Tamara Maria Matuz
Dissertationsprojekt
Betreuungsstrategien für schwerstgelähmte Patienten: empirische Ethik und neurowissenschaftliche Ansätze
Menschen, die unter verschiedenen unheilbaren neurodegenerativen Krankheiten leiden, sind früher oder später mit der Entscheidung über ihr Lebensende konfrontiert. Das ist eine typische Situation für Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose. Amyotrophe Lateralsklerose ist eine Motorneuronerkrankung, bei der eine Schädigung des ersten und zweiten motorischen Neurons im motorischen Kortex und Rückmark eintritt. Klinisch finden sich eine zunehmende Lähmung des gesamtes Körpers, Sprech- und Schluckstörungen sowie Ateminsuffizienz. Wenn die Atemmuskulatur ausfällt, ist die invasive Beatmung über ein Tracheostoma notwendig, um weiter leben zu können. Dann müssen sich die Patienten entscheiden, ob sie weiter leben und invasive Beatmung akzeptieren, oder sterben wollen. Gewöhnlich übernehmen Patienten die Einstellungen von Ärzten und Angehörigen bei der Entscheidung am Lebensende. Weil die Ärzte und die Angehörigen häufig annehmen, dass die Lebensqualität schwerstgelähmter Patienten schlecht sei, fällt Ihre Einstellung bei der Entscheidung über das Lebensende häufig zugunsten des Todes aus.
Vor diesem Hintergrund leite ich die folgenden Hypothesen ab: ich sage voraus, dass die Entscheidung eines ALS-Patienten für oder gegen die invasive Beatmung abhängig von ihrer erfahrenen und vorweggenommenen Lebensqualität ist, wenn sie unvoreingenommen über den Verlauf der Krankheit und über die Behandlungsmöglichkeiten informiert und nicht durch die persönliche Einstellung der Ärzte und Angehörigen beeinflusst werden. Ich nehme weiter an, dass, wenn Patienten eine gute Lebensqualität erfahren oder vorwegnehmen, sie sich mit größerer Wahrscheinlichkeit für die invasive Beatmung entscheiden werden. Schließlich sage ich voraus, dass die Lebensqualität, als ein Indikator der psychosozialen Anpassung, durch das Zusammenwirken mehrerer Variablen: Krankheitsparameter, Bewältigungsressourcen (soziale Unterstützung), Bewältigungsverhalten und kognitive Bewertung der stressvollen Situation bestimmt wird.
Zur Person
Studium der Psychologie an der "Babes-Bolyai University", Cluj Napoca, Romania. Abschlussarbeit: "Ethnical differences in the use of coping mechanisms in Romanian, Hungarian and Roma children". Während des Studiums Anstellung als Grundschullehrerin. Im Anschluß an das Studium 6 monatige Arbeit als Kinderpsychologin. Ab April 2004, Ph.D-Studentin im Institut für Medizinische Psychologie und Behaviorale Neurobiologie der Universität Tübingen. Von 10/2004 bis 09/2007 Stipendiatin im Graduiertenkolleg Bioethik. Im Anschluss folgte ein Forschungsaufenthalt im Department of Obstetrics and Gynecology, SARA Research Center, University of Arkansas for Medical Sciences (UAMS). Seit 2008 Wissenschaftliche Mitarbeitern am Institut für medizinische Psychologie der Universität Tübingen.
Kontakt
Universität Tübingen Institut für medizinische Psychologie
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Tel: 07071 / 29-78295
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