In der Zeit zwischen Fertigstellung des Parthenon und vor Inkrafttreten des Grabluxusgesetzes des Demetrios von Phaleron kannte die attische Sepulkralkunst eine später nie wieder erreichte Formenvielfalt. Während die großen Grabnaiskoi und Palmettenstelen sowie die sog. Lutrophoren in der Vergangenheit ausführliche Behandlung erfuhren, beschränkte sich das Interesse für Marmorlekythen fast ausschließlich auf ihre Figurenbilder. Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich schnell, dass diese steinernen Nachkommen der Tonlekythen des 5. Jhs. v. Chr. noch heute über eine außerordentlich reiche, gemalte Ornamentierung verfügen. Dabei lässt sich nicht nur ein fester Kanon der Dekorationsabfolge aus den bekannten Stücken ablesen: Es wird vielmehr deutlich, dass die offensichtliche Wiederholung ganzer Ornamentschemata nicht selten auf einen Werkstattzusammenhang schließen lässt, der den auf stilistischen Beobachtungen fußenden Gruppenzuweisungen von B. Schmaltz gegenübergestellt werden sollte. Zudem zeigt der Vergleich der Ornamentzonen mit den Bildfeldern überraschenderweise, dass an den Figurenreliefs lediglich selten Bemalung fassbar ist, wohingegen auf der witterungsempfindlichen Gefäßschulter noch sehr häufig sichtbarer Dekor zu Tage tritt. Eine Erklärung ist wahrscheinlich im Fertigungsprozess zu suchen, wobei die Arbeitsschrittabfolge oder unterschiedliche Materialzusammensetzung zu diesen Erscheinungen geführt haben könnte. Folgerichtig erscheint es vielversprechend, die Herstellungsvorgänge (Anfertigung des Gefäßkörpers, des Reliefs, der Malerei sowie von Rohlingen/Vorräten) genauer zu untersuchen, um ein besseres Verständnis der Werkstattprozesse zu erhalten.