Mittelalterliche Geschichte

Dr.in Rike Szill

Adresse:
Fachbereich Geschichtswissenschaft
Seminar für mittelalterliche Geschichte
Wilhelmstraße 36
72074 Tübingen

Telefon: +49 7071 29-76983

Büro: 212

E-Mail: rike.szillspam prevention@geschichte.uni-tuebingen.de

Akademischer Werdegang

  • seit 03/2024: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für mittelalterliche Geschichte mit Schwerpunkt Mittelmeerraum an der Eberhard Karls Universität Tübingen (JProf.’in Dr.’in Theresa Jäckh)
  • 10/2023 – 03/2024: Stipendiatin des Collegium Philosophicum der CAU Kiel; Lehrbeauftragte am Historischen Seminar der CAU Kiel
  • 10/2016 – 09/2023: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für die Geschichte des frühen und hohen Mittelalters sowie für Historische Grundwissenschaften an der CAU Kiel (Prof. Dr. Andreas Bihrer)
  • 03/2016 – 09/2016: Wissenschaftliche Hilfskraft am Projektkolleg „Intersektionalität interdisziplinär“ des Collegium Philosophicum der CAU Kiel
  • 01/2013 – 09/2016: Hilfskraft an der Professur für die Geschichte des frühen und hohen Mittelalters sowie für Historische Grundwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
  • 10/2011 – 09/2014: studentische Hilfskraft in der Universitätsbibliothek Kiel

Ausbildung, Stipendien und Mitgliedschaften

  • seit 02/2022 assoziiertes Mitglied des GRK 2304 „Byzanz und die euromediterranen Kriegskulturen. Austausch, Abgrenzung und Rezeption“
  • seit 07/2021: Mitglied des Brackweder Arbeitskreises für Mittelalterforschung
  • 04/2021–09/2023: stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Philosophischen Fakultät der CAU
  • 01/2021–03/2021: Forschungsaufenthalt in Frankreich als Stipendiatin des DHI Paris
  • 10/2020–12/2020: Forschungsaufenthalt in Großbritannien als Stipendiatin des DHI London
  • 10/2019–12/2023: Schatzmeisterin der deutschen Sektion der „International Courtly Literature Society, German Branch (ICLS)“
  •  
  • 10/2018–09/2022: Mitglied im Fakultäts- und Promotionsprüfungsausschuss der Philosophischen Fakultät sowie im Ausschuss für Angelegenheiten des wissenschaftlichen Nachwuchses
  • 07/2017–09/2023: Mitglied im Fachstudienausschuss Geschichte des Historischen Seminars 
  • 10/2010–09/2016: Bachelor- und Masterstudium (2-fach, Profil Lehramt) an der CAU Kiel; Lateinische Philologie und Geschichte; Zertifikatsstudium Griechische Philologie (Erweiterungsfach)

Schwerpunkte in Forschung und Lehre

  • Geschichte des (Spät-)Byzantinischen Reiches und seiner Verbindungen mit dem Mediterraneum
  • Historiographie- und Kommunikationsgeschichte, trauma studies 
  • Themen, Aspekte und Kategorien sozialer Ungleichheit, z.B. aus den Bereichen der gender studies und Intersektionalität 
  • mittelalterliche Kartographie 

Veröffentlichungen

Sammelband

Beiträge im Druck

  • „Minimalismus in Stein. Totengedenken und Verzicht in Grabepigrammen des Janos Laskaris“, in: Verzicht. Mediävistische Perspektiven, hrsg. von Philipp Winterhager [im Druck].
  • „Schrödinger’s Rule: making apparent the emperor’s body in 1453“, in: Changes of Monarchical Rule in Late Medieval Societies in Comparison, hrsg. von Sven Jaros u.a. (Europa im Mittelalter, Bd. 44), hrsg. von Sven Jaros u.a., Berlin/Boston 2024, 401–428 [im Druck].
  • „Witwerschaft in Momentaufnahmen, oder: Zu Potential und Grenzen einer unsichtbaren Kategorie. Eine Zusammenfassung“, in: Witwerschaft. Der einsame Mann in Geschichte, Literatur und Film (Histoire, Bd. 204), hrsg. von Oliver Auge und Laura Potzuweit, Berlin/Boston 2024, 237–269 [im Druck]. 

