Angestoßen vom Seminar "Heiliger Raum - Ritual - Recht: Kirchengebäude und ihre Nutzungen in liturgiewissenschaftlicher und kirchenrechtlicher Perspektive" von Prof. Stephan Winter und Dr. Dominik Abel ging es für Studierende, Lehrende und weitere Interessierte am Wochenende vom 04./05.07. nach Berlin, u. a. um die über viele Jahre grundlegend neu gestaltete und renovierte Sankt Hedwigs-Kathedrale zu besuchen, ebenso die Ausstellung zum Thema "Kolonialismus" im Humboldt-Forum.
Das von Friedrich II. nach dem Vorbild des Pantheons in Rom initiierte Kirchengebäude ist nach einem langen, komplizierten Bauprozess 1773 erstmals eingeweiht worden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es mehrfach renoviert bis es schließlich von 2018 bis 2024 seine jetzige Gestalt erhielt. Während sich die Kathedrale vor der Renovierung vor allem durch die den Innenraum stark dominierende Öffnung zur Unterkirche unmittelbar vor dem Altar auszeichnete, erlaubt die jetzt vollständig geschlossene Bodenfläche eine konsequent kreisförmige Anordnung der Sitzmöbel um den zentral aufgestellten Altar. Prägend ist auch vor allem die stark auf das Wesentliche konzentrierte Gestaltung des Gesamtraums. Verantwortlich für diese beim Architekturwettbewerb 2014 mit dem einzigen ersten Preis versehene Konzeption sind das Architekturbüro Sichau & Walter Architekten GmbH und der Wiener Künstler Leo Zogmayer.
Jedes Detail der Kirche ist bewusst gestaltet und trägt zur Vollendung des Kirchenraums bei. Besonders zu erwähnen sind hier der halbkugelförmige Altar, der die Kuppel quasi zu einem holistischen Rund ergänzt; der weiße Verputz, der zu glitzern beginnt, sobald die Sonne darauf fällt; die Fenster, die die Sternenkonstellation über der Kathedrale zur Geburtsstunde Jesu darstellen, und die zwölf Doppelsäulen, die repräsentativ für die zwölf Apostel stehen.
Die Unterkirche ist über eine Treppe vor dem Hauptraum zugänglich gemacht. Neben der Decke - die komplementär zu den Ausformungen der Kuppel in der Oberkirche gestaltet ist - ist besonders das Taufbecken in der Mitte des Kirchenraums zu erwähnen: Das kreuzförmige Becken steht direkt unterhalb des Altars in der Oberkirche. Außerdem gibt es unterschiedlich gestaltete Gebetsnischen bzw. Seitenkapellen in der Unterkirche - darunter fallen sowohl Beichträume als auch mit künstlerischen Interventionen gestaltete Räume, ein Andachtsraum mit einer Statue der hl. Hedwig, ein Gedenkraum mit Bezug auf weitere für die Kathedrale wichtige Glaubenszeugen und ein Raum der Umkehr, von dem aus der Blick auf die gegenüberliegende Pieta gewährleistet ist.
Die Gruppe nahm jedenfalls den Eindruck mit, dass hier ein hoch spannendes Kirchengebäude entstanden ist, das allerdings inmitten Berlins und seiner pluralen Stadtgesellschaft dazu herausfordert, in den nächsten Jahren kreativ genutzt und mit Leben erfüllt zu werden.