Mittlere und Neuere Kirchengeschichte

Aktuelle Forschungsprojekte

DFG-FOR 2973: Katholischsein in der Bundesrepublik Deutschland.

Semantiken, Praktiken und Emotionen in der westdeutschen Gesellschaft 1965-1989/90

Kaum eine Religionsgemeinschaft in Deutschland dürfte sich derzeit in vergleichbaren Turbulenzen befinden wie die Katholische Kirche. Und kaum eine wird in der Öffentlichkeit als ähnlich sperrig wahrgenommen. Mitte der 1960er Jahre war das signifikant anders:

  • Theologie wird eine soziale Praxis.
  • Rollen und Rituale werden neu ausgehandelt.
  • Religion vernetzt sich auf ungewohnte Weise mit Politik und Zivilgesellschaft.

Diese Wandlungsdynamik untersucht die DFG-Forschungsgruppe seit Oktober 2020. Die zweite Forschungsphase (2023–2026) ist bereits in Vorbereitung.

Link zur Homepage: https://www.katholischsein-for2973.de

FOR 2973 - Projekt A. 2: „Nur der Wissende ist in der Lage, richtige Entscheidungen zu fällen …“.

Theologie und Zivilgesellschaft im Spiegel von Rezension und Buchempfehlung

Was lesen Katholik:innen? Was dürfen sie lesen? Nach dem Zweiten Vatikanum veränderte sich die Funktion von Instanzen der Lektüresteuerung und -vermittlung grundlegend. Der „Index der verbotenen Bücher“ wurde abgeschafft, und die „Bildungsrevolution“ vergrößerte die Zahl der potentiellen Leserinnen und Leser theologischer Werke. Nicht mehr die Abschottung gegen schädliche Einflüsse stand im Vordergrund, sondern ein „mündiges Christsein“ in offener Begegnung und Auseinandersetzung mit den „Zeichen der Zeit“.

Die Studie konzentrieren sich auf zwei zentrale Themenbereiche: auf Ehe, Familie und Sexualität einerseits und auf den Strukturwandel der Kirche andererseits.

Link zum Teilprojekt: https://www.katholischsein-for2973.de/projekte

FOR 2973 - Projekt B. 2.2: „Das könnte den Herren der Welt ja so passen …“.

Sacro-Pop als Gesellschafts- und Kirchenkritik junger Katholikinnen und Katholiken

„Das könnte den Herren der Welt ja so passen, wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme, erst dann die Herrschaft der Herren, erst dann die Knechtschaft der Knechte vergessen wäre für immer […]. („Anderes Osterlied“; Text: Kurt Marti, Musik: Peter Janssens). Der Erlöser wird zum Befreier, die Auferstehung zum Aufstand. Es war – unter anderen – dieses Lied, das das höchste Fest der Christenheit zu einem Happening des Protests machte. Man fühlte das Anti-Establishment, wenn man das sang.

Der Generationenstreit um „1968“ wurde auch auf dem Feld der Musik ausgetragen. Für eine Generation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen waren die Sacro-Pop-Musicals und die Neuen geistlichen Lieder von entscheidender, Grenzen des Katholizismus aufsprengender Bedeutung.

Das Projekt zeigt die Konfliktdynamik, mit der Rituale neue Gruppen und Rollen mobilisierten. Sacro-Pop machte junge Christinnen und Christen glaubwürdig in der Friedens- und Umweltbewegung und in der „Dritte-Welt“-Arbeit – war quasi deren spiritueller Tiefengrund.

Link zum Teilprojekt: https://www.katholischsein-for2973.de/projekte

Kooperationsprojekt "Joannes Baptista Sproll"

Um die Person und die Amtszeit des Rottenburger Bischofs Joannes Baptista Sproll (1870, 1927-1949) besser zu verstehen, finanziert die Diözese Rottenburg-Stuttgart seit Mai 2014 ein Kooperationsprojekt der Universitäten Tübingen, Münster und Würzburg. Das Projekt soll das Wirken Sprolls als Seelsorger und später als Bischof erforschen, um die Beweggründe für sein Handeln besser zu verstehen. Zugleich wird die historische Überlieferung zum Bistum Rottenburg-Stuttgart in der Zeit Joannes Baptista Sprolls gesichtet, kommentiert und digital gesichert.


