Wohnen – gutes Leben – Gerechtigkeit

62. Band des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften

Der 62. Band des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunktthema "Wohnen – gutes Leben – Gerechtigkeit" ist erschienen. Die Beiträge untersuchen soziale und räumliche Ungleichheiten des Wohnens und diskutieren wohnungspolitische Maßnahmen zur staatlichen Gewährleistung des Rechts auf Wohnen. Matthias Möhring-Hesse ist in dem Jahrbuch mit einem Beitrag zu "Das Gemeingut Wohnen und die gemeinnützige Wohnungsversorgung" vertreten. Das Jahrbuch ist im Open Access und online verfügbar.

Der 62. Band des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften ist dem Schwerpunktthema Wohnen – gutes Leben – Gerechtigkeit gewidmet. In gerechtigkeitstheoretischer Perspektive werden spezifische Formen von sozialer und räumlicher Ungleichheit des Wohnens in den Blick genommen und wohnungspolitische Maßnahmen zur staatlichen Gewährleistung des Rechts auf Wohnen diskutiert. Angesichts sich verändernder Segregationsdynamiken geht es unter dem Vorzeichen von Beteiligungsgerechtigkeit um Fragen von Exklusion, Partizipation und Repräsentation in der Wohnraumentwicklung. Gesellschaftliche Aushandlungsprozesse fairer Bedingungen guten Wohnens sind Anzeichen dafür, dass auch über das Spannungsverhältnis zwischen Gemeinwohl- und Partikularinteressen neu nachgedacht werden muss. Schließlich ist Wohnen als sozialethische Frage auch im Anwendungsfeld nachhaltiger Entwicklung zu konkretisieren und findet Ausdruck in der Bestimmung des Wohnens als Menschen- bzw. Grundrecht. Der Band profiliert das Querschnittsthema „Wohnen“ als sozialethisch relevante Größe im interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs und bereitet es zugleich für weitere Diskussionszusammenhänge in Wissenschaft und Praxis auf.


Friedensethik und Geopolitik

Ethik und Gesellschaft Nr. 2 2021

Seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat sich in vielen christlichen Kirchen das Konzept des Gerechten Friedens als friedensethisches Leitbild etabliert. In der Bundesrepublik Deutschland ist es in der Nachfolge der Ostermarschbewegung, die sich gegen die nukleare Rüstung im 'kalten Krieg' gewandt hatte, spätestens mit der 'Ökumenischen Versammlung für Frieden, Gerechtig­keit und die Bewahrung der Schöpfung' in Dresden 1989 zu einem zentralen friedensethischen Topos geworden, der sich auch in offiziellen kirchlichen Verlautbarungen - so dem Wort 'Gerechter Friede' der deutschen Bischöfe von 2000 oder der EKD-Denkschrift 'Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen' von 2007 nieder­geschlagen und erhebliche Wirkung erzielt hat. Zentral ist für dieses Konzept der Vorrang gewaltfreier Konflikt-bearbeitung, ein bedingter Pazifismus, der - etwa in der EKD-Denkschrift - die Form einer Bemühung um Frieden durch Recht annimmt, politisch stark auf das Menschen­rechtsregime der Vereinten Nationen setzt und mit dem Konzept der 'rechtswahrenden Gewalt' auch den innerstaatlichen Gewaltumgang zu erfassen sucht, militärische Gewaltanwendung auf Ausnahmesituationen beschränkt und letztlich jeden Gewaltumgang als problematisch kennzeichnet.

Geopolitisch freilich hat sich die Welt gewandelt: Der 'kalte Krieg' wurde nicht durch ein UN-gestütztes Völker­rechtsregime, sondern ein multipolares Szenario abgelöst, in dem politisch sehr unterschiedliche verfasste Akteure mit sehr unterschiedlichen Interessen agieren und wirtschaftliche Machtzentren neben atomar-militärischen um regionale Hegemonie und globale Anteile konkurrieren. Neben die Herausforderungen des atomaren Zerstörungspotentials sind Bedrohungen durch den Einsatz autoregulativer Waffensysteme oder durch Cyberangriffe getreten, in denen jeweils zivile und militärische Zuständigkeiten verschwimmen. Zudem verschärfen die Folgen des Klimawandels Interessen­konflikte um fruchtbares Land, katastrophensichere Gebiete und Ressourcen wie Wasser oder Bodenschätze.

