Während die südostasiatischen Staaten selbst gerne die Zentralität der Association of Southeast Asian (ASEAN) in den internationalen Beziehungen der Region beschwören, stellt sich die Frage, ob die Geschicke Südostasiens nicht längst vom Nachbarn China bestimmt werden. Sollte der vielzitierte „Aufstieg Chinas“ Realität werden (oder bereits sein), ist anzunehmen, dass er sich zunächst und am deutlichsten in der unmittelbaren Peripherie abbildet. Bereits seit den frühen 1990er Jahren bemühte sich Peking um eine Intensivierung der Beziehungen mit der ASEAN und ihren Mitgliedsstaaten. Diese Ansinnen verstärkte sich im vergangenen Jahrzehnt mit der „charm offensive“ und fand seinen ersten konkreten Niederschlag in der seit 2010 bestehenden China-ASEAN Freihandelszone. 2013 verkündete der Partei- und Staatschef Xi Jinping den Aufbau eines „Seidenstraßen-Wirtschaftsgürtels“ und einer „maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts“. Mit einem Gesamtvolumen von mindestens einer Billiarde US Dollar plant China das größte Infrastrukturprojekt der Geschichte, mit dem ganz Eurasien in einen gigantischen Wirtschaftskorridor integriert werden soll. Einer der Hauptprofiteure wäre Südostasien. Gleichzeitig sind jedoch einige ASEAN-Staaten, vor allem Vietnam und die Philippinen, mit China in einen erbitterten Disput um Souveränitätsansprüche im Südchinesischen Meer verwickelt. Das Seminar vermittelt ein differenziertes Bild des Einflusses Chinas in Südostasien und folgt der These, dass sich trotz deutlicher Hegemoniebestrebungen (noch) keine Pax Sinica in der Region abzeichnet.