Der Hundertjährige Kalender enthält eine Zusammenstellung von Wettervorhersagen, die auf dem ptolemäischen Weltbild mit sieben Planeten beruht, die die Erde umkreisen. Jeder der sieben „Planeten“ beeinflusst jeweils für ein Jahr vom 21. März bis zum 20. März des Folgejahres das Wetter und allgemein das Gedeihen auf der Erde: Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur, Mond. Demnach würde sich das Wetter alle sieben Jahre wiederholen, und damit vorhersehbar sein. Theoretisch bis in alle Ewigkeit.
Am 21. März 2022 beginnt ein Jupiter-Jahr.
Der Verfasser Mauritius Knauer lebte von 1613-1664 und war Abt des Zisterzienserklosters Langheim bei Bamberg. Als er das Amt 1649 antrat, lag das Kloster nach dem 30-Jährigen Krieg wirtschaftlich am Boden. Neben vielen anderen Maßnahmen zum Wiederaufbau verfasste er auch das Calendarium oeconomicon practicum perpetuum, das auf seinen siebenjährigen Wetterbeobachtungen beruhte und das den Mönchen ermöglichen sollte, das Wetter in Franken(!) für Landwirtschaft, Weinbau, Fischzucht und dergl. vorherzusagen und wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.
Eine erste, vom Autor selbst korrigierte handschriftliche Version des Calen-dariums, sowie drei weitere Abschriften aus dem Kloster selbst, sind in der Staatsbibliothek Bamberg erhalten. Die Digitalisate sind im Internet frei zugänglich: http://digital.bib-bvb.de/collections/SBB/#/documents/DTL-5050
Die erste gedruckte Ausgabe erschien 1700 und war von Anfang an ein Bestseller. Knauer wurde allerdings erst in einer Ausgabe von 1704 als Verfasser namentlich genannt. Obwohl schon seit ca. 1720 jedermann wusste, dass die Wettervorhersagen bestenfalls Zufallstreffer sind - vom geozentrischen Weltbild mal ganz abgesehen - verkauft sich der Hundertjährige Kalender seit seiner Erstveröffentlichung wie geschnitten Brot.
Ein bibliographisches Verzeichnis aller Ausgaben zu erstellen, geschweige denn die Zahl der verkauften Exemplare zu ermitteln, ist schlicht unmöglich. Gerüchteweise liegt der Hundertjährige Kalender nach der Bibel auf Platz 2, Belege gibt es dafür aber nicht. Die gezeigte Ausgabe ist 1713 in Tübingen bei Joseph Sigmund erschienen (UB-Signatur: Eg 23).
Literatur: