen Reflexionsprozess der übrigen Projektarbeiten und sorgte damit als Teil einer integrierten Forschung für eine kontinuierliche Betrachtung der ethischen Perspektive innerhalb der transdisziplinären Projektforschung.

Zentrale Forschungsergebnisse des Gesamtverbunds können in der vom Generalsekretariat  des Deutschen Roten Kreuzes herausgegebenen Publikation Resiliente Krankenhausinfrastrukturen nachgelesen werden.