Um in Nährstoff-limitierten Habitaten zu überleben, haben Mikroorganismen sowohl Mechanismen der Kooperation, wie auch der Kompetition evolviert. Die Summe aller miteinander assoziierten Mikroorganismen in einem Habitat bezeichnet man als Mikrobiom. Solche mikrobiellen Gemeinschaften bilden integrale Netzwerke, welche permanent durch biotische und abiotische Faktoren gestört werden. Dies bedingt eine ständige Anpassung und Rekalibrierung der Mikrobiellen Interaktionen innerhalb der Gemeinschaft. Eine Schlüsselrolle für das Verständnis der Stabilität solcher dynamischen Netzwerke spielen sogenannte mikrobielle „hubs“. Dieser Begriff beschreibt Mikroorganismen, die eine zentrale Rolle innerhalb eines Netzwerks spielen und daher von übergeordneter Bedeutung für die Ausbildung einer mikrobiellen Gemeinschaft sind. Hubs, deren Vorhandensein essentiell für die Entstehung und Stabilität einer Artengemeinschaft ist, bezeichnet man als Schlüsselorganismen oder Keystone-species, wobei die keystoneness ein Maß dafür ist, disproportionale Effekte einzelner Organismen auf die Gemeinschaft zu messen. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass insbesondere antagonistische Mikroorganismen, bzw. deren negative Interaktionen stabilisierend auf mikrobielle Gemeinschaften wirken.
In Wild-Populationen der Modelpflanze Arabidopsis thaliana haben wir in Vorarbeiten Oomyceten der Gattung Albugo als zentralen hub identifiziert. Dieser hub wird allerdings entscheidend von zwei zu den Basidiomyceten gehördenden Hefen beeinflusst. Während die Gattung Dioszegia das Wachstum von Albugo laibachii auf Pflanzen fördert, inhibiert eine Hefe der Gattung Moesziomyces dieses. Weiterhin konnten wir in Vorarbeiten zeigen, dass Moesziomyces auch mehrere Isolate des bakteriellen Mikrobioms der Phyllosphäre von A. thaliana inhibiert. Aus diesen Beobachtungen schließen wir, dass die zu der Klasse der Ustilaginomyceten gehörenden Hefen wie Moesziomyces eine zentrale Funktion bei der Bildung der mikrobiellen Gemeinschaft von A. thaliana besitzen und somit Keystone-species darstellen. Um diese Hypothese zu testen, haben wir mit der Erstellung einer umfassenden Hefe-Sammlung von A. thaliana Blättern begonnen. Für Moesziomyces haben wir durch Genomsequenzierung und Annotation, sowie durch Etablierung eines Transformationssystems die Voraussetzung für funktionelle genetische Analysen geschaffen.
Um die Interaktionen der ustilaginomyceten Hefen innerhalb des Mikrobioms zu analysieren, werden wir die in natürlichen Habitaten mit A. thaliana assoziierten mikrobiellen Populationen im zeitliche Verlauf erfassen und in gerichteten Netzwerken rekonstruieren. Mittels der Kombination aus Rekonstruktion mikrobieller Netzwerke, der Genomanalyse identifizierter Keystone-Isolate, sowie einer umfassenden Transkriptionsanalyse von Moesziomyces in distinkten mikrobiellen Interaktionen, werden wir funktionell relevante Kandidatengene der Hefe identifizieren. Mittels reverser-genetischer Ansätze werden wir modifizierte Hefen erzeugen, um den Einfluss identifizierter Gene in synthetischen mikrobiellen Gemeinschaften zu untersuchen und somit mechanistische Einblicke in die molekularen Grundlagen mikrobieller Netzwerke erlangen.