Beiträge in Sammelbänden und Zeitschriften

  • „Eroberte im Mittelalter. Aspekte einer Geschichte historischer Umbruchssituationen ‚von unten‘“, in: Eroberte im Mittelalter. Umbruchssituationen erleben, bewältigen, gestalten, hrsg. von Rike Szill und Andreas Bihrer (Europa im Mittelalter, Bd. 39), Berlin/Boston 2023, 1–18, online.
  • „Visionskonspirationen. Das Scheitern von Visionen im ‚Timarion‘“, in: Visionen und ihre Kontexte. Die Kodifizierung, Autorisierung und Authentisierung von Offenbarung (12.–17. Jh.), hrsg. von Andreas Bihrer und Julia Weitbrecht (Beiträge zur Hagiographie, Bd. 25), Stuttgart 2023, 105–144, Vorschau.
  • „Byzantinisches Krisenmanagement und Osmanische Expansion. Verhandlungsstrategien nach der Einnah-me Konstantinopels 1453 im Geschichtswerk des Kritobulos von Imbros.“, in: Das diplomatische Selbst in der Frühen Neuzeit. Verhandlungsstrategien – Erzählweisen – Beziehungsdynamiken, hrsg. von Julia Gebke u.a., Affalterbach 2022, 77–93. 
  • mit Maline Kotetzki: „Protorassismen in der Vormoderne. Ein Plädoyer für mehr Ungemütlichkeit in der mediävistischen Forschung und Lehre“, in: Vormoderne postkolonial? / Moyen Âge postcolonial?, hrsg. von Matthieu Gillabert, Anja Rathmann-Lutz and Isabelle Schürch (traverse 2022.2), Zürich 2022, 121–137, online.
  • „Herrschaftszeiten! Endlichkeitsdiskurse im Kontext der Einnahme Konstantinopels 1453“, in: Die Zeit der letzten Dinge. Deutungsmuster und Erzählformen des Umgangs mit Vergänglichkeit in Mittelalter und früher Neuzeit, hrsg. von Andreas Bihrer, Timo Felber und Julia Weitbrecht (Encomia Deutsch, 6), Göttingen 2020, 267–286.
  • *„A history dedicated to the sultan? Kritoboulos of Imbros and the enshrining of a superior’s memory“, in: History in Flux. Journal of the Department of History, Faculty of Humanities Juraj Dobrila University of Pula 1 (2019), 79–91, online.
  • mit Philipp Frey: „Die Nachträge des Gerresheimer Evangeliars“, in: Das Gerresheimer Evangeliar. Eine spätottonische Prachthandschrift als Geschichtsquelle, hrsg. von Klaus Gereon Beuckers und Beate Johlen-Budnik (Forschungen zu Kunst, Geschichte und Literatur des Mittelalters, 1), Köln/Weimar/Wien 2016, 153–161.