Der auch innerkirchlich kontroversen Frage, wie Christinnen und Christen des globalen Nordwestens mit dieser Situation umgehen sollen, hat die Evangelische Kirche in Deutschland nicht nur eine spezielle Synode, sondern auch einen mehrjährigen Konsultationsprozess gewidmet. Grund genug, dieser Frage auch im Rahmen einer Ausgabe der Ethik und Gesellschaft in interdisziplinärer Perspektive nachzugehen.

Mit Beiträgen von Peter Rudolf, Wolfgang Huber, Bernhard Koch, Julian Zeyher-Quattlender, Max Weber und Nicole Kunkel.

Die Ausgabe 2/2021 finden Sie hier.


Homeoffice: Potemkinsches Dorf oder Heiliger Ort?

Michael Brugger hat für den Anzeiger für die Seelsorge eine sozialethische Begehung des Homeoffice durchgeführt. Er zeigt darin die arbeitsrechtlichen Grauzonen und individuellen Ambivalenzen der Arbeit zuhause auf und nutzt die Analogie des Heiligen Ortes um Strategien zur politischen Ordnung zu skizzieren.

Verfügbar ist der Artikel hier.


Pragmatik christlicher Heilshoffnung unter den Bedingungen der Säkularität

Zugänge zu einer differenzsensiblen Pragmatik erfahrungsbezogener Theologie

 

Möhring-Hesse, Matthias (2021): Eindeutig eine «Geschichte der Menschen». Zur Pragmatik des christlichen Immanenzglaubens, in: A. Kreutzer / S. Loiero / M. Möhring-Hesse / A. Odenthal (Hg.), Pragmatik christlicher Heilshoffnung unter den Bedingungen der Säkularität. Zugänge zu einer differenzsensiblen Pragmatik erfahrungsbezogener Theologie, Bastel / Berlin: Schwabe Verlag, S. 275-303.

 

Was macht Sinndeutungen für Menschen relevant? Einem pragmatischen Ansatz zufolge werden sie bedeutsam, wenn sie dabei helfen, auf situative Herausforderungen einzugehen und diese im Handeln zu bewältigen. Auch die christliche Heilshoff nung entfaltet also dann ihre Relevanz, wenn sie sich in einer befreienden Praxis bewahrheitet, die allen Men-schen – ob glaubend oder säkular – zugänglich ist. Dieser Band bietet verschiedene erfahrungshermeneutische Zugänge zu diesem pragmatischen Ansatz. Sie ermöglichen diff erenz-sensible Überlegungen zu menschlicher und religiöser/glau-bender Sinndeutung, Sinngebung und Sinngenerierung unter säkularen Vorzeichen und zeigen pragmatische Refl exions- und Interpretationswege auf, die um die kritisch-produktive Relevanz des christlichen Propriums vom «Deus Humanis-simus» (Edward Schillebeeckx) ringen.

Nähere Informationen auf der Verlagsseite.


Pandemie-Nach-Denken

Ethik und Gesellschaft Nr. 1 2021

Seit dem Frühjahr 2020 begleitet das SARS-CoV-2 Virus uns Menschen – oder genauer: Seither wissen wir Menschen davon. Man zählt inzwischen (Stand: 09.08.2021) die »vierte Welle« der Pandemie und hat es bislang mit vier besorgniserregenden (»variants of concern«) und vier unter Beobachtung stehenden Mutanten (»variants of interest«) zu tun. In kurzer Zeit wurden wirksame Impfstoffe erfunden und Impfkampagnen aufgezogen. In Deutschland und in anderen reichen Gesellschaften hat sich bereits ein hoher Anteil der Bevölkerung impfen lassen. Vorbei ist die Pandemie deshalb aber noch lange nicht. Dennoch erlaubt sich »Ethik und Gesellschaft« mitten in der Pandemie innezuhalten und auf die Zeit seit dem Frühjahr 2020 zurückzuschauen und über die Pandemie, vor allem aber die Pandemiebewältigung nachzudenken.

Seit bald eineinhalb Jahren müssen die Verantwortlichen in den Regierungen, in den Einrichtungen und den Betrieben, im Staat, in der Wirtschaft, in den Kirchen und in den Wissenschaften und anderswo schwerwiegende und schnelle Entscheidungen treffen – unter Unsicherheit, bei sich ständig veränderndem Kenntnisstand über SARS-CoV-2 und dessen Infektionswege, unter hohem Handlungs- und Entscheidungsdruck, bei begrenzten Ressourcen. Es galt zunächst v.a. die Pandemie zu managen, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten, die öffentliche Versorgung sicherzustellen und insbesondere das Gesundheitssystem handlungsfähig zu halten – und Wege aus der Pandemie heraus zu eröffnen.

