Deutsches Seminar

Absolventenprofil Balonier



CHRISTINE BALONIER

Warum haben Sie sich für den MA Germ. Linguistik in Tübingen entschieden?
Ich hatte bereits mein Bachelorstudium mit Hauptfach Germanistik und Nebenfach Anglistik/Amerikanistik in Tübingen absolviert. Dabei war Linguistik diejenige Teildisziplin, die mich am meisten interessiert und die mir am meisten Spaß gemacht hat. Begeistert hat mich gerade auch die formale Ausrichtung des Linguistik-Studiums in Tübingen: in den Proseminaren im Bachelor habe ich die Grundlagen in generativer Syntax und formaler Semantik erlernt – so richtig spannend wird es aber erst ab den höheren Semestern, denn in den Hauptseminaren gilt es, dieses Handwerkszeug auf konkrete linguistische Problemstellungen anzuwenden.

Was hat Ihnen besonders am MA Germ. Linguistik gefallen?
Im MA Germ. Linguistik habe ich gelernt, sprachliche Phänomene eigenständig zu analysieren und zu erklären. In den methodischen Modulen werden hierzu verschiedene Vorgehensweisen wie etwa Korpus-Analyse vermittelt und eingeübt. In den Modulen „Linguistik des Deutschen“ geht es darum, sich mithilfe dieser Methoden kritisch mit aktuellen linguistischen Theorien auseinanderzusetzen. Sich auf hohem wissenschaftlichen Niveau aktiv damit zu beschäftigen, wie Sprache funktioniert – das war es, was mir an dem Master so gut gefallen hat.
Damit verlangen die Dozenten zwar einiges von den Studierenden, sind dafür aber auch immer bereit, Hilfestellung zu geben. In Seminaren und Vorlesungen müssen die Teilnehmer keine Angst haben, eine vermeintlich dumme Frage zu stellen, und auch in den Sprechstunden haben die Dozenten für alle Anliegen ein offenes Ohr. Da die Anzahl der Studierenden im Linguistik-Master recht überschaubar ist, kennt im Grunde jeder jeden: nicht nur die Studierenden untereinander, sondern auch Studierende und Dozenten. An die lockere und familiäre Atmosphäre denke ich sehr gerne zurück.
Was die Forschungsschwerpunkte angeht, hat Tübingen ebenfalls sehr viel zu bieten: Das Spektrum reicht von Grammatik und Pragmatik über Deutsch als Zweitsprache bis hin zu Typologie und kognitiver Linguistik. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die Interdisziplinarität: Zwei meiner Hauptseminare hat jeweils ein Linguistik-Dozent gemeinsam mit einem Gastdozenten aus einer anderen Disziplin gehalten (nämlich Psychologie und Literaturwissenschaft). Dank des Sonderforschungsbereichs 833 „Bedeutungskonstitution“ habe ich zudem hautnah mitbekommen, woran im Bereich Psycholinguistik aktuell geforscht wird: zum einen in den Seminaren, wo viele Dozenten ihre eigenen Forschungsprojekte thematisiert haben, und zum anderen bei meinem Hiwijob im SFB-Projekt B7, wo der Zusammenhang zwischen Sprache und Zeitkognition untersucht wird.

Worüber haben Sie Ihre Masterarbeit geschrieben?
In meiner Masterarbeit habe ich mich mit der Grammatik und Pragmatik von Konstruktionen mit und zwar befasst. Anhand einer Korpus-Analyse zeige ich, dass der sogenannte Nachtrag kaum syntaktische Beschränkungen hat; fast jeder Bestandteil des Satzes lässt sich mit und zwar nach rechts herausstellen. Im Hinblick auf die Semantik stelle ich fest, dass ein Satz mit und zwar und sein paralleler Normalsatz unterschiedliche Bedeutungen haben können:

(1) Wenn wir alt werden, ziehen wir in die Stadt, und zwar mit Freunden.

(2) Wenn wir alt werden, ziehen wir mit Freunden in die Stadt.

Während sich das Komitativadverbial mit Freunden in (2) semantisch auf das Ereignis bezieht – in die Stadt ziehen –, kann es in (1) auch auf den Resultatszustand des Ereignisses Bezug nehmen, nämlich in der Stadt wohnen. Auf Korpus-Belege wie diesen stütze ich dann meine These, dass es sich bei der und-zwar-Konstruktion nicht, wie traditionell angenommen, um eine Ellipse handelt, sondern vielmehr um eine Adjunktion des mit und zwar angeschlossenen Satzteils an die CP. Das heißt, die Einheit im Nachtrag ist syntaktisch zwar locker an den vorhergehenden Satz angebunden, aber nicht in ihn integriert.

Wie war es, in Tübingen zu studieren?
Tübingen ist eine kleine, charmante Studentenstadt, die für jeden etwas bietet, von den zahlreichen Unisport-Kursen über verschiedenste (gesellschafts-)politische Gruppen bis hin zum vielfältigen kulturellen Angebot und der lebendigen Kneipenszene. Ich persönlich habe mich in meiner Freizeit unter anderem bei einem Verein für Tierrechte engagiert. Das Besondere und Reizvolle an Tübingen ist für mich, dass auf relativ kleinem Raum die unterschiedlichsten Menschen zusammentreffen.

Was haben Sie nach Ihrem Abschluss gemacht?
Ich bin Redakteurin bei der PR-Agentur Möller Horcher in Offenbach, die auf die B-to-B-Kommunikation für mittelständische IT- und High-Tech-Unternehmen spezialisiert ist. Meine tägliche Arbeit besteht darin, Pressemeldungen, Fach- und Anwenderberichte zu erstellen; dazu kommen Unternehmensprofile, Interviews, Social-Media-Beiträge und andere Textsorten.

Die Kenntnisse, die ich im Linguistik-Master erworben habe, bilden dabei eine solide Grundlage, auf der ich mich kreativ ausleben kann. Auch wenn das Schreiben an sich kein Bestandteil des Germanistik-Studiums ist, hilft mir mein profundes Wissen in Syntax, Semantik und Pragmatik doch enorm dabei, einen Text so aufzubauen und zu formulieren, dass der Leser ihm leicht folgen kann.