Kleinere Beiträge

  • Tagungsbericht (2022): Conquerors and Conquered. Narrating the Fall of Constantinople (1453) and Tenochtitlán (1521), In: H-Soz-Kult, 14.07.2022, online.
  • Rezension: Eleni Kefala: The Conquered. Byzantium and America on the Cusp of Modernity, Washington D.C. 2020, in: The Byzantine Review 4 (2022), 7–13, online.
  • Tagungsbericht (2021): Monarchische Herrschaftswechsel im Spätmittelalter im Vergleich. Aushandlungen – Akteure – Ambivalenzen, 13.09.–15.09.2021, in: H-Soz-Kult, 16.12.2021, online.
  • Blog-Post: Prophecies and (Hi)Stories. Telling the Conquest of Constantinople in 1453 (2021), online.
  • Rezension: Marcus Bull: Eyewitness and Crusade Narrative. Perception and Narration in Accounts of the Second, Third and Fourth Crusades, Woodbridge 2018, in: Historische Zeitschrift 312.3 (2021), 776 f., online.
  • Tagungsbericht (2019): Das Heilige in Zeiten des religiösen Umbruchs? Kontinuitäten und Wandel christlicher Narrative von der Spätantike bis in die Frühe Neuzeit, 24.01.2019, in: H-Soz-Kult, 16.3.2019, online.
  • Rezension: Thomas Kühtreiber und Gabriele Schichta (Hrsgg.): Kontinuitäten, Umbrüche, Zäsuren. Die Konstruktion von Epochen in Mittelalter und früher Neuzeit in interdisziplinärer Sichtung (Interdisziplinäre Beiträge zu Mittelalter und Früher Neuzeit, 6), Heidelberg 2016, in: Cahiers de recherches médiévales et humanites [online], 05.01.2018, online
  • mit Stephan Bruhn: Tagungsbericht (2016): Heiligkeiten. Konstruktionen, Funktionen und Transfer von Heiligkeitskonzepten im europäischen Früh- und Hochmittelalter, 27.10.–29.10.2016 Kiel, in: H-Soz-Kult, 23.02.2017, online.

Organisierte Tagungen, Vorträge und Workshops

Vorträge (Auswahl)

  • „Neidische Parzen. Gewalt und gendered temporalities im späten Mittelalter“
    Vortrag im Rahmen des Kolloquiums zur mittelalterlichen Geschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen am 29. Januar 2024
  • „Klio spricht nicht. Zum Umgang mit Eroberung, Flucht und Trauma im späten Mittelalter“
    Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe ,Schwere Zeiten. Krisen und ihre Bewältigung im Mittelalter‘ des Mittelalterzentrums Greifswald am 15. Januar 2024
  • „Unfreiheitsgemeinschaften. Trauma und Diaspora nach der Einnahme Konstantinopels 1453“
    Vortrag im Rahmen des Mediävistischen Kolloquiums an Universität Duisburg-Essen am 19. Dezember 2023
  • „Es schmerzt. Totengedenken und Verzicht bei griechischen Exilgelehrten im humanistischen Italien“
    Vortrag im Rahmen der Jahrestagung des Brackweder Arbeitskreises für Mittelalterforschung zum Thema „Verzicht. Mediävistische Perspektiven“ an der Humboldt-Universität zu Berlin, 18.11.2022
  • „Borders, Breaches, and Biased Admirers. Facing Ottoman Expansion in the 15th-Century Aegean Sea“
    Vortrag im Rahmen des International Medieval Congress (IMC), Panel: ‚Borders in Breach: Morals of Conquest in the Middle Ages‘, organisiert mit Anne Foerster, Stephan Bruhn und Philipp Winterhager, 5.7.2022
  • „Konstantinopel 1453. Euromediterrane Perspektiven auf ein byzantinisches Kriegsereignis"
    Vortrag im Rahmen des Forschungskolloquiums des GRK 2304 „Byzanz und die Euromediterranen Kriegs-kulturen“ an der JGU Mainz, 2.2.2022
  •  „Schlusszusammenfassung“
    Vortrag im Rahmen der Tagung „Witwerschaft. epochenübergreifend. transdisziplinär“, organisiert von Laura Potzuweit und Oliver Auge, Kiel, am 20.11.2021
  • „Die Tricks der Verlierer. Eroberung begreifen im späten Mittelalter"
    Vortrag im Rahmen des Forschungskolloquiums des Instituts zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens (IEMAN) an der Universität Paderborn, 2.11.2021
  • „rasend, geblendet, irrsinnig. Das Scheitern von Visionen im Timarion“
    Vortrag im Rahmen der digitalen Tagung „Gesicht und Handschrift. Transzendente Begründung und Authentifikation in mittelalterlichen Visionen“, organisiert von Andreas Bihrer und Julia Weitbrecht, am 19.3.2021

