Für die Kulturen des ehemaligen Ostblocks ist der spatial turn nicht nur ein theoretisches Konzept, denn die Reflexion über den Raum hat nach 1989 mit der Neukartierung Europas praktische Relevanz erlangt. Die kulturelle, politische und gesellschaftliche Wende und das Nachdenken über den Raum sind in der Osteuropaforschung unmittelbar miteinander verknüpft worden. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Universität Tübingen (Prof. Dr. Schamma Schahadat), der HU Berlin (Prof. Dr. Susanne Frank) und der University of Toronto (Prof. Dr. Thomas Lahusen).
In zwei Workshops (November 2014 in Tübingen und September 2015 in Toronto) haben Wissenschaftler_innen aus den verschiedensten Disziplinen (Literaturwissenschaft, Geschichte, Soziologie, Kulturanthropologie, Archäologie) und den verschiedensten Ländern (Deutschland, Kanada, Russland, Bulgarien, Ungarn, Norwegen und den USA) nicht nur auf postsozialistische Orte und Räume in Europa und der ehemaligen Sowjetunion geschaut, sondern auch auf außereuropäische (noch und post-)sozialistische Städte und Landschaften um herauszufinden, ob und wie sich die kulturellen und politischen Folgen der europäischen Wende an ihnen ablesen lassen. Wie schreiben sich eine sozialistische Vergangenheit und eine globalisierte Gegenwart in diese Städte und Landschaften ein? Neben Europa wurden auch Räume in Asien (China, Nord-Korea) und Afrika (Senegal) exemplarisch untersucht. Dabei wurde nicht nur fiktionalen Entwürfen bestimmter Räume, sondern auch materiellen und ökonomischen Befindlichkeiten nachgegangen. Das internationale Team hat einen jeweils unterschiedliche Blicke auf den gewählten Raum hat und die von den eigenen Kulturen geprägten Perspektiven auf die Fremde immer mit reflektieren.
Nach Ende der DFG-Förderung (2015) wird das Projekt weitergeführt als „(Post)Socialist Spaces at the Beginning of the 21st Century“ (Finanzierung: SSHRC, Kanada). In diesem Rahmen werden Studierende und Graduierte in das Projekt eingebunden (Lehrveranstaltungen zum Thema in Tübingen, Berlin und Toronto mit einem Workshop für Studierende aus den drei Universitäten im Juni 2016) und die Projektpublikation (voraussichtlich Toronto University Press) wird vorbereitet. (Laufzeit: bis Ende 2017).