Ethik, gleichgültig in welchen wissenschaftlichen Disziplinen betrieben, auch die theologische Sozialethik war in all den Entscheidungen keine große Hilfe – und fiel, zumal im Vergleich zur öffentlich omnipräsenten Virologie, zunächst nicht sonderlich auf. Das änderte sich im Laufe des Jahres 2020, als die Empfehlungen von Ethikrat, Stiko, Leopoldina u.a. nicht nur die Politik beeinflussten, sondern auch in der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen und diskutiert wurden.

Neben den Bemühungen, analysierend und orientierend zur Entscheidungsfindung (mit-)beizutragen, zeichnet Ethik vor allem reflektierende Urteilskraft aus. Genau diese Stärke soll in dem »Pandemie-Nach-Denken« dieses Themenheftes zum Zuge kommen. Dazu wird der die politische Praxis zumal in Zeiten der Pandemie bestimmende Handlungs- und Entscheidungsdruck außer Kraft gesetzt; die Politik der Pandemiebewältigung »um Menschenleben willen« wird unterbrochen. In der dadurch erzeugten Ruhe kann nachvollzogen werden, mit welchen Gründen gehandelt und entschieden wurde; und es kann abgewogen werden, ob und in welchem Maße diese Gründe im Nachhinein, in der komfortablen Situation handlungs- und entscheidungsentlasteter Reflexion, überzeugen können. Methodisch geht es in diesem Themenheft also darum, die aktuelle Pandemiebewältigung und deren Handlungs- und Entscheidungsdruck zu unterbrechen und die vergangenen Bemühungen der Pandemiebewältigung rückblickend zu bedenken.

»Hinterher ist man immer schlauer«, heißt es – und kritisiert damit zu Recht all die, die mit ihrem aktuellen Kenntnisstand die Entscheidung derer kritisieren, die ohne diese Kenntnisse und ohne ein sicheres Wissen über die Wirkungen ihrer Entscheidungen entscheiden mussten. In dem in diesem Themenheft angestrebten »Pandemie-Nachdenken« geht es nicht um eine solch billige Schlauheit. Deshalb soll die Legitimität der Entscheidungen in den vergangenen Monaten und soll auch die Politik der Pandemiebewältigung in Deutschland nicht in Zweifel gesetzt werden. Es geht vielmehr darum, die Entscheidungen reflektierend zu begreifen, ihre diskursiven Kontexte zu berücksichtigen, ihre kognitiven und normativen Grundlagen aufzuklären, ihre Blindstellen aufzuhellen und die nicht intendierten Gemeinheiten, auch das Übersehene oder Vergessene offenzulegen. In diesem Sinne nachdenklich gilt es aus den Entscheidungen der vergangenen Monate für die Zukunft, für kommende und ähnlich aufregende Situationen zu lernen.

Einige Beiträge in dieser Ausgabe reflektieren politische Entscheidungen, konkrete Situationen und Sachverhalte. Andere lenken den Blick auf – vielleicht vernachlässigte - Zusammenhänge und versuchen zu erfassen, welche gesellschaftlichen Veränderungsprozesse durch die Pandemie in Gang gesetzt bzw. aufgedeckt oder beschleunigt wurden. Es geht nicht um die ganz großen Antworten auf die Corona-Pandemie und um weit ausblickende Zukunftsentwürfe für die Post-Corona-Zeit. Die Autor:innen dieses Themenheftes widerstehen den Versuchungen des Feuilletons. Sie nehmen konkrete Fragen, Probleme und Zusammenhänge in den Blick – und denken darüber nach.

Verantwortliche Redaktion: Michelle Becka und Matthias Möhring-Hesse

Im Rezensionsteil werden Neuerscheinungen zu den Themen Neoliberalismus, Ordoliberalismus und Soziale Marktwirtschaft sowie zum Postwachstums-Diskurs besprochen. Zudem werden zwei Titel rezensiert, die sich mit Künstlicher Intelligenz in der (Alten-)Pflege und der ›Seniorendemokratie‹ befassen. Hinzu kommen Besprechungen von Neuerscheinungen zur kolonialen Gewaltverstrickung der politischen Ideengeschichte, zur potenziellen Macht von Gewaltfreiheit, zum Zustand westlicher Demokratien unter dem Eindruck des Populismus, zur Ideengeschichte des Marktes und zur Geschichte und Theorie des modernen Verfassungsstaates. Ebenfalls besprochen werden eine Dissertation zu Eugen Kogon und ein Sammelband zu Baruch de Spinoza. Zudem kommt die Soziologie prominent vor: Vorgestellt wird ein Grundlagenwerk zur (Theorie der) Religionssoziologie, eine Studie zu den US-amerikanischen Religionen in der ›Ära Trump‹ und eine vielbeachtete Untersuchung zum ›unzufriedenen Volk‹ in Ostdeutschland.

