Zur Biographie
Hermann Kurz wurde am 30. November 1813 in Reutlingen in eine der dort seit langem ansässigen Handwerker- und Ratsfamilien geboren. Die Stadt befand sich damals in einem Umbruch, da die ehemalige Reichsstadt seit 1803 württembergische Landstadt war. Als Vollwaise durchlief er eine typische württembergische Bildungslaufbahn: Nach Besuch des städtischen Lyzeums, bestandenem Landexamen und zwei Jahren im Seminar in Maulbronn begann er als „Stiftler“ (Stipendiat im Evangelischen Stift) in Tübingen mit dem Studium der Theologie und Philosophie. Aus dem Stift wurde er kurz vor Ende seines Studiums aus disziplinarischen Gründen verwiesen. Trotzdem legte er die 1. Theologische Dienstprüfung ab und war kurze Zeit Vikar, bevor er den Kirchendienst verließ und sich als freier Schriftsteller, Redakteur und Übersetzer durchschlug. Seine Unterstützung der liberalen Freiheitsbewegung führte dazu, dass er 1850 eine dreiwöchige Strafe auf dem Hohenasperg absitzen musste.
(Näheres zur Biographie s. die Verweise auf die Literatur.)
Hermann Kurz und die Universitätsbibliothek Tübingen
Zum 1. Dezember 1863 wurde Hermann Kurz als 2. Unterbibliothekar an der Universitätsbibliothek Tübingen mit einem Jahresgehalt von 900 Gulden eingestellt. In seiner Bewerbung wies Kurz auf seine Beschäftigung mit „alter, mittlerer und neuerer Literatur“ sowie einige Kenntnisse im Rechnungswesen hin, die ihn aus seiner Sicht für die Bibliothekarsstelle befähigen würden. Sowohl die Bibliothekskommission unter Oberbibliothekar Rudolf von Roth als auch der akademische Senat berücksichtigten jedoch Kurz bei seinen Empfehlungen nicht. Die Entscheidung des Ministeriums für Kirchen- und Schulwesen, dennoch Kurz einzustellen, bedeutete neben einer Anerkennung seiner schriftstellerischen Leistungen durch den württembergischen Staat auch eine gewisse materielle Grundsicherung. Dennoch musste Kurz nach zwei Jahren um eine Gehaltaufbesserung nachsuchen, da seine schriftstellerische Tätigkeit – neben der Tätigkeit in der Universitätsbibliothek – nur wenig einbringen würde. Die Bibliothekskommission lehnte es jedoch ab, eine solche Aufbesserung aus dem Bibliotheksetat zu finanzieren. Vom Ministerium wurde daraufhin entschieden, die Zulage sei aus dem Dispositionsfonds der Universität zu bezahlen.
Königliche Majestät! | |
Hermann Kurz, Schriftsteller wohnhaft zu Kirchheim an der Teck, bittet um Uebertragung der zweiten Unterbibliothekarstelle an der Universität Tübingen.]
| Zu Reutlingen den 30. November 1813 geboren, Sohn des Kaufmanns G. D. Kurz dasselbst, habe ich in den Jahren 1827-1835 die evangelischen Seminarien durchlaufen und mich seitdem schriftstellerischen Arbeiten gewidmet, welche theils in eigenen Hervorbringungen, theils in Uebersetzungen aus dem Französischen, Englischen und anderen neueren Sprachen // |
bestanden, bis ich in den letzten beiden Jahren durch die Aufgabe, zu den in Stuttgart erscheinenden „Lebensbildern aus dem classischen Alterthume“ von L. Weisser den er- läuternden Text zu schreiben, wieder fast ausschließlich zu dem humanistischen Bildungskreise meiner akademischen Jugend zurück- geführt wurde. Da ich nun mit alter, mittlerer und neuerer Literatur mich mehrfältig beschäftigt habe, und auch dem Rechnungswesen nicht völlig fremd geblieben bin, glaube ich auf die mit der zweiten Unterbibliothekar- stelle der Universität Tübingen verknüpften Anforderungen so weit vorbereitet zu sein, um die Bitte um Uebertragung derselben wagen zu dürfen. | In tiefster Ergebenheit Ew. Königlichen Majestät Unterthänigster Kirchheim an der Teck 24. Oktober 1863 Hermann Kurz Schriftsteller |
Unterlagen zu Hermann Kurz im Universitätsarchiv
Im Universitätsarchiv Tübingen werden die Studentenakte von Hermann Kurz (enthält vor allem die Belegbögen für die besuchten Veranstaltungen) und die Personalakte als Bibliothekar im Bestand der Universitätsbibliothek verwahrt. In dieser sind vor allem seine Bewerbung und die Stellungnahme der Gremien zum Stellenbesetzungsverfahren vorhanden, dann die Bitten um Gehaltsaufbesserung und schließlich die Schriftstücke betreffend den Tod Hermann Kurz' 1873.
Umfangreiche Unterlagen zu Kurz‘ Studienzeit und die disziplinarischen Probleme finden sich im Archiv des Evangelischen Stifts.
Literatur und Quellen:
Knödler, Stefan, Hermann Kurz und Reutlingen, Marbach 2023 (Spuren 134). (erscheint demnächst)
„Ich bin zwischen die Zeiten gefallen“. Hermann Kurz, Schriftsteller des Realismus, Redakteur der Revolution, Übersetzer und Literaturhistoriker. Katalog und Ausstellung zum 175. Geburtstag. Stadtmuseum Reutlingen 1988.
Martini, Fritz, "Kurz, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 329-332 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118778277.html#ndbcontent
Studierendenakte UA Tübingen 42/11 Nr. 118
Personalakte UA Tübingen 167/463.