Institut für Anorganische Chemie

Forschung

1. Multidentate N-heterocyclische Carbenliganden

N-Heterocyclische Carbene besitzen die günstige Eigenschaft eines starken σ-Donor- und zugleich schwachen π-Akzeptorcharakters. Diese wollen wir in der Katalyse nutzten.

1.1 Synthese und Reaktivität von Pincer-Komplexen

Eine Verstärkung dieser Eigenschaft konnte durch die Verknüpfung mehrerer NHC-Liganden erreicht werden. Hierzu haben wir bei den in der Chemie etablierten Pincer-Liganden zwei Donoratome durch NHC-Einheiten ersetzt. Carbazol erweist sich hier als Rückgrat der Wahl, da die vollständige sp2-Hybridisierung der verknüpfenden C-Atome zu stabilen Carbenliganden (bimca) führt.

Die Rh(I)-Carbonylkomplexe des bimca-Liganden erweisen sich als sehr nucleophile Verbindungen, die mit Methyliodid bereits bei -78 °C reagieren.1

[1] M. Moser, B. Wucher, D. Kunz, F. Rominger, Organometallics 2007, 26, 1024-1030.

1.2 Katalytische Eigenschaften der Rh-Pincer Komplexe

Die Umsetzung der Rh(I)-pincer-Komplexe mit Allylhalogeniden verläuft äußerst rasch unter ausschließlicher Bildung von Komplexen mit η1-koordinierten Allylliganden. Die Komplexe wurden als Katalysatoren in der allylischen Alkylierung getestet.2

[2] B. Wucher, M. Moser, S. A. Schumacher, F. Rominger, D. Kunz*, Angew. Chem. 2009, 121, 4481-4485; Angew. Chem. Int. Ed. 2009, 48, 4417-4421.

1.3 Tetradentate elektronenreiche Liganden

[3] C. Deißler, D. Kunz, F. Rominger, Dalton Trans. 2009, 35, 7152-7167.


2. Mono- und Dipyridocarbene

2.1 Dipyridocarbene und ihre Rh-Komplexe

Es gelang uns erstmals die Kristallstruktur sowohl eines Mono- als auch eines Dipyridocarbens aufzuklären. Dabei konnte eine Korrelation zwischen dem NCN-Winkel des freien Carbens und seiner chemischen Verschiebung im 13C-NMR Spektrum festgestellt werden.4

Dipyridocarbene sind aufgrund ihrer Geometrie interessante N-heterocyclische Carbene, besitzen aber einen ähnlichen Netto-Donor-Charakter wie gesättigte oder ungesättigte NHCs, wie wir an Hand ihrer (CO)5Cr- und (CO)5W-Komplexe zeigen konnten.5

Der Komplex Rh(COD)(dipy)(PPh3)OTf erweist sich als sehr guter Katalysator in der Hydrosilylierung von Dialkyl- und Diarylketonen sowie von α,β-ungesättigten Ketonen.6

[4] M. Nonnenmacher, D. Kunz, F. Rominger, T. Oeser, Chem. Commun. 2006, 1378-1380.
[5] M. Nonnenmacher, D. Kunz, F. Rominger, T. Oeser, J. Organomet. Chem. 2005, 690, 5647-5653.
[6] M. Nonnenmacher, D. Kunz, F. Rominger, Organometallics 2008, 27, 1561-1568.

2.2 Bis(monopyrido)Pd-Komplexe

Der geometrische Vorteil von planaren Mono- und Dipyridocarbenen ist die Möglichkeit, Substituenten in die Nähe des Metallzentrums zu bringen, um dadurch spezifische Eigenschaften am aktiven Zentrum eines Katalysators zu erhalten. Bislang konnten wir zeigen, dass unsubstituierte Bis(monopyridocarben)PdX2-Komplexe in C-C Kupplungsreaktionen mindestens genauso aktiv sind wie die literaturbekannten verbrückten (NHC)2PdX2-Komplexe.7

[7] M. Nonnenmacher, D. Kunz, F. Rominger, T. Oeser, J. Organomet. Chem. 2007, 692, 2554-2563.


3. Neue Synthesemöglichkeiten für N-heterocyclische Carbene

3.1 N-Arylierung von Imidazolin-2-on und Synthese von Imidazolin-2-ylidenen

Um einen einfacheren Zugang zu unsymmetrisch diarylsubstituierten N-heterocyclischen Carbenen zu finden, haben wir die kupferkatalysierte N-Arylierung von Imidazolonen untersucht und eine allgemein anwendbare Synthesevorschrift entwickelt.8

Die weitere Umsetzung des Diarylharnstoffs zum Imidazoliumsalz bzw. zum Carben gelingt ebenfalls.

[8] T. Hafner, D. Kunz, Synthesis 2007, 1403-1411.


4. Ionische Liganden

Ein kürzlich begonnenes Thema beschäftigt sich mit der Synthese ionischer Liganden, um gezielt Katalysatoren für Reaktionen in Ionischen Flüssigkeiten herzustellen. Viele der üblichen Katalysatoren sind besser in organischen Medien löslich, so dass die Reaktion bevorzugt an der Grenzfläche abläuft oder der Katalysator in die organische Phase extrahiert wird. Um dies zu verhindern, sollte der Katalysator ähnliche Löslichkeitseigenschaften wie die Ionische Flüssigkeit besitzen. Hierfür wurden erstmals Imidazol-Fulvene (R = H, t-Bu) hergestellt, die einen sehr starken zwitterionsichen Charakter besitzten, was zu einer sehr langen exocyclischen Doppelbindung von 1.430 Å führt. Diese Verbindungen könnten ideale Ausgangsmaterialien für die Synthese diverser Cyclopentadienylkomplexe darstellen. Entsprechende Ferrocen- und Rutheniumkomplexe konnten bislang synthetisiert und im Fall des Ferrocens auch röntgenographisch analysiert werden.9

[9] D. Kunz, E. Ø. Johnsen, B. Breuninger, F. Rominger, Chem. Eur. J. 2008, 14, 10909-10914.