Die Aufgabenfelder umfassen die Bereiche Wissenschaft, Praxis und Öffentlichkeit.
Unterrichtsforschung, -evaluation und -entwicklung
Der Islamische Religionsunterricht, der seit 1999 als Modell- oder Schulversuch in einigen Bundesländern eingeführt wurde, ist im Begriff, sich als reguläres Fach zu etablieren. In diesem Entwicklungsprozess spielen die Fragen der Qualitätssicherung und der Bestimmung von Qualitätskriterien die entscheidende Rolle für die Weiterentwicklung des Faches. Bislang stand im Rahmen von wissenschaftlichen Evaluationen des Islamischen Religionsunterrichts die bedeutsame Frage nach der Akzeptanz und Integrationswirksamkeit im Fokus.
Der Islamische Religionsunterricht als relativ junges Fach steht vor der Herausforderung, die Qualität des Unterrichts, die Curricula, die Eignung der Lehrmittel und Unterrichtsmaterialien, die theologische und pädagogische Professionalität der Lehrkräfte, die Auswirkungen des Unterrichts auf die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Haltungen und Einstellungen der Schüler*innen sowie sonstige Effekte des Unterrichts empirisch zu erheben, um sicherzustellen, dass sie einen Beitrag zur Bildung leisten und der Lebenssituation junger Muslim*innen in Deutschland gerecht werden. Aufgabe des Forschungsinstituts ist es, diesen Prozess kontinuierlich wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren, um damit einen entscheidenden Beitrag zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung des Unterrichtsfachs zu leisten.
Im zweiten Schritt müssen die Ergebnisse der empirischen Unterrichtsforschung Eingang in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der muslimischen Religionslehrer*innen finden. Für die Qualität des Islamischen Religionsunterrichts ist die Qualität der Ausbildung von Religionslehrkräften entscheidend. Dabei geht es um die Frage, welche konkreten Kompetenzen in der Zeit der ersten Phase (Studium) über die zweite Phase (Referendariat) bis hin zur dritten Phase (Fort- und Weiterbildung) erworben, entwickelt und gefestigt werden sollen. Im Unterschied zu den Standards für die Lehrer*innenausbildung, die die beiden großen Kirchen auf religionspädagogischer Grundlage verfasst haben und die in die Vorgaben der Kultusministerkonferenz eingegangen sind, gibt es auf muslimischer Seite noch keine entsprechenden Standards. Die muslimische Religionslehrer*innenbildung muss eine Qualität erreichen, die mit der Lehre*innenbildung aller anderen Fächer auf Augenhöhe steht. Für dieses Ziel sind Standards für die Ausbildung und die Professionalität von muslimischen Religionslehrkräften in besonderem Maße notwendig. Das Forschungsinstitut setzt sich zum Ziel, auf der Grundlage von empirischen Forschungen und bildungstheoretischen Überlegungen, die die gesamtgesellschaftlichen Voraussetzungen einer stark pluralisierten Gesellschaft in den Blick nehmen, solche Standards zu entwickeln und in die Ausbildung einzuspeisen.
Interreligiöse Kooperation
Die drei Tübinger Religionspädagogiken (evangelisch, katholisch, islamisch) kooperieren bereits seit geraumer Zeit sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Im Bereich der Lehre wird jedes Wintersemester ein gemeinsames Seminar angeboten, das sich verschiedenen religionspädagogischen Themen widmet, die aus den drei unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Die Studierenden erhalten die Chance, in einen intensiven Austausch mit ihren Kommiliton*innen einzutreten und dabei Religionsunterricht zu planen und zu gestalten. Zudem können sie entweder interreligiöse Unterrichtseinheiten an einem Gymnasium in Tübingen beobachten und auswerten oder selbst eine interreligiöse Unterrichtseinheit an der Schule durchführen und analysieren. Von den interreligiösen Seminaren und Unterrichtseinheiten profitieren die Studierenden enorm für ihre zukünftige praktische Tätigkeit in einer Gesellschaft, die durch kulturelle und religiöse Vielfalt geprägt ist. Allerdings steckt die interreligiöse Kooperation im Religionsunterricht noch in den Kinderschuhen. Seine wissenschaftliche Begleitung und Weiterentwicklung wird Aufgabe dieses Forschungsinstituts in Kooperation mit den Schwesterinstituten EIBOR und KIBOR sein. Im Bereich der Forschung werden gemeinsame empirische Projekte geplant und durchgeführt, die für die interreligiöse Bildung und Verständigung grundlegend sind. Ein Bereich, in dem aktueller Forschungsbedarf besteht, wäre beispielsweise die Herausforderung durch Intoleranz und Antisemitismus an Schulen.
Fort- und Weiterbildung
In Abstimmung und ggf. Kooperation mit den Schwesterinstituten EIBOR und KIBOR sowie den pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg werden Fort- und Weiterbildungen in unterschiedlichen Formaten durchgeführt. Studientage, Symposien, Fachtagungen und Kongresse wenden sich an Lehrkräfte, Erzieher*innen, Studierende, Multiplikator*innen und wissenschaftlich Arbeitende in diesem Bereich.
Beratung, Begleitung
Viele aktuelle Probleme der Schüler*innen reichen weit über den schulischen Bereich im engeren Sinne hinaus in das soziale und familiäre Umfeld und allgemein in ihre alltägliche Lebenswirklichkeit. Daher sind auch in religionsbezogenen sozialpädagogischen Handlungsfeldern die empirischen Erkenntnisse und theoretischen Überlegungen des Forschungsinstituts von großem Nutzen. Das Institut bietet deshalb unterschiedliche Formen der Beratung, Begleitung und Fortbildung auch über den engeren schulischen Kontext hinaus für alle Personenkreise an, die in diesen Feldern betreuend und beratend tätig sind, also beispielsweise Erzieher*innen, Seelsorger*innen, Mitarbeiter*innen in der Jugendhilfe, (Schul-)Sozialarbeiter*innen, etc.