Institut für Angewandte Physik

Kohlenstoff-Nanoröhren

Kohlenstoffnanoröhren: Allgemeines

Kohlenstoffnanoröhren (engl. Carbon Nanotubes, kurz CNTs) bestehen aus einer aufgerollten Graphenschicht, die je nach Aufrollrichtung des hexagonalen Graphengitters verschiedene elektrischen Eigenschaften haben: entweder halbleitend oder metallisch leitend. In unserer Anlage am Institut für Angewandte Physik (IAP) werden CNTs aus der Gasphase synthetisiert und können im elektrischen Feld, im Plasma oder im Gasfluss nahezu beliebig ausgerichtet werden.
Wegen ihres großen Aspektverhältnisses und ihrer großen Oberfläche können CNTs für verschiedene Anwendungen, die hier vorgestellt werden, genutzt werden.

Schema einer CNT, Quelle: sciencephoto.com

Niedertemperaturwachstum von CNTs

CNTs eignen sich aufgrund ihrer großen Oberfläche hervorragend als Elektrodenmaterial. Ihre optimale Wachstumstemperatur beträgt allerdings über 700 °C, was für viele flexible isolierende Materialien, wie zum Beispiel Kunststoffe, zu hoch ist. Materialien, die diese Temperaturen aushalten, sind Keramiken oder Quarzglas, die allerdings spröde und unflexibel sind.
Daher erarbeiten wir Wachstumsprozesse, die bei einer Temperatur unter 400 °C funktionieren.

CNT-Bündel, auf einer strukturierten Oberfläche bei 550 °C gewachsen

CNTs als Elektrodenmaterial für neuronale Anwendungen

Elektroden aus CNTs eignen sich aufgrund ihrer guten elektrochemischen Eigenschaften, chemischen Inertheit und hohen inneren Oberfläche zur Langzeitaufzeichnung und -stimulation elektrischer Zellaktivität sowie zur Messung biochemischer Größen ("Hirnchemie"). In Zusammenarbeit mit dem Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) in Reutlingen werden CNTs direkt auf Mikroelektrodenarray-Substraten synthetisiert und sowohl elektrochemisch, als auch unmittelbar in neuronalen Zellkulturen charakterisiert.

CNT-Elektrode mit 30 μm Durchmesser
und ca. 4 μm Höhe

Carbon-Nanofibers zur Detektion von Atomen

Mehrwandige CNTs lassen sich im Plasma (PECVD-Prozess) freistehend und senkrecht zum Substrat herstellen. Durch ihr hohes Aspektverhältnis lässt sich ein elektrisches Feld an ihren Spitzen verstärken. Diese Feldüberhöhung kann genutzt werden, um Atome zu ionisieren und zu detektieren. Mit bestimmten Anordnungen von CNTs lassen sich z.B. deren Wechselwirkungen mit ultrakalten Atomen untersuchen. Um die dafür benötigten hohen und spitzen mehrwandigen CNTs zu erhalten, werden am IAP geeignete Wachstumsprozesse erforscht.


Freistehende mehrwandige CNTs
auf Siliziumoxid, bei 800 °C gewachsen

CNTs als Elektronenquelle

Bei dieser Anwendung wird das hohe Aspektverhältnis der CNTs genutzt. Es soll eine miniaturisierte Elektronenquelle mit CNTs hergestellt werden, die komplett in einen Chip integriert ist. Auf Grund des hohen Aspektverhältnisses entsteht an der Spitze der CNT ein sehr hohes elektrisches Feld. Dadurch ist es möglich, mit geringen Spannungen (wenige 10 V) freie Elektronen durch Feldemission zu erhalten.

CNT-Feldemitter

Transistoren aus CNTs

Es sollen Transistoren aus CNTs mit n- und p-Charakteristik hergestellt werden, deren Kenndaten mindestens denen von modernen Si-MOSFETs entsprechen. Das Wachstum der CNTs erfolgt gezielt auf dem Substrat, wobei die Wachstumsrichtung durch über Mikroelektroden erzeugte E-Felder parallel zur Oberfläche vorgegeben wird.

Schematischer Aufbau eines CNT-Transistors