Institut für Soziologie

Bedrohung, Diversität und Urbanität in Johannesburg (Arbeitstitel)

Einzeluntersuchung im Rahmen des geplanten Projekts „Bedrohung und Diversität im urbanen Kontext. Ethnisch heterogene und ungleiche Stadtteile im globalen Süden“

Promovend: Manuel Dieterich

Betreuung: Prof. Dr. Boris Nieswand (Universität Tübingen)

Dieses Projekt baut auf dem Forschungsprojekt „Bedrohung und Diversität im urbanen Kontext. Ein länderübergreifender Vergleich von ethnisch heterogenen und ungleichen Stadtteilen“ im Rahmen des SFB 923 Bedrohte Ordnungen auf. Während in ersterem Bedrohungsdynamiken in urbanen Diversitätskonfigurationen in Spanien (Murcia) und Deutschland (Frankfurt) untersucht wurden, soll das Folgeprojekt die Forschungsfragen in den globalen Süden tragen. Der Fokus richtet sich dabei in der Hauptsache darauf, wie sich alltägliche Bedrohungsdiagnosen auf das Verhältnis zwischen den Bevölkerungen in ethnisch und sozial heterogenen Stadtteilen auswirken.

Eine wichtige Bedeutung für Fallauswahl und Forschungsdesign kommt dabei der Heuristik der urbanen Diversitätskonfigurationen zu, unter der wir entlang der Dimensionen (a) Stadtteilmorphologie, (b) ethnische Komposition und (c) soziale Ungleichheit typisierbare Stadtteilrelationen verstehen. Konkret sollen Stadteilbeziehungen zwischen zwei angrenzenden Stadtteilen mit großem sozioökonomischen Gefälle, signifikant unterschiedlicher ethnischer Zusammensetzung und klar abgrenzbarer Stadtteilmorphologie in Johannesburg (Südafrika) und Santiago (Chile) im Hinblick auf die Ordnungseffekte von Bedrohungsdynamiken untersucht werden. Dabei geht es jeweils um das Verhältnis zwischen durch sichtbare ethnische Diversität der Bevölkerung geprägte Armensiedlungen zu eher „weißen“ und wohlhabenden Nachbarschaften, die teils auch gated communities sind. Sowohl Santiago als auch Johannesburg sind postkoloniale Städte deren Diversitätskonfigurationen bis heute von kolonialen Machtverhältnissen beeinflusst werden. Zwar existieren in beiden Städte im Vergleich zu den europäischen Untersuchungsfällen prononciertere Formen der old diversity, gleichzeitig lassen sich aber auch stärkere ethnische und soziale Spannungen feststellen. Sowohl in Südafrika als auch in Chile existieren Formen sozialer Ungleichheit, die mit ethnischer Differenz verbunden sind und sich in den Siedlungsstrukturen wiederspiegeln, die weit über das europäische Maß hinausgehen.

Die in Johannesburg ausgewählte Nachbarschaftskonstellation liegt in dem Außenbezirk Krugersdorp im Westen der Stadt. Mindalore, die wohlhabendere Nachbarschaft, die weitestgehend von Personen bewohnt wird, die der unteren Mittelklasse zuzurechnen sind, steht Soul City, einer informellen slumartigen Nachbarschaft entgegen. Getrennt bzw. verbunden werden sie durch ein karges Brachland, in welchem die sogenannten ‚zama zama‘ illegal nach Gold schürfen. Ziel des Projekts ist die lokale Untersuchung der Auswirkungen von Bedrohungskommunikationen im Kontext von urbanen Diversitätskonfigurationen auf das Zusammenleben. Ein Beispiel für eine solche Bedrohungskommunikation ist etwa das Narrativ, dass aus Soul City nächtliche Überfälle auf die wohlhabendere Nachbarschaft stattfinden.