Als gemeinsames Projekt der Universitäten Tübingen und Cordoba findet eine Grabung in der iberisch-römischen Stadt Torreparedones statt. Heute archäologischer Park, war der Ort in der Antike Schauplatz einer massiven römischen Intervention. Die iberische Siedlung wurde im 1. Jh. v. Chr. erobert und die Stadt nach römischen Muster restrukturiert, sodass die indigene-iberische Bebauung den weiträumigen Umbaumaßnahmen zum Opfer fiel.
Heute sind das zentrale Forumsareal nach Muster einer römischen Planstadt, das regelmäßige Straßensystem und die Befestigung bekannt. Überall werden unter den römischen Umbauten ältere iberische Strukturen sichtbar, die nach der Eroberung durch römische Eingriffe vernichtet wurden. So ist der gesamte Ort ein einzigartiges Beispiel für eine Kulturkontaktzone, in der die indigene Bevölkerung offenbar von den Eroberern ein römisches Stadtsystem übernommen hat.
Einzig in einem kleinen Bereich nördlich des Forums wird das römische Straßenraster durchbrochen und die älteren iberischen Strukturen werden respektiert. An dieser hochspannenden Stelle soll das Grabungsprojekt der Universität Tübingen in Kooperation mit der Universität Cordoba (Juniorprofessor Dr. David Ojeda) ansetzen und die dortige Bebauung freilegen. Ausschließlich in diesem Bereich scheint keine bauliche Intervention nach der Eroberung durch die Römer stattgefunden zu haben, sodass dort mit einer zentralen Einrichtung der Stadt zu rechnen ist, die sowohl in iberischer als auch römischer Zeit von großer Bedeutung gewesen sein muss und nicht durch römische Strukturen ersetzbar war.
Die bauliche Kontinuität an dieser Stelle lässt vielschichtige Forschungsfragen nach der Dynamik von kulturellen Übernahmeprozessen innerhalb einer Kontaktzone zu, die ansonsten von massiven Umbrüchen gekennzeichnet ist.
Das Forschungsprojekt fügt sich also in die aktuelle Kulturkontaktdebatte innerhalb der Altertumswissenschaften ein und wird eine einzigartige Perspektive auf Akkulturations- und Romanisationsprozesse eröffnen. Besonders der Vergleich mit anderen Arealen der Stadt wie auch anderen iberischen Städten wird zeigen, dass Kulturkontaktprozesse viele verschiedene Facetten offenbaren.
Das erste Projektjahr mit einer Feldkampagne im März 2017 wird gefördert und finanziert von der Initiative Zukunftskonzepts der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Universidad de Córdoba. Kooperationspartner sind das eScience-Center der Universität Tübingen, der Parque Arqueológico de Torreparedones und die Forschergruppe Antiguas Ciudades de Andalucía (PAI-HUM 882).