Geschlechtstypische Konnotationen in der griechischen Sepulkralkunst

„These gigantic vases, well over 1 m. high, are the last representatives of two time-honored Attic forms: belly-handled amphorae for women, tall-pedestalled kraters for men.“

(Coldstream 2006, 110.)


Das überregional und diachron immer wieder auftretende Phänomen geschlechtstypischer Grabmarkierungen – wie hier am Beispiel der Amphora und des Kraters zu sehen – ist in der Forschung seit vielen Jahrzehnten bekannt. Mit dem Grabmarker wurde der:dem antiken Grabbesucher:in auf den ersten Blick das Geschlecht der verstorbenen Person mitgeteilt. Allerdings stellt eine umfassende bzw. vergleichende Zusammenstellung derartiger Grabstelen, Gefäße und Symbole im Grabkontext noch immer ein Desiderat dar. Eine Untersuchung in diesem Bereich verspricht jedoch auf mehreren Ebenen einen deutlichen Erkenntnisgewinn: Zum einen muss mit Hilfe einer nüchternen Überprüfung aller bislang als geschlechtstypisch angesehenen Grabmarkierungen die Tragfähigkeit bisheriger Einschätzungen evaluiert werden. Zum anderen sind potentielle Verbindungen zwischen regional und zeitlich unterschiedlichen Phänomenen dabei ebenso in den Blick zu nehmen, wie bislang kaum untersuchte Denkmälergruppen.

Letztendlich können sich aus den daraus resultierenden Ergebnissen neue Aspekte bei der Betrachtung gesellschaftspolitischer Entwicklungen und antiker Geschlechterrollen ergeben. Mittels einer Materialsammlung, die von Athen ausgehend diachron angelegt wird und sämtliche Grabmarkierungen und darauf befindliche Symbole miteinbezieht, soll das Phänomen aus übergeordneter Perspektive untersucht werden. Da die Geschlechtsbestimmung von menschlichen Überresten in der Vergangenheit häufig über Grabbeigaben erfolgte – über die dann wiederum festlegt wurde, ob eine Grabmarkierung einer Frau oder einem Mann gewidmet war – sind diese ebenfalls zu überprüfen.