Abgeschlossene Forschungsprojekte

Graduiertenkolleg 1662 "Religiöses Wissen im vormodernen Europa"

Das interdisziplinäre Graduiertenkolleg beschreibt mit Hilfe des Begriffes „Religiöses Wissen“ in neuer Weise, wie sich in Europa die sogenannte westliche Wissensgesellschaft mit ihren Selbstzuschreibungen der Toleranz, Säkularität, Rationalität und Ausdifferenzierung von Wissenschaft und Bildung, Recht und Politik, Religion, Kunst und Literatur entwickeln konnte.

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SFB 923 "Bedrohte Ordnungen", Teilprojekt F03

Das Teilprojekt widmet sich weithin wirkenden Predigten und Schauspielen des 14.-17. Jhs. sowie der in ihnen fassbaren Bedrohungskommunikation. Analysiert werden drei Bedrohungsszenarien ('Ewige Verdammnis im Weltgericht', 'Jüdische Verschwörung', 'Konfessionelle Verketzerung') unter der Fragestellung, inwieweit sich sprachlich-textuelle, rhetorisch-theatrale und religiös-soziale Schemata der Konstruktion von Bedrohung und Strategien der Mobilisierung zur Abwendung von Bedrohung erkennen lassen.

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DFG-Projekt "Trilaterale Forschungskonferenzen in der Villa Vigoni"

Mit dem Konferenzprojekt wird eine Rekonstruktion von Wirklichkeitsdeutungen angestrebt, in denen soziale Gruppen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit die Bedrohung ihres Zusammenlebens als Zusammenwirken nicht nur von politisch-ökonomischen und religiösen, sondern genereller von immanenten und transzendenten Faktoren auffassten. Weil in dieser Weltsicht Gott und Gesellschaft stets interagierten, forderte jede soziale Bedrohung auch Gott heraus und umgekehrt.

SFB 923 "Bedrohte Ordnungen", Teilprojekt B02

Hungerkatastrophen setzen von außen her die Ordnungen des Zusammenlebens einem solchen Druck aus, dass die Verbindung von Bedrohungskommunikation und Bewältigungshandeln geradezu zwingend wird. Das Projekt „Hungerkatastrophen…“ zeigt nun, dass überall dort, wo Religion ins Spiel kommt, durch Katastrophen gleich zwei Ordnungen bedroht sind: das menschliche (Zusammen‑)Leben und seine Sicherungssysteme, aber auch das theologische Deutungsschema einer vermeintlich guten, weil gottgewollten Ordnung der Welt und die dem entsprechende religiöse Praxis von Kult und Caritas.

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SFB 437 "Kriegserfahrungen"

Der Krieg ist eben kein ‘weltlich Ding’ (M. Luther), sondern in den abendländischen Gesellschaften der Neuzeit ist die Frage nach der Erfahrung des Krieges von der Frage nach der Erfahrung von Transzendenz nicht zu trennen. Kriegserfahrung wird über weite Strecken als religiöse Erfahrung formuliert. Der Projektbereich “Religion und Kriegserfahrungen” wollte zu einem konfessions- und religionsvergleichenden Phasenmodell beitragen, welches die Entwicklung des Verhältnisses von Krieg und Religion vom 16. bis ins 20. Jahrhundert rekonstruiert. In diesem Modell gilt es die These einer Säkularisierung des Kriegsverstehens zu überwinden.

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DFG-Projekt "Kriegsfriedensdiskurse"

Der Kriegsdiskurs dominierte nicht nur während der beiden Weltkriege (1914/18 und 1939/45) den privaten und öffentlichen Raum, sondern drückte auch in der Zwischenkriegszeit jedem Friedensdiskurs seinen alles beherrschenden Stempel auf. Das DFG-Projekt analysierte die diskursiven Zwischenkriegskämpfe in der religiös, kulturell, gesellschaftlich und politisch pluralen Großstadt München. Am Beispiel der Isarmetropole werden erstmals spezifisch katholische „Kriegsfriedensdiskurse“ vergleichend mit deren Bezugnahme auf andere religiöse, konfessionelle, partei- und gesellschaftspolitische Kriegs- und Friedensentwürfe untersucht.