Redaktion Besprechungsteil: Hermann-Josef Große Kracht und Tim Eckes

Zur Ausgabe.


Stellungnahme zum „Responsum“ der Glaubenskongregation

Mehr als 200 Professorinnen und Professoren der katholischen Theologie aus dem deutschen Sprachraum haben sich in eienr gemeinsamen Stellungnahme von dem jüngsten Responsum der Glaubenskongregation distanziert, das die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften für theologisch unmöglich erklärt. Den Text und die Namen der Unterzeichnenden finden Sie hier.


Stellungnahme katholischer SozialethikerInnen zu dem aus der Caritas verursachten Endes eines einheitlichen Tarifvertrags Altenpflege

Am Donnerstag der vergangenen Woche hat es die beim deutschen Caritasverband für kollektives Arbeitsrecht und für Tariffragen zuständige Arbeitsrechtliche Kommission (Bundeskommission) abgelehnt, der Allgemeinverbindlicherklärung des von der Gewerkschaft Ver.di mit dem Arbeitgeberverband BVAP ausgehandelten Tarifvertrags Altenpflege zuzustimmen. Mit diesem Beschluss scheitert das Vorhaben, den Tarifvertrag Altenpflege per Rechtsverordnung für die gesamte Branche allgemein verbindlich zu setzen und so die bundesweit geltenden Mindestbedingungen für die Altenpflege anzuheben.

Diesen Beschluss kritisieren katholische Sozialethikerinnen und Sozialethiker, ProfessorInnen an Fakultäten oder Instituten für Katholische Theologie, in einer gemeinsamen Stellungnahme. Dadurch, dass ein Teil der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas eine Rechtsverordnung auf der Grundlage des Tarifvertrags Altenpflege verhindert hat, würden die Caritasverbände und deren Einrichtungen der dringend notwendigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Altenpflege im Wege stehen. Dadurch würden sie die Gemeinwohlorientierung der gesamten Caritas und all ihrer Einrichtungen untergraben. Zugleich würden sie die Caritas in einen eklatanten Widerspruch zu grundlegenden Maßstäben der kirchlichen Sozialverkündigung setzen. Dem sowieso ramponierten gesellschaftlichen Ansehen der katholischen Kirche würden sie weiteren Schaden zufügen.

Sich für einen einheitlichen Tarifvertrag einzusetzen, sei für die Caritas vor allem eine Frage der Solidarität mit den Pflegepersonen, die zumeist in privat-gewinnwirtschaftlicher Träger zu schlechten Arbeitsbedingungen und geringen Löhnen beschäftigt sind. Mit der Ablehnung des einheitlichen Tarifvertrags Pflege würde, so urteilen die SozialethikerInnen, die Arbeitsrechtliche Kommission und in deren Folge die gesamte Caritas diese Solidarität verweigern. Dass der Caritasverband vor diesem Hintergrund noch glaubwürdig als Anwalt für die Interessen von Benachteiligten auftreten könne,
sei unwahrscheinlich. Er werde öffentlich an diese Solidaritätsverweigerung erinnert und von daher beurteilt.

Mit dem Beschluss mache es bis auf Weiteres unmöglich, mit einem für alle Anbieter verbindlichen Tarifvertrag dem Preiswettbewerb der Anbieter um möglichst geringe Arbeitskosten und d.h. möglichst schlechte Entlohnung verlässlich entgegenzutreten. Auf die Dauer wird sich dies auf die Arbeitsbedingungen und -einkommen aller Erwerbstätigen der Pflegebranche negativ auswirken und auch die Arbeitgeber der Caritas selbst unter Druck setzen, Arbeitskosten zu sparen. Insofern zeuge es von betriebswirtschaftlicher Kurzsichtigkeit und einem Mangel an ökonomischen Sachverstand, nebenbei auch von Missachtung der kirchlichen Sozialverkündigung, wenn die Arbeitgeber der Caritas als Begründung für ihre Ablehnung erklären, sie setzten auf den »Wettbewerb von Tarifwerken«.