Dissertationsprojekt

Eroberung einschreiben. 
Trauma und Diaspora nach der Eroberung Konstantinopels 1453
 
(abgeschlossen in 11/2023, in Druckvorbereitung) 
betreut von Prof. Dr Andreas Bihrer und Prof. Dr Michael Grünbart 
 
„Mourning nevers ends“ – hierauf hat Vamık Volkan namentlich anhand der osmanischen Eroberung Konstantinopels 1453 mehrfach hingewiesen (Volkan 2011, 102). So teilen die Mitglieder einer sozialen Gruppe ihm zufolge zwar mentalen Repräsentationen eines traumatischen Ereignisses aus ihrer historischen Vergangenheit, können diese aber selbst nicht angemessen kommunizieren und verarbeiten. Daher übergeben sie diese, so Volkan weiter, an ihre Nachfolgegenerationen, „as if they will be able to mourn the loss or reverse the humiliation. [...] Over generations, such historical events, [...] [such] chosen traumas become more than a memory or shared piece of the past.“ (Volkan 2001, 87) 
In der Tat ist die osmanische Einnahme Konstantinopels in der europäischen Erinnerungskultur ein umstrittenes Thema geblieben, die sich in einer Vielzahl von Rekursen, Reflexen und argumentativen Instrumentalisierungen in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Diskursen (nicht nur) der modernen Nachfolgestaaten niederschlägt. Dieser Umstand lässt sich bereits an einer Vielzahl an zeitgenössischen Quellen ablesen, die ihrerseits von einem kollektiven Schock zeugen: Viele Autoren betonen, dass sie zunächst nicht in der Lage gewesen seien, angemessen über die jüngsten Ereignisse zu sprechen. Diese Befunde mögen auf den ersten Blick gut zu Volkans These passen, bezeugen hier doch Berichte aus gleichsam ‚erster Generation‘ ihre eigene Unfähigkeit, den Verlust von Menschen, Land oder Prestige zu betrauern. Die Äußerungen sind dadurch jedoch nicht als bloße topische Formen des (Nicht-)Erzählens abzutun: Auch wenn gerade Byzantiner*innen als unmittelbar Betroffene erhebliche Schwierigkeiten hatten, die Ereignisse in ihr etabliertes Weltbild einzuordnen, manifestierte sich die Eroberung der Stadt doch nicht zuletzt in dem expliziten Bedürfnis, das Geschehene nachzuvollziehen und angemessen wiederzugeben. Dazu gehörte auch die Auseinandersetzung mit Erfahrungen von Verlust, Verzweiflung, Verwirrung, körperlichem und seelischem Schmerz, kurz: mit dem Trauma der osmanischen Eroberung. Wie lässt sich aber historischer Perspektive über Ereignisse sprechen, die in der Tat als ‚traumatisch‘ bezeichnet werden können? Und wie lassen sich solch komplexe Erzählanliegen mit einem prozessualen Verständnis von Geschichtsschreibung in Einklang bringen? 
Ausgehend davon fragt das Promotionsprojekt danach, wie in „Moment[en] der weitgehenden Desorientierung“ (Jussen 2005, 25) wie nach der osmanischen Eroberung Konstantinopels mit der Gemengelage aus Orientierungslosigkeit und produktivem ‚Vakuum‘, Vergessen und Verdrängen sowie Erinnern und Verarbeiten umgegangen wurde. Welche Strategien wurden konkret entwickelt, um die durch den Herrschaftswechsel bedingte Umbruchssituation mit Sinn zu versehen? In welcher Form fanden etablierte Erzählmuster Anwendung und welche Aussagegehalte konnten diesen in ihren neuen Kontexten beigemessen werden? Inwiefern lassen sich schließlich die so generierten Narrative als Diskurs verstehen, der die doppelte Konfliktlage aus erfahrener Fremdherrschaft einerseits und drohendem Weltende andererseits produktiv zu bewältigen gedachte?