Decolonizing Global Encounters: Religion – Politics – Culture

Gefördert durch die Forschungsplattform 4 „Global Encounters“ der Universität Tübingen.

Global Encounters sind heute bestimmt von multidimensionalen Macht- und Herrschaftsverhältnissen. Koloniale und neoimperiale Muster bleiben auch nach dem formalen Ende der Kolonialzeit wirksam und verbinden sich zu Strukturen der asymmetrischen Verteilung von Ressourcen, Lebenschancen und Gestaltungsmöglichkeiten. Die Erforschung dieser komplexen Verflechtungen verlangt eine vertiefte transdisziplinäre Reflexion, in der sich die Analyse globaler Dynamiken mit der kritischen Untersuchung kontextspezifischer Konstellationen verbindet. Die anstehende Herausforderung lautet: Decolonizing Global Encounters. 

Forum 1 „Decolonizing Religion“ hinterfragt die Rolle von Religion in postkolonialen Konstellationen und das (de)kolonisierende Potential religiöser Diskurse und Praktiken.

Forum 2 „Decolonizing Politics“ untersucht die Bedingungen und Möglichkeiten dekolonialer Politiken und Rechtsverständnisse, Menschenrechtsforderungen sowie die Vielschichtigkeit und Ambivalenz von Emanzipationsprozessen.

In Forum 3 „Decolonizing Culture“ wird nach den Symbolstrukturen von Religion, Politik und Ökonomie sowie nach den Mechanismen und Voraussetzungen der Produktion von „Sinn“, „Bedeutung“ und „Identität“ in postkolonialen Kontexten gefragt.

Der Kickoff-Workshop fand am Donnerstag, 26. November 2020, in Tübingen statt.

Vom 29.-30. April 2021 fand der digitale Workshop „Decolonizing Global Encounters“ statt, der u.a. vom Lehrstuhl Praktische Theologie initiiert und organisiert wurde.

In interdisziplinärer Auseinandersetzung wurde die Frage nach multidimensionalen Herrschafts- und Machtverhältnissen in einer postkolonialen Welt mit Referent:innen aus Theologie, Kultur-, Literatur- und Sozialwissenschaften betrachtet. Keynotes kamen von Judith Gruber, Sabelo J. Ndlovu-Gatsheni, Jessé Souza, Anil Bhatti, Emmanuel Lartey, Ina Kerner und Humeira Iqtidar. Tübinger Wissenschaftler:innen respondierten auf die Beiträge mit kurzen Statements.

Es wurden vielfältige Perspektiven aufgeworfen, die von der Kritik machtvoller, globaler Wissenspolitiken, über die Figur der „muslimischen Frau“ als Instrument kolonialer Rettungsdiskurse, bis hin zur Frage nach dekolonialen Potenzialen der christlichen Tradition reichten. Die Beiträge gaben damit Anlass zu kontroversen und produktiven Diskussionen, die von der Einsicht geprägt waren, dass der eigene Standpunkt innerhalb globaler Wissenssysteme verstärkt zu reflektieren ist und auch der eigene Ort der Universität kritisch betrachtet werden muss. Als zentrale Themen weitergehender Forschungsbedarfe wurden die Rolle von Religion, Glaube und Spiritualität in post- und dekolonialen Diskursen und die Reflexion der prekären Grenzziehung zwischen säkularer Wissenschaft und Theologie herausgestellt. Auch die Notwendigkeit neuer Verbindungen zwischen feministischen Theoretiker:innen und feministischen Theolog:innen wurde vor dem Hintergrund globaler Allianzen des Antifeminismus zwischen rechten Parteien und rechten religiösen Strömungen diskutiert.

Die Keynotes der Referent:innen sowie das intensive Diskutieren mit allen Teilnehmer:innen machten den Workshop zu einem spannenden und erfolgreichen Ereignis, das viele Anregungen zum Weiterdenken und weiteren Diskursen gab.

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