Das abschließende Urteil der SozialethikerInnen: Eine Caritas, die sich einheitlichen Tarifverträgen für die öffentliche Daseinsvorsorge widersetzt, setze sich in Widerspruch zu dem eigenen Anspruch, ein verantwortlicher Sachwalter der öffentlichen Daseinsvorsorge zu sein. Die Weigerung, dem Tarifvertrag Altenpflege zuzustimmen, dürfe nicht das »letzte Wort« der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas gewesen sein. Die SozialethikerInnen fordern die Kommission und darin vor allem die Arbeitgeberseite auf, ihre Entscheidung zu revidieren. Sie empfehlen den bei der Caritas und ihren Einrichtungen Beschäftigten, ihren »Dienstgebern« machtvoll entgegenzutreten und die Unterstützung ihrer Caritas für einen einheitlichen Tarifvertrag Altenpflege zu erstreiten.

Stellungnahme von Sozialethikerinnen und Sozialethikern an Fakultäten und Instituten für Katholische Theologie »Sozialethische Stellungnahme zur Weigerung der Caritas, einem einheitlichen Tarifvertrag Altenpflege zuzustimmen« vom 4. März 2021.

Zur Begründug für die Ablehnung des Tarifvertrags Altenpflege wurde angeführt, dass bei einer Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags die Einrichtungen der Caritas in Pflegesatzverhanmdlungen wegen ihrer höheren Tarife unter Druck geraten würden. In der Erklärung der SozialethikerInnen wurde dies mit Hinweis auf § 84 Abs. 2 SGB XI bestritten.

Um den Schaden der Ablehnung zumindest in der Öffentlichkeit abzuwehren, hat die Caritas seither in ihren Verlautbarungen und Interviews eine Pflegereform gefordert, in der die Tarifbindung eines Pflegedienstleisters zur Bedignung für einen Versorgungsvertrag gemacht wird. Das hätte zwar kein einheitliches Tarifsystem zur Folge, aber eine durchgängige Tarifbindung. Statt die eigene Arbeitsrechtliche Kommission zu kritisieren, hat man auf das »Haus Spahn« gesetzt.

Das »Haus Spahn« hat inzwischen geliefert und einen Arbeitsentwurf für die Pflegereform vorgelegt. In seinem Blog hat Stefan Seil diesen Entwurf auf diese Frage hin durchgesehen - und macht diese Entdeckung: Zwar wird die allgemeine Tarifbindung vorgesehen, wenn auch nicht so eindeutig, wie man sich das (nicht nur) vonseiten der Caritas gewünscht hat. Zugleich wird eine Wirtschaftlichkeitprüfung für die Tarifverträge eingeführt: In Pflegesatzverhandlungen sollen nicht Tarife per se als wirtschaftlich gelten, sondern nur dann, »wenn der Tarifvertrag oder die kirchliche Arbeitsrechtsregelung, nach der oder nach dem entlohnt wird, eine nach ortsüblichen Maßstäben wirtschaftliche Entlohnungsstruktur vorsieht.« Tarifverträge sollen also in Pflegesatzverhandlungen auf ihre Wirtschaftlichkeit nach dem Pinzip der ortsüblichen Entlohnung geprüft werden.

Wenn der Arbeitsentwurf so als Gesetz kommen würde, käme tatsächlich das von der Caritas befürchtete Ende höherer Tarife in Pflegesatzverhandlungen nun aber nicht nur den von der Caritas abgelehnten einheitlichen Tarifvertrag Altenpflege, sondern durch die von der Caritas beschworene Pflegereform. Zurecht kommentiert Stefan Seil: »Das wäre aus Sicht der kirchlichen Verbände ein wirklich ›tolles Ergebnis‹ – man hätte sich doppelt ins Knie geschossen, einmal wegen des enormen Image-Schadens, den man sich durch die Ablehnung des Tarifvertrags eingehandelt hat und dann auch noch durch eine die heutige beklagte Situation sogar noch verschlechternde Regelung seitens des Gesetzgebers.«

Stefan Sell (2021): Von einem „schlechten Tag für die Pflege« über die absehbare Festschreibung eines weitgehend tariffreien Geländes bis hin zu den gefährlichen Untiefen »ortsüblicher Löhne«. Anmerkungen zum Arbeitsentwurf für ein Pflegereformgesetz, in: Aktuelle Sozialpolitik, 19.03.2021, online.


Der Engel des Herrn auf dem Claas Xerion 5000?

Die Theologie der Arbeit nachjustiert zu einer Theologie mit arbeitenden Menschen

Für das Projekt Arbeits.leben der Betriebsseelsorge im Bistum Aachen hat Michael Brugger einen Beitrag zur Theologie der Arbeit geschrieben: "Der Engel des Herrn auf dem Claas Xerion 5000? Die Theologie der Arbeit nachjustiert zu einer Theologie mit arbeitenden Menschen". Abrufbar ist der Artikel hier.