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Plan der Barrikaden in Frankfurt, 18. September 1848

Der Ort Frankfurt und das Jahr 1848 verraten es schon: nach dem Objekt des Monats Juni sind wir wieder zurück in der Paulskirche, bei der Nationalversammlung. Im Mai 1848 waren gewählte Volksvertreter zusammengekommen, um eine Verfassung für einen deutschen Staat auszuarbeiten. Aber wozu Barrikaden? Warum im September?

Nun muss man an dieser Stelle leider etwas weiter ausholen, denn die Antwort auf diese Frage hat mit einer anderen Frage zu tun: mit der schleswig-holsteinischen Frage. Preußen und Dänemark befanden sich 1848 im Krieg um die nationale Zugehörigkeit des Herzogtums Schleswig. Am 26.8.1848 wurde im Vertrag von Malmö ein Waffenstillstand vereinbart und die Machtverhältnisse bis auf weiteres geregelt. Das Paulskirchenparlament als provisorische deutsche Regierung war nicht in die Verhandlungen einbezogen worden, sollte aber nun im Nachklapp den Vertrag ratifizieren. Diese Abstimmung wurde zur ersten harten Bewährungsprobe des Parlaments und auch zu einem ihrer Sargnägel.

Die eine Seite war der Meinung, der Vertrag von Malmö sei Verrat an der Revolution und an der Einheit Deutschlands. Die andere Seite sah aus Gründen der Staatsräson keinen anderen Weg, als dem Vertrag zuzustimmen, um die Einheit Deutschlands und die Errungenschaften der Revolution nicht zu gefährden.

Bei der Abstimmung am 16.9. stimmten 258 Abgeordnete dagegen, den Waffenstillstand nicht zu genehmigen (das Paulskirchenparlament arbeitete leider sehr viel mit doppelter Verneinung) und 237 Abgeordnete dafür.
Und das Volk? Es war dagegen – gegen das, was das Parlament und die von ihnen gewählten Vertreter beschlossen hatten. Man war enttäuscht davon, dass sich die Nationalversammlung von den Preußen vor vollendete Tatsachen stellen ließ, man witterte ein Komplott und erboste sich über „Deutschlands Schande“ und die Schwäche der Parlamentarier. Die Stimmung lud sich auf. Die darauf folgenden Geschehnisse werden gegensätzlich geschildert:

„Ein Versuch des Eindringens in die Paulskirche war der Anfang blutiger Scenen. Die vordringlich Verwegenen wurden zurückgedrängt; den Sitz der Nationalversammlung umgaben – Dank der Vorsorge des Ministerium – die schützenden Bajonette von Mainz herübergekommener Truppen. Aber das gescheiterte Attentat war nur das Signal zum Beginne des vorbereiteten Straßenkampfes. Während die Versammlung noch tagt, erheben sich Barrikaden in ihrer Nähe. […] Ein Auffstand nach der gewöhnlichen Technik des Barrikadenkampfes verbreitet sich rasch durch die Straßen.“
(Haym, Die deutsche Nationalversammlung bis zu den Septemberereignissen, Frankfurt, 1848. – Signatur: Fo XIIa 686)

„[…] die Soldaten umstellten die Kirche und die Stadt war aufgeregt, aber ruhig. Eine Verwundung in der Nähe der Kirche, von Soldaten willenlos herbeigeführt, indem das Menschengedränge einen alten Mann in das vorgehaltene Bajonett getrieben haben soll, steigerte die Aufregung und man begann einige Kisten und Stücke von Meßbuden zusammenzustellen, die man spaßhafterweise Barrikaden nannte; ein starker Fußtritt genügte zur Zerstörung derselben und die Erbauer entfernten sich ohne Widerstand. […] Der Kampf begann, von welcher Seite der erste Schuß fiel, ist unentschieden; aber entschieden scheint zu sein, daß wenn man Blutvergießen hätte vermeiden w o l l e n, man es gekonnt hätte.“
(Deutsche Reichstagszeitung, Frankfurt, Nr. 106,  21. September 1848 – Signatur: Fo XIIa 89.2-5, Bl. 87)

Am Ende der Unruhen gab es 44 Tote: 30 Aufständische, 12 Soldaten und 2 Abgeordnete. Die Nationalversammlung hatte in der Bevölkerung viel Vertrauen verloren und die politischen Fronten innerhalb des Parlaments waren seitdem gespalten und sehr verhärtet.

Quellen / Literatur